"Grundlagen
des erkenntnistheoretischen Konstruktivismus.
Eine allgemein verständliche Einführung für Laien."
(aus: "Bausteine einer systemischen Nachrichtentheorie")
Zu
diesem Buch gibt es auch eine Inhaltsangabe
und mehrere Buchbeprechungen.
Meine Einführung in den erkenntnistheoretischen Konstruktivismus
können Sie nachfolgend direkt lesen oder sich hier herunterladen:
Aufsatz
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Gliederung:
1. Naturwissenschaftliche
Ansätze
Erkenntnistheoretischer
Konstruktivismus
Realismus
und Skeptizismus
1.1.
Kybernetik
Kybernetisches
System-Modell
1.2.
Kognitionsbiologie
Biologische Informations- und
Evolutionstheorie
Autopoiese-Modell
Viabilität
und natürliches Driften
Autopoiese kognitiver Systeme
Biologische Kognitionstheorie
Kognitive Autonomie und soziale
Orientierung
Autopoiese sozialer Systeme?
2. Geistes- und sozialwissenschaftliche
Ansätze
2.1.
Entwicklungspsychologie
Schematheorie
2.2.
Wahrnehmungspsychologie
Gestalttheorie
Gedächtnis- und Emotionspsychologie
Prüfmerkmale
der Wahrnehmung
3. Zusammenfassung
Kritik
am erkenntnistheoretischen Konstruktivismus
Pragmatischer
Konstruktivismus
Fußnoten
1.
Naturwissenschaftliche Ansätze
Erkenntnistheoretischer
Konstruktivismus:
Der Begriff "Konstruktivismus" bezeichnet einen besonderen
Ansatz der Erkenntnistheorie, dessen Grundlagen und Schlussfolgerungen
in diesem Text ausführlich erläutert werden. Im Laufe
der Geschichte wurde der Begriff jedoch bereits in einer Reihe
von anderen Zusammenhängen verwendet. Er leitet sich von
"Konstruktion" und "konstruieren" im Sinn
von planen, entwickeln und gestalten ab. Allgemein wird Konstruktion
sowohl in einem gegenständlichen als auch in einem übertragenen
Sinn gebraucht. Im gegenständlichen, technischen Sinn bedeutet
Konstruktion die planende, entwickelnde und gestaltende Schaffung
eines Bauwerkes oder einer Maschine. Im übertragenen, geistigen
Sinn wird damit in der Mathematik, Philosophie oder Psychologie
die Schaffung einer geometrischen Figur, eines gedanklichen Modells
beziehungsweise einer Versuchsanordnung verstanden. In einem erkenntnistheoretischen
Sinn bedeutet "Konstruktion" dementsprechend die Schaffung
von Wahrnehmung und Erkenntnis durch ein kognitives System.
Vor seiner Verwendung in der Erkenntnistheorie wurde der Begriff
"Konstruktivismus" bereits in unterschiedlicher Weise
verwendet. Am bekanntesten dürfte die von der ehemaligen
Union der Sozialistischen Sowjet-Republiken (UdSSR) ausgehende
Bewegung der bildenden Kunst und Architektur sein, deren Gestaltung
sich auf streng geometrische Formen beschränkte. Dieser künstlerische
Konstruktivismus hatte von 1918 bis 1924 seine Blütezeit,
er wurde aber später unter dem sowjetischen Diktator Iossif
Wissarionowitsch Dschugaschwili, genannt Stalin ("der Stählerne",
1879 - 1953) gewaltsam unterdrückt. Auch gab es in der UdSSR
von 1923 bis 1930 eine später unterdrückte Gruppe von
Schriftstellern, die sich Konstruktivisten nannten und eine formstrenge
Literatur anstrebten. In der Musik gibt es ebenfalls eine Richtung
namens Konstruktivismus, deren Kompositionen formelhafte Satzstrukturen
betonen. Außerdem bezeichnet man eine bestimmte fachübergreifende
Strömung der Logik, Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie
als "Erlanger Konstruktivismus". (1)
Die durch diese unterschiedliche Verwendung des Begriffes entstandene
Verwirrung wird von dem österreichisch-amerikanischen Philosophen
und Psychotherapeuten Paul Watzlawick bedauert. Er sagt zur Verwendung
des Begriffes "Konstruktivismus" in der Erkenntnistheorie:
"Die Bezeichnung ist leider nicht schön. Erstens
klingt sie nicht gut auf deutsch, zweitens stand sie schon in
den mittleren zwanziger Jahren für eine kurzlebige Kunstrichtung
in der Sowjetunion, und drittens wurde sie auch schon in der Philosophie
in einer etwas anderen Weise verwendet. Also, wenn das alles nicht
schon diese Bezeichnung hätte, hätte ich den Ausdruck
»Wirklichkeitsforschung« bei weitem vorgezogen."
(2) Doch sogar für den Konstruktivismus im erkenntnistheoretischen
Sinn werden noch Abwandlungen verwendet. Der Literatur- und Kommunikationswissenschaftler
Siegfried Johannes Schmidt verwendet teilweise die Bezeichnung
"wissenschaftlicher" Konstruktivismus, (3) um ihn vom
künstlerischen Konstruktivismus zu unterscheiden. Am bekanntesten
ist aber der Zusatz "radikaler" Konstruktivismus, (4)
der auch von Schmidt bevorzugt wird. Damit wird betont, wie strikt
die Ergebnisse von Kybernetik, Kognitionsbiologie, Entwicklungs-
und Wahrnehmungspsychologie auf die konstruktivistische Erkenntnistheorie
angewendet werden. Der Soziologe Niklas Luhmann schlägt hingegen
den Begriff "operativer" Konstruktivismus vor. (5) Dies
begründet er damit, dass sich der Konstruktivismus nicht
durch seine Radikalität auszeichne, sondern durch seinen
Bezug auf die operative Geschlossenheit von kognitiven Systemen.
Der Psychologe Ewald Johannes Brunner meint wiederum, dass eine
Wende vom "radikalen" zum "kritischen" Konstruktivismus
notwendig sei, (6) womit er einen maßvolleren Ansatz für
die konstruktivistische Erkenntnistheorie fordert. Obwohl solche
Zusätze nur gleiches und nicht dasselbe beschreiben, haben
sie doch die konstruktivistische Grundlage gemeinsam. Der Begriff
"Konstruktivismus" wird daher hier ohne derartige Zusätze
verwendet - wenngleich zum Ende dieses Textes die Bezeichnung
"pragmatischer (zweckorientierter) Konstruktivismus"
vorgeschlagen wird.
Realismus
und Skeptizismus:
Es ist offenbar ein menschliches Grundbedürfnis, die Welt
in eine verlässliche Ordnung zu bringen. Daher war ein geschlossenes
Weltbild der große Schatz der antiken und mittelalterlichen
Wissenschaften und später auch der modernen Naturwissenschaften.
Auf der Schatzsuche nach der Wirklichkeit zweifelten die Forscher
und Forscherinnen kaum an ihrer Möglichkeit zu objektiver
Erkenntnis. Schließlich gelang es den Wissenschaften ja
im Laufe der Jahrhunderte immer besser, die Erscheinungen der
Natur zu erklären. Im Gegensatz dazu ist die Geschichte der
Philosophie in der Frage der Erkenntnis von zwei widersprüchlichen
Hauptrichtungen geprägt. So gibt es einerseits die grundsätzliche
Überzeugung von einer Erkennbarkeit von Wirklichkeit, die
man unter dem Begriff "Realismus" zusammenfassen kann.
Andererseits gibt es den grundsätzlichen Zweifel an einer
Erkennbarkeit von Wirklichkeit, der sich unter dem Begriff "Skeptizismus"
sammeln lässt.
Der erkenntnistheoretische Realismus hat in der westlichen Philosophie
eine rund 2.500 Jahre alte Tradition und kann daher im folgenden
nur an einigen Beispielen erläutert werden. Bereits der als
erster Philosoph der Geschichte geltende griechische Mathematiker
und Astronom Thales von Milet (um 624 - 546 v.Chr.) glaubte an
eine für den Menschen erkennbare Wirklichkeit. Er lehrte
dementsprechend, dass die Dinge auch eine natürliche Ursache
und nicht allein einen göttlichen Urheber hätten. Auch
die drei bedeutendsten Philosophen der Antike, die Griechen Sokrates
(um 470 - 399 v.Chr.), Platon (um 427 - um 347 v.Chr.) und Aristoteles
(384 - 322 v.Chr.) stellten die Erkennbarkeit von Wirklichkeit
nicht grundsätzlich in Frage. Sokrates entwickelte verschiedene
Vorgehensweisen (wie Ironie, Verallgemeinerung), um im Gespräch
ethische Begriffe zu bestimmen - auch wenn er häufig erkannte:
"Ich weiß, dass ich nichts weiß!" Sein bedeutendster
Schüler Platon setzte diese Arbeit fort und versuchte erstmals
alle philosophischen Erkenntnisse zu ordnen (Systematik). Dessen
wichtigster Schüler Aristoteles wiederum entwickelte ein
ganzes Lehrsystem über richtiges Denken (Logik), mit dem
Ziel die Wirklichkeit zu erkennen.
Im Mittelalter wurde die Erkenntnisphilosophie von der christlichen
Glaubenslehre durchdrungen, doch auch jetzt wurde die grundsätzliche
Erkennbarkeit von Wirklichkeit meist nicht bezweifelt. So gilt
der weströmische Philosoph und frühchristliche Kirchenlehrer
Aurelius Augustinus (354 - 430) als der wichtigste Vertreter der
frühmittelalterlichen Patristik (Lehre der Kirchenväter,
vom lateinischen Wort für "Vater"). Seiner Lehre
nach ist die reine Vernunft zu schwach, um die Wahrheit zu finden,
so dass der Glaube an Gott einer Erkenntnis der Welt vorangehen
muss. Auch der italienische Philosoph und Theologe Thomas von
Aquin (um 1225 - 1274) lehrte, dass sich die philosophische Wahrheit
der Erkenntnis und die theologische Wahrheit des Glaubens ergänzten.
Er gilt als der bedeutendste Vertreter der hochmittelalterlichen
Scholastik (Kirchenlehre zur Verbindung von christlichem Glaube
und antiker Philosophie, vom lateinischen Wort für "Schule").
Laut Thomas von Aquin haben die von Gott erschaffene menschliche
Vernunft sowie die von Gott gegebene biblische Offenbarung den
gleichen Urheber und können daher einander nicht widersprechen.
Seine Lehre ist bis heute für die katholische Theologie und
Philosophie verbindlich; er selbst wurde bereits im Jahr 1323
heilig gesprochen.
Mit der Aufklärung wurden zwar die erstarrten Glaubensdogmen
des Mittelalters in Frage gestellt, aber die meisten Philosophen
hielten auch in der Neuzeit an der grundsätzlichen Erkennbarkeit
von Wirklichkeit fest. So wurde die Scholastik von dem englischen
Philosophen, Naturforscher, Dichter und Politiker Francis Bacon
(1561 - 1626) als wissenschaftlich unbrauchbar abgelehnt. Er benannte
vier Arten von Vorurteilen (der menschlichen Gattung, des Einzelnen,
der Gesellschaft und des Weltbildes), die überwunden werden
müssten, um die Wirklichkeit zu erkennen. Auch der deutsche
Philosoph und Mathematiker Gottfried Wilhelm Leibniz (1646 - 1716)
lehrte, dass die menschliche Vernunft das harmonische Uhrwerk
der göttlichen Schöpfung verstehen könne. Seiner
Meinung nach würde der Mensch dann erkennen, dass die von
Gott geschaffene Welt die beste aller möglichen Welten sei.
Und auch der deutsche Philosoph Georg Wilhelm Friedrich Hegel
(1770 - 1831) glaubte, dass die Welt von Vernunft geprägt
und daher grundsätzlich erkennbar ist. Allerdings befinde
sich die Weltvernunft noch in der Entwicklung, da sie sich erst
im Laufe der Weltgeschichte zu einem göttlichen Weltgeist
vervollkommne.
Auch der erkenntnistheoretische Skeptizismus hat in der Geschichte
der westlichen Philosophie eine lange Tradition und kann hier
nur anhand von Beispielen dargestellt werden. Bereits der griechische
Philosoph und Rhetoriker Protagoras von Abdera (um 485 - um 415
v.Chr.) lehrte, dass es keine objektive Wahrheit gebe, sondern
dass für den Menschen allein seine subjektive Wahrnehmung
maßgebend sei. Von ihm stammt auch der Ausspruch "Der
Mensch ist das Maß aller Dinge!" (homo-mensura-Lehrsatz,
nach den beiden lateinischen Worten für "Mensch"
und "Maß"). Als Begründer des Skeptizismus
gilt jedoch der griechische Philosoph Pyrrhon von Elis (um 360
- um 271 v.Chr.), der den Zweifel zum Leitgedanken erhob. Seiner
Meinung nach zeigt sich die Weisheit eines Menschen darin, dass
er endgültige Urteile ablehnt. Und der griechische Philosoph
und Arzt Sextus Empiricus (um 200 - 250) betonte, dass der Mensch
seine Wahrnehmungen immer nur mit eigenen Wahrnehmungen vergleiche
- er könne aber nie wahrnehmen, wie ein Gegenstand unabhängig
von seiner Wahrnehmung ist. Eine unabhängige Wahrnehmung
und Erkenntnis sei somit nur von einer höheren (göttlichen)
Ebene aus möglich.
Im Mittelalter führte der Skeptizismus ein Schattendasein,
da im Zeichen der kirchlichen Scholastik jeder Zweifel an der
aristotelischen Philosophie als Zweifel an kirchlichen Glaubensdogmen
verfolgt wurde. Als einer von wenigen widersprach beispielsweise
der englische Philosoph und Theologe Wilhelm von Ockham (um 1290
- um 1349) der Lehre des Thomas von Aquin, wonach sich die philosophische
Wahrheit der Erkenntnis und die theologische Wahrheit des Glaubens
ergänzten. Er lehrte statt dessen, dass die Wahrheit der
Welt nicht erkannt werden könne, sondern vertrauensvoll geglaubt
werden müsse. Da Gott allmächtig und allwissend sei,
könne er die Welt jederzeit verändern und nur er könne
sie erkennen. Der Mensch sei daher lediglich zu einer mutmaßenden
Erkenntnis fähig, der ein ohne Beweis hinzunehmender Glaube
gegenüberstehe. Wilhelm von Ockham wurde wegen seiner Lehre
von der Kirche angeklagt und vier Jahre ohne Urteil inhaftiert;
als ihm die Flucht gelang, folgten seine Exkommunizierung und
ein Verbot seiner Schriften.
Erst mit Beginn der Aufklärung wurde die skeptizistische
Tradition von zahlreichen Philosophen wieder aufgenommen. So lehrte
der französische Philosoph und Politiker Michel Eyquem de
Montaigne (1533 - 1592) mit Blick auf die kirchliche Inquisition,
dass der Mensch die Wahrheit nicht erkennen, sondern nur vermuten
könne. Von ihm stammt auch der Ausspruch: "Es heißt
unsere Vermutungen sehr hoch einzuschätzen, wenn man auf
ihrer Grundlage Leute röstet!" (7) Als neuzeitlicher
Erneuerer des Skeptizismus gilt der französische Philosoph
und Jurist René Descartes (1596 - 1650), der den Zweifel
an der Erkennbarkeit von Wirklichkeit zum Ausgangspunkt für
seine Lehre nahm. Seiner Meinung nach kann die Gewissheit nur
im Rückzug auf das reine Denken zurückgewonnen werden
und er prägte daher den berühmten Satz: "Ich denke,
also bin ich!" Doch Descartes gab damit den Zugang zur Wirklichkeit
keineswegs auf, sondern betonte vielmehr, dass der gütige
Gott den Menschen niemals völlig täuschen würde.
Der irische Philosoph und Theologe George Berkeley (1685 - 1753)
bezweifelte sogar, dass es eine vom Bewusstsein unabhängige
Wirklichkeit gebe und er lehrte, dass nur das menschliche Bewusstsein
wirklich sei. Der schottische Philosoph David Hume (1711 - 1776)
meinte, dass alle Ursachen und Wirkungen allein auf der menschlichen
Erfahrung beruhten und nicht unbedingt die Wirklichkeit beschrieben.
Die Naturwissenschaften könnten daher nur Aussagen über
Wahrscheinlichkeiten machen (beispielsweise darüber, ob die
Sonne auch morgen wieder aufgeht), aber nicht über die Wirklichkeit.
Das menschliche Wissen ist daher laut Hume bloß ein durch
die Lebensgewohnheiten bewährter Behelf. Auch der bedeutendste
Philosoph der Aufklärung, der Deutsche Immanuel Kant (1724
- 1804), lehrte, dass Erkenntnis nicht unmittelbar möglich
sei, sondern das Ergebnis von Erfahrungen. Der Verstand überforme
die Wahrnehmungen durch bestimmte Kategorien und Urteilsformen
des Denkens - und was der Mensch wahrnehme seien daher keine "Dinge-an-sich",
sondern Erscheinungen. Laut Kant bedeutet Erkenntnis nicht, dass
sich ein Gegenstand im menschlichen Bewusstsein widerspiegelt,
sondern dass er von ihm selbst geschaffen wird.
Der Streit darüber, ob die Wirklichkeit grundsätzlich
erkennbar sei oder nicht, wird von Philosophen und Philosophinnen
bis heute geführt. Die Schilderung der unterschiedlichen
Auffassungen seit Thales von Milet und Pyrrhon von Elis bis zu
Hegel und Kant konnte den Umgang mit dieser Kernfrage der westlichen
Philosophie daher nur knapp und beispielhaft aufzeigen. Es wurde
zumindest deutlich, dass sich "Wirklichkeit" in einer
allgemeinen Begriffsbestimmung verstehen lässt als der Gegenstand
von Wahrnehmung und Erkenntnis eines kognitiven Systems.
Darüber hinaus kann man festhalten, dass der Realismus die
kognitiven Vorgänge der Sinnesorgane und des Nervensystems
als Aufnahme und Verarbeitung von Informationen über die
Wirklichkeit betrachtet. Nach dieser gefühlsmäßig
einleuchtenden Ansicht vermitteln Sinne und Gehirn das wirklichkeitsnahe
Abbild einer grundsätzlich erkennbaren Welt. Der Realismus
geht somit auch davon aus, dass sich vereinzelte Fehler in der
Wahrnehmung objektivieren lassen. Die Subjektivität der Wahrnehmung
ist demnach nur auf biologische Wahrnehmungsgrenzen (wie bei unsichtbaren
Lichtbereichen, unhörbaren Tonlagen), beeinträchtigte
Sinnesorgane (wie bei Fehlsichtigkeit, Schwerhörigkeit) oder
ungenaue Beobachtung (wie bei Befangenheit, Unaufmerksamkeit)
zurückzuführen. Kognitive Paradoxien (wie optische Täuschungen,
Kippbilder oder "unmögliche" Figuren) werden dagegen
als Ausnahmen abgetan, die verhältnismäßig einfach
erkannt werden können.
Der Skeptizismus zweifelt hingegen grundsätzlich an der Erkennbarkeit
von Wirklichkeit, weil der Mensch sie nie unabhängig von
seinen Wahrnehmungen untersuchen könne. Nach dieser an allem
zweifelnden Ansicht sind die kognitiven Vorgänge der Sinnesorgane
und des Nervensystems derart subjektiv, dass man nicht nur von
vereinzelten Fehlern der Wahrnehmung und Erkenntnis sprechen kann.
Daher lasse sich auch nie feststellen, ob Sinne und Gehirn ein
wirklichkeitsnahes Abbild der Umwelt bieten - sofern es diese
Umwelt überhaupt gibt. Der Philosoph und Mathematiker Kurt
Wuchterl unterscheidet drei geschichtliche Formen des Skeptizismus:
(8) Zum einen nennt er den akademischen Skeptizismus der Antike
und des Mittelalters, der durch das Vermeiden von endgültigen
Urteilen zu weiser Geistesruhe und vertrauensvollem Glauben an
Gott anleiten will (wie bei Pyrrhon von Elis, Wilhelm von Ockham).
Zum zweiten gibt es den methodischen Skeptizismus, der durch den
Rückzug auf das reine Denken neue Wege zur Erkenntnis eröffnet
(wie bei Descartes). Und drittens nennt Wuchterl den radikalen
Skeptizismus (auch Solipsismus genannt), der eine vom Bewusstsein
unabhängige Wirklichkeit völlig bestreitet (wie bei
Berkeley).
Der seit den 70er Jahren entstandene Konstruktivismus steht zwar
in der Tradition des Skeptizismus, lässt sich aber keiner
dieser drei Formen zurechnen. Dies ist darauf zurückzuführen,
dass sich sein erkenntnistheoretischer Ansatz trotz einiger philosophischer
Einflüsse nicht aus der Philosophie herleitet. Die veränderte
Sichtweise des Konstruktivismus zur Wahrnehmung und Erkenntnis
entstand vielmehr aus den Forschungsergebnissen von Kognitionsbiologie
und Psychologie, die in eine schlüssige Ordnung gebracht
wurden. Laut den Ergebnissen der neurobiologischen und psychologischen
Forschung erlauben Sinne und Gehirn keinen unmittelbaren Zugang
zur Umwelt. Das Nervensystem setzt nämlich alle Umweltreize
in elektrische Signale um, wodurch das "Abbild" der
Umwelt unwiederbringlich verloren geht. Der Konstruktivismus betrachtet
die kognitiven Vorgänge der Sinnesorgane und des Nervensystems
daher als Schaffung und Deutung von Konstruktionen von Wirklichkeit.
Seine Anhänger sind der Auffassung, dass ihr Ansatz ein neues
Verständnis von Wahrnehmung und Erkenntnis notwendig macht.
Der chilenische Neurobiologe Humberto Romecin Maturana fasst die
Schlussfolgerungen des Konstruktivismus folgendermaßen zusammen:
"Wir erzeugen [...] buchstäblich die Welt,
in der wir leben, indem wir sie leben." (9) Die Verfechter
des Konstruktivismus setzen sich damit einer Reihe von Vorwürfen
aus, die hier nur kurz erwähnt werden sollen. So bemängeln
die Kritiker und Kritikerinnen, dass sich der Konstruktivismus
selbst aufhebe, dass er mit radikaler Absolutheit auftrete, dass
er die Wirklichkeit leugne oder zumindest beliebig mache, dass
er den einzelnen Menschen isoliert betrachte und dass er für
die Erkenntnistheorie nichts Neues biete. Ein weiterer Vorwurf,
wonach die konstruktivistischen Standpunkte oft schwer verständlich
und unklar formuliert seien, ist häufig zutreffend. Jedoch
beansprucht der Konstruktivismus weder den Schatz einer neuen
Weltanschauung, noch kann man ihn einfach als unglaubwürdig
oder altbekannt abtun. Im folgenden werden zunächst seine
naturwissenschaftlichen Grundlagen erläutert und später
geistes- und sozialwissenschaftliche Ansätze zum Konstruktivismus
vorgestellt.
1.1.
Kybernetik
Die
Kybernetik ist aus den Überschneidungen mehrerer Naturwissenschaften
entstanden, hat aber auch für verschiedene geisteswissenschaftliche
Forschungsgebiete wichtige Anregungen gegeben. Neben der Mathematik,
Physik und Biologie konnten ihre Ergebnisse beispielsweise auch
in der Soziologie, Psychologie und Kommunikationswissenschaft
genutzt werden. Bereits der französische Physiker und Mathematiker
André Marie Ampère (1775 - 1836), nach dem die Maßeinheit
für die elektrische Stromstärke benannt wurde, hatte
in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts eine neue
Forschungsrichtung mit dem Namen "cybernétique"
angeregt. Ampère meinte damit jedoch eine politische Strategiewissenschaft,
und das von ihm geprägte Kunstwort geriet wieder in Vergessenheit.
Kybernetisches
System-Modell:
Die Kybernetik in ihrer heutigen Form wurde in den 40er Jahren
von einer Wissenschaftlergruppe um den US-amerikanischen Mathematiker
Norbert Wiener (1894 - 1964) entwickelt. Auslöser für
diese Forschungen waren Anforderungen der Kriegstechnik, denn
Wiener beschäftigte sich während des Zweiten Weltkrieges
mit den theoretischen Grundlagen für eine verbesserte Steuerung
von Flugabwehrgeschützen. Er und seine Mitarbeiter am Massachusetts
Institute of Technology (MIT) im US-amerikanischen Cambridge (Mass.)
führten den Begriff "Kybernetik" wie folgt ein:
"Wir haben beschlossen, das ganze Gebiet der Regelung
und Nachrichtentheorie, ob in der Maschine oder im Tier, mit dem
Namen »Kybernetik« zu benennen, den wir aus dem griechischen
[... Wort für] »Steuermann« bildeten."
(10) Der Begriff "Nachrichtentheorie" wird in diesem
Zitat allerdings in keinem kommunikationswissenschaftlichen oder
journalistischen Sinn benutzt, sondern hat bei Wiener einen ähnlichen
Inhalt wie "Informationstheorie".
Die moderne Kybernetik ist also eine fachübergreifende Wissenschaft,
die sich mit den Steuerungs- und Regelungsvorgängen sowie
der Informationsaufnahme, -verarbeitung und -übermittlung
in Systemen beschäftigt. Die Kybernetik hat zum Ziel, sogar
sehr unterschiedliche technische, lebende oder soziale Systeme
zu beschreiben und vergleichbar zu machen. Dadurch soll es ermöglicht
werden, solche Systeme besser zu verstehen und zu beherrschen.
Nach den kybernetischen Modellvorstellungen sind Systeme von ihrer
Umgebung autonom und nach eigenen Regeln organisiert. So sind
Systeme häufig in einer Rangordnung (Hierarchie) gegliedert.
Außerdem sind die in ihnen ablaufenden Vorgänge dadurch
gekennzeichnet, dass sich die Systeme mit Hilfe von Regelkreisen
und Rückkopplungen selbst regulieren und steuern können.
Dadurch sind sie auch in der Lage, im Inneren einen Ausgleich
zwischen widersprüchlichen Systemzuständen zu bewirken
(Äquilibration) und sich nach Außen an neue Umweltbedingungen
anzupassen (Adaption). Hierbei ist für den Konstruktivismus
vor allem die kybernetische Auffassung bedeutsam, dass Systeme
autonom und selbstorganisierend sind.
Die Ergebnisse der Kybernetik wurden für verschiedene technische
und geisteswissenschaftliche Gebiete übernommen. So ermöglichte
die Kybernetik in der Elektrotechnik eine zunehmende Verbesserung
von Schaltsystemen, was schließlich eine Grundlage für
die moderne Computertechnik wurde. In der Steuerungstechnik wurden
die von Wiener entwickelten theoretischen Grundlagen zur Steuerung
von Flugabwehrgeschützen später auch auf die Lenkung
von Raketen angewendet. In der Regeltechnik ermöglichte die
Kybernetik eine immer bessere Kontrolle und Automatisierung von
Produktionsverfahren bis zu den heutigen Industrierobotern. In
der Nachrichtentechnik erforschten die US-amerikanischen Mathematiker
und Informatiker Claude Elwood Shannon und Warren Weaver, wie
sich Fehler bei der Signalübertragung verringern lassen.
In diesem Zusammenhang entwickelten sie eine Informationstheorie
und ein bis heute bekanntes, allgemeines Modell zur Erklärung
von Kommunikationsvorgängen.
Auch in der Kognitionsforschung leistete die Kybernetik einen
wichtigen Beitrag, denn Wiener erkannte, dass das menschliche
Nervensystem nicht bloß "[...] Eingaben von den
Sinnesorganen erhält und an die Muskeln abführt. Im
Gegenteil, einige seiner charakteristischen Handlungen sind nur
als Kreisprozesse erklärbar, die vom Nervensystem in die
Muskeln übergehen und durch die Sinnesorgane ins Nervensystem
zurückkehren, ob diese nun Propriozeptoren [körperinnere
Sinneszellen, wie bei Blasen- oder Magenreizen] oder Organe
spezieller Sinne [äußere Sinnesorgane, wie Augen
oder Gehör] sind. Dies schien uns ein neuer Markstein
im Studium jenes Teils der Neurophysiologie zu sein, der nicht
allein die Elementarprozesse der Nerven und Synapsen betrifft,
sondern das Wirken des Nervensystems als eines geschlossenen Ganzen
betrachtet." (11) Das kognitive System umfasst also
die Gesamtheit von Wahrnehmungsorganen (äußere Sinnesorgane
und körperinnere Sinneszellen) und Nervensystem (Gehirn,
Rückenmark und Nerven). Außerdem beschreibt Wiener
hier die Autonomie und Selbstorganisation des kognitiven Systems.
Damit ist allerdings die klassische Auffassung des erkenntnistheoretischen
Realismus noch nicht überwunden, wonach die Arbeit des kognitiven
Systems eine Aufnahme und Verarbeitung von Informationen über
die Wirklichkeit ist. Im folgenden werden daher die Ergebnisse
der Gehirn- und Nervenforschung erläutert, auf denen die
konstruktivistische Auffassung beruht, dass die Arbeit des kognitiven
Systems eine Schaffung und Deutung von Konstruktionen von Wirklichkeit
ist.
1.2.
Kognitionsbiologie
Biologische
Informations- und Evolutionstheorie:
Nach Meinung des Biophysikers und Philosophen Bernd-Olaf Küppers
spielt die Bildung von biologischer Information für die Selbstorganisation
des Lebens die entscheidende Rolle. Er entwickelte daher eine
biologische Informationstheorie, (12) die auf den Ergebnissen
der präbiotischen Chemie und der Theorie vom katalytischen
Hyperzyklus des Biochemikers Manfred Eigen aufbaut. Küppers
legt als Grundlage seiner Überlegungen dar, "[...]
die für lebende Systeme charakteristische materielle Ordnung
und Zweckmäßigkeit sind vollständig informationsgesteuert
und in universeller Form bereits auf der Ebene der biologischen
Makromoleküle begründet [...]. Die Frage nach
dem Ursprung des Lebens erweist sich daher als gleichbedeutend
mit der Frage nach dem Ursprung biologischer Information."
Und an anderer Stelle betont er, "[...] dass eine Selektion
im Sinne Darwins bereits im molekularen Bereich wirksam ist und
dass die genetische Information durch Selbstorganisation und Evolution
von biologischen Makromolekülen entstanden ist."
(13)
Somit eignet sich die Evolutionstheorie und Abstammungslehre des
englischen Naturforschers und Biologen Charles Robert Darwin (1809
- 1882) auch dazu, die Entstehung des Lebens durch die Entwicklung
von Ribonukleinsäure (RNS) und Desoxyribonukleinsäure
(DNS) als Träger immer komplexerer Erbinformationen zu erklären.
Darwin hatte als Ergebnis einer wissenschaftlichen Weltreise (1831
- 1836 mit dem britischen Forschungsschiff "Beagle")
in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts seine Theorie
über den Ursprung der pflanzlichen und tierischen Arten sowie
später auch des Menschen erarbeitet. Demnach hat sich das
Leben auf der Erde in einem dauernden Kampf ums Dasein durch Veränderung
der Erbanlagen, natürliche Auslese und Anpassung an die Umwelt
entwickelt (Darwinismus). Hieraus leitete Darwin auch seine bekannte
Kernaussage ab, die in seinen englisch-sprachigen Originalwerken
die Bezeichnung "survival of the fittest" trägt.
Unter dieser Aussage versteht man gewöhnlicherweise, dass
in der Natur langfristig nur die tüchtigsten Arten und Einzellebewesen
überleben können.
Küppers macht in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam, dass
es bei den Genen nicht allein auf ihren Aufbau, sondern vor allem
auf ihren Inhalt ankommt, also "[...] dass die genetische
Information einen über ihren syntaktischen Aspekt hinausgehenden
semantischen Aspekt besitzt. Die in den Erbmolekülen der
Lebewesen verschlüsselte Information besitzt in der Tat eine
Semantik, das heißt »Sinn« und »Bedeutung«
für den Aufbau des betreffenden Organismus sowie die Aufrechterhaltung
seiner Lebensfunktion." (14) Küppers legt somit
in Anlehnung an die Sprachwissenschaft dar, dass biologische Information
nicht allein von ihrem genetischen "Satzbau" (Syntax)
abhängt, sondern vor allem von ihrer genetischen "Satzbedeutung"
(Semantik) und ihrem im Kampf ums Dasein überprüften
genetischen Zweck (Pragmatik). Seiner Meinung nach führt
dieser pragmatische Gesichtspunkt der genetischen Information
zu dem von Darwin behaupteten "Überleben des Tüchtigsten".
(15) Küppers ist der Auffassung, dass sich alle Erscheinungen
des Lebens vollständig auf physikalische und chemische Gesetze
zurückführen lassen. Dementsprechend fasst er die Kernaussage
seiner biologischen Informationstheorie wie folgt zusammen: "Die
in einem lebenden System ablaufenden physikalisch-chemischen Prozesse
sind informationsgesteuert, und Resultate der hierdurch induzierten
Wechselwirkungen sind unter anderem die grundlegenden Lebenserscheinungen
wie Stoffwechsel und Selbstreproduktivität. Auf die Frage
»Was ist >Leben<?« können wir nunmehr antworten:
Leben = Materie + Information." (16)
Autopoiese-Modell:
Die Meinung von Küppers, dass es über seine Informationstheorie
hinaus bislang keine allgemeine Systemtheorie für die Biologie
gebe, (17) trifft allerdings nicht zu. Eine solche biologische
Systemtheorie bieten nämlich die chilenischen Neurobiologen
Humberto Romecin Maturana und Francisco J. Varela an, die bereits
seit den 60er Jahren ihr Modell der "Autopoiese" beziehungsweise
"Autopoiesis" entwickelt haben. (18) Sie leiten dieses
Kunstwort aus den beiden griechischen Worten für "selbst"
und "machen" ab. Der Begriff "Autopoiese"
kennzeichnet somit ein System, dessen autonomes Gefüge von
Teilen sich nicht nur nach eigenen Regeln selbst organisiert,
sondern sich darüber hinaus auch selbst erzeugt und selbst
erhält.
Das Modell wurde ursprünglich nur im Hinblick auf einzelne
Zellen entwickelt (Autopoiese erster Ordnung), aber es wird inzwischen
auch auf höhere Formen des Lebens angewendet (Autopoiese
höherer Ordnung). (19) In diesem Sinn sind auch mehrzellige
Lebewesen (einschließlich deren Untersysteme) autopoietisch,
denn sie können sich im Rahmen ihrer gesamten Art durch Fortpflanzung
und Stoffwechsel selbst erzeugen und erhalten. Und die bereits
erwähnte Gaia-Theorie des britischen Biosphärenforscher
James Ephraim Lovelock geht sogar davon aus, dass sich die gesamte
Biosphäre der Erde selbst erzeugt und erhält. Der missverständliche
Begriff der "Selbsterzeugung" bedeutet also nicht unbedingt,
dass sich ein Lebewesen selbst erschafft (auch wenn dies bei der
Zellteilung der Fall ist). Maturana erläutert: "Die
durch lebende Systeme reproduzierte Organisationsform ist die
autopoietische Organisation, und Fortpflanzung findet innerhalb
des Prozesses der Autopoiese statt, d. h. die neue Einheit entsteht
im Prozess der Verwirklichung der Autopoiese der alten Einheit."
Und an anderer Stelle schreiben Maturana und Varela, "[...]
dass Lebewesen sich dadurch charakterisieren, dass sie sich -
buchstäblich - andauernd selbst erzeugen." (20)
Das Wort "andauernd" weist darauf hin, dass der Vorgang
der "Selbsterzeugung" von ihnen auch in einem übertragenen
Sinn zugelassen wird. Mehrzellige Lebewesen (wie Pflanzen, Tiere
und Menschen) besitzen demnach eine Autopoiese höherer Ordnung.
Auf jeden Fall sind alle autopoietischen Systeme durch Kreisläufe
gekennzeichnet (Zirkularität) und hinsichtlich ihrer Strukturen,
Zustände, Abläufe und Informationen nach außen
abgeschlossen (strukturelle, organisationelle, operationelle und
informationelle Geschlossenheit). Dies bedeutet, dass autopoietische
Systeme nicht durch ihre Umwelt, sondern allein durch ihre Strukturen,
Zustände und Abläufe bestimmt werden und dass diese
Systeme alle für ihr Bestehen notwendigen Informationen bereits
enthalten und allein auf sich beziehen (Selbstexplikation, Selbstreferenz).
Autopoiese bedeutet also auf Lebewesen bezogen, dass deren Strukturen
(wie Astwerk, Knochenbau), Zustände (wie Winterruhe, Schlaf),
Abläufe (wie Photosynthese, Atmung) und Informationen (wie
Lichtempfindlichkeit, Wahrnehmung) durch das lebende System selbst
organisiert werden. Trotz dieser Autonomie von der Umwelt sind
autopoietische Systeme materiell und energetisch offen (zum Beispiel
durch Wasserbedarf und -angebot, Körper- und Außentemperatur),
denn Lebewesen sind natürlich an ihre Umwelt (und andere
Lebewesen) gekoppelt. Obwohl die Autopoiese von lebenden Systemen
für deren Überleben ständig erhalten bleiben muss,
sind die Systeme trotzdem in begrenztem Umfang plastisch und können
sich in ihrer Umwelt verändern (zum Beispiel durch Wachstum,
Metamorphose, Winterruhe). Hiervon wird aber die Autonomie autopoietischer
Systeme nicht beeinträchtigt, und die Systeme sind nicht
von außen steuerbar.
Dennoch steht die von Maturana und Varela erläuterte strukturelle,
organisationelle, operationelle und informationelle Geschlossenheit
von lebenden Systemen im Widerspruch zur Evolutionstheorie von
Darwin. Der englische Naturforscher hatte unter anderem eine "Anpassung"
der Lebewesen an ihre Umwelt vermutet, während die chilenischen
Neurobiologen lediglich von einer "Kopplung" an die
Umwelt ausgehen und ansonsten die Autonomie von lebenden Systemen
betonen. (Übrigens widerspricht dies auch der geschilderten
Auffassung, wonach sich kybernetische Systeme an neue Umweltbedingungen
anpassen können (Adaption) und gleichzeitig autonom sind!)
Darwin selbst war sich bewusst, dass seine grundlegende Theorie
im Laufe der Zeit überarbeitet werden würde: "Meine
Überzeugung von der Wirksamkeit der geschlechtlichen Zuchtwahl
bleibt unerschüttert; doch ist es wahrscheinlich, oder beinahe
sicher, dass mehrere meiner Überzeugungen sich später
als irrthümlich herausstellen werden; dies kann bei der ersten
Behandlung eines Gegenstandes kaum anders sein." (21)
Tatsächlich wurde seine Vorstellung vom Kampf ums Dasein
mittlerweile durch Gesichtspunkte der gegenseitigen Abhängigkeit
(Biotop), der Zusammenarbeit zum beiderseitigen Nutzen (Symbiose)
und der sozialen Verbundenheit (Gruppenverhalten) abgeschwächt.
(22)
Viabilität
und natürliches Driften:
Auch seine Auffassungen zur natürlichen Auslese und zur Anpassung
der Arten an ihre Umwelt wurden abgewandelt. So führte der
österreichisch-amerikanische Erkenntnistheoretiker und Psychologe
Ernst von Glasersfeld den Begriff der "Viabilität"
ein, und Maturana und Varela schufen den Begriff des "natürlichen
Driftens". (23) Zunächst muss der Unterschied zwischen
den Begriffen "Auslese" und "Zuchtwahl" erläutert
werden, denn Darwin hatte hierfür die gleichen Regeln vermutet
und nur den einen Begriff "selection" verwendet. Der
Unterschied besteht jedoch darin, dass die natürliche Auslese
allgemein nachteilige Erbanlagen aussondert, während die
künstliche Zuchtwahl gezielt vorteilhafte Anlagen fördert.
Während also beispielsweise ein Züchter von Rennpferden
seine Herde durch die Auswahl der schnellsten Tiere vervollkommnet,
scheiden in der Natur nur jene Pferde einer Herde aus, die gegenüber
Raubtieren zu langsam sind und auch keine anderen Möglichkeiten
zum Überleben entwickeln. Nach diesem Beispiel können
in der Natur also auch mittelschnelle Pferde überleben -
oder jene, die sich mit ihren Hufen erfolgreich gegen Raubtiere
wehren.
Hieraus folgt, dass auch die Vorstellung von einer Anpassung der
Arten an ihre Umwelt berichtigt werden muss. Der Begriff "Anpassung"
suggeriert einerseits ein planvolles Handeln der Arten, obwohl
diese die Veränderung ihrer Erbanlagen natürlich nicht
aktiv steuern können. Andererseits ist der Begriff aber auch
deshalb missverständlich, weil sich die Arten zum Überleben
nicht einmal passiv an ihre Umwelt anpassen müssen. Die Umwelt
erzwingt nämlich keine ihr entsprechenden Lebewesen, sondern
sie vernichtet lediglich ihr widersprechende. Umgekehrt spiegeln
überlebende Arten nicht die Eigenschaften der Umwelt wider,
denn es gibt zahllose Möglichkeiten des Überlebens.
Es genügt, wenn die Arten irgendwelche Überlebensstrategien
entwickelt haben, und diese brauchen nicht gezielt angepasst zu
sein, sondern müssen nur beliebig passend oder gangbar (viabel)
sein. Daher schlägt von Glasersfeld in diesem Zusammenhang
den Begriff "Viabilität" statt "Anpassung"
vor. Bezogen auf Meereslebewesen bedeutet dies, dass beispielsweise
Algen, Quallen, Fische, Schildkröten, Seehunde und Wale bislang
in ihre Umwelt gepasst und überlebt haben. Solche viablen
Arten bilden aber lediglich eine Auswahl aus zahllosen möglichen
Lebensformen, die sich im Laufe der Evolution ebenfalls hätten
entwickeln können. Möglicherweise wären auch Drachen
und Einhörner viabel, wohingegen Dinosaurier und Säbelzahntiger
dies nur zeitweise waren.
Es gibt also keine qualitativ gute oder schlechte Anpassung der
Lebewesen an ihre Umwelt, sondern lediglich eine quantitativ von
der Evolution erprobte Viabilität. Das von Darwin vermutete
"Überleben des Tüchtigsten" (survival of the
fittest) ist daher lediglich ein Überleben des Passenden
- also ein survival of the fitting! Auch die gelegentlich
verwendete Bezeichnung "Überleben des Passendsten"
(24) ändert hieran nichts, da es beim Überleben nur
ein Passen oder Nicht-Passen gibt und keine qualitativen Zwischenstufen.
(Übrigens erlaubt auch der von Küppers aufgezeigte pragmatische
Gesichtspunkt der genetischen Information somit keine qualitative
Aussage über das Erbmaterial, sondern nur eine quantitative!
Es überlebt also nicht die "tüchtigste" biologische
Information, sondern jede, die sich in ihrer Umwelt als passend
beziehungsweise viabel herausstellt.)
Dementsprechend sehen Maturana und Varela die Evolution als ein
natürliches Driften der Arten, das durch deren Kopplung an
eine sich verändernde Umwelt entsteht. Lebewesen und Umwelt
beeinflussen sich hierbei gegenseitig (Ko-Evolution). Sobald aber
Arten wegen ihrer Strukturen, Zustände und Abläufe den
Umweltveränderungen (wie Klimawechsel, Nahrungsmangel, neue
Feinde) nicht mehr gewachsen sind, führt dies zum Verlust
der Autopoiese und somit zum Aussterben. Arten können ihre
Erbanlagen nämlich nicht aktiv verändern und ihr natürliches
Driften verläuft nicht gezielt. Laut Maturana und Varela
verhalten sich lebende Systeme jedoch zur Sicherung ihres Überlebens
im allgemeinen induktiv und konservativ. Induktiv heißt,
dass das System einzelne Erlebnisse verallgemeinert, und konservativ
bedeutet, dass das System sich auf wiederkehrende Erlebnisse auch
für die Zukunft einstellt. Ein lebendes System neigt also
dazu, ein erfolgreiches Verhalten zu wiederholen, und dies kann
von einem genetisch festlegten Verhalten bis zu einem kognitiv
erlernten Handeln reichen.
Autopoiese
kognitiver Systeme:
Doch nicht nur einzelne Lebewesen sind im Rahmen ihrer gesamten
Art autopoietisch, sondern beispielsweise auch die kognitiven
Systeme von Lebewesen. Die Wahrnehmungsorgane (äußere
Sinnesorgane und körperinnere Sinneszellen) und das Nervensystem
(Gehirn, Rückenmark und Nerven) tragen nämlich als Untersystem
dazu bei, die Autopoiese des gesamten lebenden Systems aufrecht
zu erhalten. Das kognitive System kann sich sogar zum wichtigsten
Mittel für das Überleben entwickeln (wie beim Menschen)
und andere Körpermerkmale verdrängen (wie Reißzähne,
Krallen oder Fell). Die Neurobiologen Maturana und Varela verweisen
darauf, dass die Ergebnisse der Gehirn- und Nervenforschung ihr
Modell der Autopoiese auch im kognitiven Bereich bestätigen.
Beim geschilderten kybernetischen Ansatz zur Kognitionsforschung
sprach Wiener von "Eingaben von den Sinnesorganen".
Diese klassische Auffassung folgt noch einem erkenntnistheoretischen
Realismus und sieht die Arbeit des kognitiven Systems als Aufnahme
und Verarbeitung von Informationen über die Wirklichkeit
an. Maturana und Varela betrachten dagegen die Arbeit der Sinnesorgane
und des Gehirns als Schaffung und Deutung von Konstruktionen von
Wirklichkeit. Sie betonen, dass Wahrnehmung und Erkenntnis nicht
getrennt, sondern nur im Gesamtzusammenhang des kognitiven Systems
überzeugend erklärt werden können. Hierfür
verweisen sie zunächst darauf, dass unser kognitives System
aufgrund von stammesgeschichtlichen Festlegungen bestimmten biologischen
Grenzen unterworfen ist.
Als erstes fallen jene Grenzen auf, die allein auf die Strukturen
der Sinnesorgane zurückzuführen sind. So ist der Mensch
zum Beispiel nicht fähig, radioaktive Strahlung wahrzunehmen,
gewisse Wellenbereiche des Lichts zu sehen (wie infrarotes, ultraviolettes
Licht) oder bestimmte Tonfrequenzen zu hören (wie Infraschall,
Ultraschall). Aber unser kognitives System stößt auch
bei wahrnehmbaren Reizen auf Grenzen, und bereits hier zeigt sich
der Systemzusammenhang von Sinnesorganen und Gehirn. So kann das
kognitive System nur eine bestimmte Stärke und Dauer von
Reizen bewältigen. Dies zeigt sich beispielsweise bei blendendem
Licht und lärmenden Geräuschen, die die Sinnesorgane
überfordern und zu Schmerzempfindungen führen können.
Und der vergebliche Versuch, einen bestimmten Punkt unablässig
anzustarren oder einem monotonen Geräusch aufmerksam zu lauschen,
wirkt ermüdend und einschläfernd.
Darüber hinaus hat der Medizinpsychologe Ernst Pöppel
bei Reizabfolgen bestimmte zeitliche Grenzen des kognitiven Systems
entdeckt. (25) So erscheinen zwei nacheinander folgende akustische
Reize noch bei vier bis fünf tausendstel Sekunden (0,004
- 0,005 sek) als gleichzeitig und sie können erst ab dieser
Grenze unterschieden werden. Taktile Reize können vom Menschen
erst ab zehn tausendstel Sekunden (0,01 sek) Abstand unterschieden
werden und optische Reize sogar erst ab zwanzig bis dreißig
tausendstel Sekunden (0,02 - 0,03 sek). Interessanterweise kann
die Reihenfolge von Reizen aber bei allen drei genannten Sinnen
erst ab dreißig bis vierzig tausendstel Sekunden (0,03 -
0,04 sek) angegeben werden. Pöppel sieht in dieser einheitlichen
Grenze eine Ordnungsschwelle des Gehirns, mit der es die Reizungen
der verschiedenen Sinnesorgane zusammenführt und zeitlich
organisiert. Er stellte außerdem fest, dass die durchschnittliche
Zeit für Einfachreaktionen auf akustische Reize dreizehn
hundertstel Sekunden (0,13 sek) beträgt und auf optische
Reize siebzehn hundertstel Sekunden (0,17 sek). Wenn die Reaktionen
mit einer Entscheidung verbunden sind (Entscheidungsreaktionen),
verlängert sich die Reaktionszeit erwartungsgemäß.
Darüber hinaus treten die Reaktionszeiten aber interessanterweise
nur in gebündelten Abständen von dreißig bis vierzig
tausendstel Sekunden (0,03 - 0,04 sek) auf, also im gleichen Zeitrahmen
wie die einheitliche Ordnungsschwelle. Laut Pöppel braucht
das Gehirn diesen inneren Takt, um kognitive Vorgänge organisieren
zu können.
Dem kognitiven System des Menschen sind also bei der Stärke,
Dauer und Abfolge von Wahrnehmungsreizen bestimmte quantitative
Grenzen gesetzt. Es ist aber auch qualitativen Grenzen unterworfen,
wie optische Täuschungen, Kippbilder oder "unmögliche"
Figuren zeigen. Trugbilder lassen sich im Gehirn sogar durch künstliche
Reizungen mit Mikroelektroden oder durch biochemische Veränderungen
mit Drogen herbeiführen. Die kognitiven Vorgänge werden
also nicht nur durch stammesgeschichtliche Festlegungen bestimmt.
Auch die persönlichen und sozialen Erfahrungen und Erwartungen
des Menschen beeinflussen, wie das Gehirn mit Wahrnehmungen umgeht
und sein Gedächtnis strukturiert. Die Wahrnehmungspsychologie
hat hierzu zahlreiche Regeln entdeckt, gemäß denen
Wahrnehmung und Gedächtnisinhalte durch das Gehirn selbst
organisiert werden.
Biologische
Kognitionstheorie:
Derartige quantitative und qualitative Grenzen sind zur Aufrechterhaltung
der Autopoiese und somit zum Überleben des gesamten lebenden
Systems unverzichtbar. Laut Maturana und Varela wird hier erneut
der Gesamtzusammenhang des kognitiven Systems deutlich. Sie entwickelten
hieraus ihre sogenannte "biologische Kognitionstheorie",
(26) zu der allerdings bereits abweichende Auffassungen vertreten
werden. (27) Demnach würde das Gehirn an Reizüberflutung
zusammenbrechen, wenn es über die Sinnesorgane zur Umwelt
offen wäre. Statt dessen ist es jedoch in der Lage, die Reizflut
einzudämmen und nach eigenen Regeln zu organisieren. Das
kognitive System ist daher kein offenes Reiz-Reaktions-System,
sondern strukturell, organisationell, operationell sowie informationell
geschlossen und in dieser Hinsicht gegenüber seiner Umwelt
autonom. Es ist durch seine Strukturen, Zustände und Abläufe
festgelegt und kann nur auf dieser Grundlage arbeiten. Das kognitive
System kann die Wirklichkeit nicht wiedergeben, weil wahrgenommene
Umweltreize (wie sichtbare Lichtwellen, hörbare Schallwellen
oder spürbarer Druck) in die gleichförmige Sprache des
Nervensystems umgesetzt werden. Die Verbindung von den Sinnesorganen
zum Gehirn erfolgt nämlich allein über elektrische Entladungen
in den Nervenzellen (Neuronen) und über chemische Botenstoffe
(Neurotransmitter) an den Nervenverbindungen (Synapsen). Dabei
fällt auf, dass unabhängig von der Reizstärke die
Stärke der elektrischen Entladung (die Amplitude) in den
Nervenzellen immer gleich ist. Statt dessen ändert sich je
nach der Reizstärke bloß die Häufigkeit der elektrischen
Entladung (die Frequenz) der Nervenzellen. Der österreichisch-amerikanische
Biophysiker Heinz von Foerster führte hierfür den Begriff
der "undifferenzierten Codierung" (gleichförmige
Verschlüsselung) ein. (28) Die elektrischen Entladungen in
den Nervenzellen geben also nur die Stärke der Erregungsursache
(das "Wieviel?") wieder, nicht aber deren Eigenschaften
(das "Was?").
Aufgrund der Verschlüsselung von Wahrnehmungen in die gleichförmige
Sprache des Nervensystems geht die Wirklichkeit unwiederbringlich
verloren, und das Gehirn hat somit keinen Zugang zur Umwelt. Als
erläuternden Vergleich für das passende beziehungsweise
viable Handeln des zur Umwelt abgeschlossenen kognitiven Systems
nennen Maturana und Varela einen Instrumentenflug im Nebel sowie
eine U-Boot-Fahrt durch Riffe. (29) In beiden Fällen haben
der Flugzeugpilot beziehungsweise der U-Boot-Kapitän keinen
Zugang zur Umwelt, sondern sie bringen lediglich im Inneren des
Flugzeuges beziehungsweise Unterseebootes bestimmte Werte von
Instrumenten in Einklang. Die beiden Chilenen unterscheiden in
diesem Zusammenhang zwischen einer Beobachtung erster und zweiter
Ordnung. Folgt man den genannten Beispielen, dann entsprechen
der Flugzeugpilot oder der U-Boot-Kapitän einem Beobachter
erster Ordnung - also einer Wahrnehmung aus Sicht des kognitiven
Systems. Dagegen entspricht jemand, der das Flugzeug oder Unterseeboot
von außen wahrnimmt, einem Beobachter zweiter Ordnung -
also einer Wahrnehmung außerhalb des Systems. Ein Beobachter
oder eine Beobachterin erster Ordnung kennt also nur die inneren
Systemzustände und -abläufe und hat keinen Zugang zur
Umwelt. Ein Beobachter oder eine Beobachterin zweiter Ordnung
kann hingegen nur das äußere Verhalten des Systems
wahrnehmen und weiß nichts über dessen Inneres.
Es eröffnet sich daher ein völlig neuer Ansatzpunkt,
wenn man die Frage der Wahrnehmung nicht von den Sinnesorganen,
sondern vom Gehirn aus untersucht. Dann ist nämlich die gefühlsmäßig
einleuchtende Ansicht des erkenntnistheoretischen Realismus, wonach
die Sinnesorgane die "Tore" des Gehirns zur Umwelt seien,
nicht mehr haltbar. Wahrnehmungen erfolgen nicht mit den Sinnesorganen,
sondern in besonderen selbstorganisierten Hirnbereichen. Auch
ob ein Reiz eine optische, akustische oder taktile Erregungsursache
hat, bestimmt das Gehirn ausschließlich aufgrund eigener
Regeln. Außerdem sind für das Gehirn äußere
und systeminnere Erregungen grundsätzlich nicht unterscheidbar,
wie die Entstehung von Trugbildern durch künstliche Reizungen
mit Mikroelektroden oder durch biochemische Veränderungen
mit Drogen zeigt. Das kognitive System kann nur mit seinen eigenen
Informationen und allein auf sich bezogen arbeiten (Selbstexplikation,
Selbstreferenz). In diesem Zusammenhang leisten die von Pöppel
beschriebene Ordnungsschwelle und der innere Taktgeber bei der
Selbstorganisation des Gehirns einen wichtigen Beitrag.
Trotz dieser Autonomie ist das kognitive System materiell und
energetisch offen, denn die Sinnesorgane und das Gehirn sind natürlich
an ihre Umwelt gekoppelt - und zwar als Untersystem in das gesamte
lebende System. So könnte das Gehirn nicht ohne die Versorgung
und den Schutz des Körpers (zum Beispiel durch Stoffwechsel
und Schädeldecke) arbeiten. Autonomie und Umweltorientierung
sind also laut Maturana und Varela auch bei kognitiven Systemen
kein Widerspruch. Diese Systeme sind nämlich in begrenztem
Umfang plastisch und können von Umweltreizen lernen. Dies
beeinträchtigt jedoch nicht deren Autonomie, denn sie sind
nicht von außen steuerbar und nur nach eigenen Regeln organisiert.
Darüber hinaus verhält sich das Gehirn bei der Sicherung
des Überlebens des gesamten lebenden Systems induktiv und
konservativ. Es neigt also dazu, ein einmal erfolgreiches Verhalten
auch in Zukunft zu wiederholen, und es ist in der Lage, aus Fehlern
zu lernen. Hierbei zeigt sich auch, dass ein Lebewesen zum Überleben
überhaupt keine "wirklichkeitsnahe" Wahrnehmung
der Umwelt braucht. Denn sogar Tiere mit einem einfachen Nervensystem
sind bezogen auf ganze Arten und Einzellebewesen genauso überlebensfähig,
wie Tiere mit einem höher entwickelten Nervensystem. Außerdem
beruht die Höherentwicklung des Gehirns lediglich auf einer
Zunahme von allgemeinen und nicht von wahrnehmenden Hirnbereichen.
Somit sind grundsätzlich alle Wahrnehmungsweisen passend
beziehungsweise viabel, die nicht scheitern - es genügt das
bereits erwähnte survival of the fitting! Die Überlebensfähigkeit
eines Lebewesens ist also unabhängig von der Abbildgenauigkeit
seines kognitiven Systems, und ihre Wahrnehmungsweise erlaubt
keinen Rückschluss auf die Wirklichkeit.
Darüber hinaus ermöglicht aber auch das Scheitern eines
Lebewesens an seiner Umwelt keinen Rückschluss. Laut den
Psychologen Peter Kruse und Michael Stadler ergibt sich zwar "[...]
für das kognitive System scheinbar die Möglichkeit,
seine Wirklichkeitskonstruktion zumindest über eine Fehlerauswertung
der Realität annähern zu können. Dies wäre
allerdings dem Versuch vergleichbar, den in manchen Naturvölkern
beobachteten Tod nach einer Tabuverletzung zum gültigen Beweis
der magischen Existenz dieses Tabus zu erheben. Da das kognitive
System nicht unterscheiden kann, ob ihm gesetzte Grenzen äußere
oder im System selbst angelegte Bedingungen widerspiegeln, kann
auch auf dem Wege einer Negativbestimmung keine objektive Erkenntnis
erreicht werden." (30) Auch der Kommunikationswissenschaftler,
Germanist und Psychologe Bernd Scheffer betont, "[...]
das Scheitern einer Wahrnehmung oder Handlung ist unzuverlässiger,
als man gemeinhin vielleicht annimmt; auch das Scheitern gibt
uns keine objektive Sicherheit. Hätten wir zum Beispiel keinerlei
Hinweise durch das Verhalten anderer, würden wir vermutlich
als sicher annehmen, Menschen seien schlicht unfähig zu schwimmen
- nicht zuletzt durch die Todesängste, die wir beim ersten
Schwimmversuch bis zu unserer Rettung ausgestanden haben; ohne
die anderen würde man höchst selten einen zweiten, nun
aber erfolgreichen Schwimmversuch unternehmen. Im übrigen
verstehen wir auch das Scheitern wieder nur mit den Maßstäben,
die uns zur Verfügung stehen, um uns dieses Scheitern zu
erklären; damit beschreiben wir aber erneut nicht die "Realität",
die wir andererseits so gerne für unser Scheitern verantwortlich
machen." (31) Und auch von Glasersfeld meint: "Die
Welt der objektiven Hindernisse, der ontischen [wirklichen]
Schranken, zwischen denen wir handeln, erleben und zuweilen unsere
Ziele erreichen, bleibt grundsätzlich unzugänglich und
unbeschreibbar. Wer meint, an den Grenzen seiner Bewegungsfreiheit
die ontische Welt zu erkennen, ist ebenso irregeführt wie
ein Autofahrer, der die Stelle, wo ihm das Benzin ausgeht, für
das Ende der Straße hält." (32) Das Scheitern
eines Lebewesens zeigt also keinen Widerstand der Umwelt auf,
der einen entsprechenden Rückschluss auf die Wirklichkeit
ermöglicht. Es handelt sich vielmehr um einen Widerstand
der Strukturen, Zustände und Abläufe eines lebenden
Systems gegenüber anderen Strukturen, Zuständen und
Abläufen dieses Systems. Der Erfolg oder das Scheitern eines
Lebewesens werden somit nicht durch seine Umwelt bestimmt, sondern
allein durch jene Möglichkeiten, die es im Rahmen seiner
strukturellen, organisationellen, operationellen und informationellen
Geschlossenheit hat.
Zusammenfassend ist also festzuhalten, dass sich die klassische
Auffassung von kognitiven Vorgängen nicht mit den Ergebnissen
der Gehirn- und Nervenforschung in Einklang bringen lässt.
Die gefühlsmäßig einleuchtende Ansicht, wonach
Sinnesorgane und Nervensystem eine Aufnahme und Verarbeitung von
Informationen über die Wirklichkeit ermöglichen, ist
bei näherer Betrachtung nicht länger haltbar. Wie die
Entstehung und Entwicklung von lebenden Systemen insgesamt, organisiert
sich auch die Arbeit von kognitiven Systemen im Rahmen einer dynamischen
Ordnungsbildung selbst. Aufgrund der Geschlossenheit, Autonomie
und gleichförmigen Sprache des kognitiven Systems sind dessen
Umgang mit Umweltreizen sowie dessen Schaffung von Bedeutung derselbe
Vorgang. Die Umweltreize können nämlich immer nur das
bedeuten, was ihnen vom Gehirn im Rahmen seiner stammesgeschichtlichen
Festlegungen und seiner Gedächtnisinhalte an Bedeutung zugewiesen
wird. Die Arbeit des kognitiven Systems ist daher eine Schaffung
und Deutung von Konstruktionen von Wirklichkeit. Aufgrund dieses
Verständnisses von der Arbeit der Sinnesorgane und des Nervensystems
verändert sich auch die Auffassung von Wahrnehmung und Erkenntnis.
"Wahrnehmung" ist demnach nicht bloß eine Aufnahme
von Informationen, sondern die Selbstorganisation von äußeren
und körperinneren Sinnesreizen durch ein kognitives System
zur Schaffung von Wirklichkeit - also der Glaube, zu erleben.
In diesem Zusammenhang ist "Beobachtung" als bewusste
Wahrnehmung anzusehen. Hierbei ist zu beachten, dass für
das kognitive System grundsätzlich nicht erkennbar ist, ob
es tatsächlich Reize von äußeren Sinnesorganen
oder körperinneren Sinneszellen wahrnimmt. Trugbilder oder
Träume können sehr "wirklichkeitsnah" erlebt
werden und lassen sich auch künstlich hervorrufen. Darüber
hinaus können Wahrnehmungen sozial beeinflusst werden (zum
Beispiel beim Beobachten eines Fußballfouls oder Kunstwerkes).
Entscheidend ist vielmehr, dass sich eine Wahrnehmung als passend
beziehungsweise viabel herausstellt, was bei Trugbildern oder
Träumen meist nicht der Fall ist. Aus diesem Verständnis
von Wahrnehmung folgt auch ein neuer Begriff von "Erkenntnis",
denn "Erkenntnis" ist nicht bloß eine Verarbeitung
von Informationen, sondern die Selbstorganisation von Wahrnehmungen
und Gedächtnisinhalten durch ein kognitives System zur Deutung
von Wirklichkeit - also der Glaube, zu verstehen.
In diesem Zusammenhang ist "Wissen" als bewusste Erkenntnis
anzusehen. Hierbei ist zu beachten, dass für das kognitive
System grundsätzlich nicht erkennbar ist, ob eine Erkenntnis
zu Recht besteht. Irrtümer und Vorurteile können sehr
glaubhaft sein und werden häufig sozial bestätigt (zum
Beispiel bei Nationalismus oder Rassismus). Entscheidend ist auch
hier, dass sich eine Erkenntnis als passend beziehungsweise viabel
herausstellt, was allerdings auch bei Irrtümern und Vorurteilen
möglich ist.
Kognitive
Autonomie und soziale Orientierung:
Dieses Verständnis von Wahrnehmung und Beobachtung sowie
Erkenntnis und Wissen macht deutlich, dass die menschlichen Konstruktionen
von Wirklichkeit ein sozialer Vorgang sind. Dies beginnt schon
damit, dass das kognitive System des Menschen einen Unterschied
zwischen seinem "Ich"-Bewusstsein und allem anderen
trifft. (33) Mit dieser Abgrenzung konstruiert das kognitive System
nämlich gleichzeitig seine gegenständliche und soziale
Umwelt. Der Mensch ist aber trotz dieser Abgrenzung kein beziehungsloser
Einzelgänger, denn seine autonomen Konstruktionen von Wirklichkeit
können nur in der Gemeinschaft mit anderen Menschen entstehen.
(34) Er konstruiert seine Wirklichkeit also subjektabhängig
- allerdings nicht rein subjektiv für sich allein, sondern
sozial mit anderen. Mit Hilfe des Konstruktivismus kann daher
das grundsätzliche theoretische Problem der Verknüpfung
von kognitiver und sozialer Ebene gelöst werden.
Wie bereits beschrieben, sind Autonomie und Umweltorientierung
kein Widerspruch, denn lebende Systeme sind in begrenztem Umfang
plastisch und können sich in ihrer Umwelt verändern
und von ihr lernen. Das lebende System "Mensch" ist
dementsprechend in seine sozialen (Ober-)Systeme eingebunden,
und es konstruiert dort gemeinsam mit anderen lebenden Systemen
Wirklichkeiten. Der Mensch wird bei seiner Einordnung in die Gemeinschaft
(Sozialisation) an soziale Systeme gekoppelt, indem er deren Normen,
Traditionen, Denkweisen und Sprachen erlernt. Zumindest gewinnt
der Mensch durch Kommunikation mit anderen (wie Eltern, Lehrer,
Freunde) eine passende beziehungsweise viable Erkenntnis, wie
die sozialen Konstruktionen von Wirklichkeit geschaffen werden.
In dieser Hinsicht sind die Konstruktionen autobiographisch und
spiegeln die unterschiedlichen Lebensläufe der Menschen wider.
Kommunikation ermöglicht soziale Kopplung und dient Menschen
dazu, einander zu orientieren (Koordination), ihr Verhalten miteinander
abzustimmen (Kooperation), Übereinstimmung zu schaffen (Konsens)
und Gewohnheit zu bilden (Konvention). Schmidt erläutert
in diesem Zusammenhang: "Ich als Sprecher kann also durch
konsensuellen und konventionellen Gebrauch von Kommunikationsmitteln
andere dazu veranlassen, in ihren kognitiven Bereichen Operationen
in Gang zu setzen. Welche dabei in Gang gesetzt werden, und welche
Resultate und Konsequenzen diese Operationen haben, das bleibt
allein den anderen Überlassen. Davon werde ich auch nie etwas
erfahren; denn selbst wenn die anderen antworten, muss ich aus
ihren Antworten [...] mir verfügbare Bedeutungen
konstruieren, was wiederum die anderen nicht kontrollieren können,
usw." (35)
Die soziale Orientierung des Einzelnen auf und durch andere mit
Hilfe von Kommunikation ändert also nichts an der kognitiven
Autonomie des autopoietischen Systems "Mensch". Dies
hat laut dem Literaturwissenschaftler Gebhard Rusch auch eine
veränderte Auffassung vom Begriff "Verstehen" zur
Folge. (36) Er bezeichnet es als Anzeichen von Verstehen, wenn
ein "Orientierter" (zum Beispiel ein Schüler) den
Erwartungen eines "Orientierenden" (zum Beispiel eines
Lehrers) folgt. Hierbei ist zu beachten, dass einerseits der "Orientierende"
derjenige ist, der ein tatsächliches Verstehen festlegt.
Andererseits ist der "Orientierte" aber bei seinem Verstehen
autonom, und er kann daher natürlich auch missverstehen.
Ein mögliches Missverstehen fällt dem "Orientierten"
erst dann auf, wenn sich seine Konstruktion des "Verstanden-Haben"
als nicht passend beziehungsweise viabel herausstellt. Um dies
zu vermeiden, überprüft der "Orientierende"
häufig das tatsächliche Verhalten des "Orientierten"
(zum Beispiel durch Prüfungsaufgaben). Laut Rusch ist die
Zuschreibung von Verstehen in sozialen Systemen also ein Mittel,
um die Konstruktionen von Wirklichkeit von ihren Mitgliedern zu
beeinflussen. Der einzelne Mensch erlernt über sein Verstehen
die Normen, Traditionen, Denkweisen und Sprachen der Gemeinschaft
und wird dadurch an das soziale System gekoppelt.
Autopoiese
sozialer Systeme?:
Laut dem Soziologen Luhmann kann man auch soziale Systeme als
autopoietisch auffassen. (37) Hierbei wird unterstellt, dass sich
auch diese Systeme selbst erzeugen und erhalten können. Dies
scheint auf den ersten Blick einleuchtend, denn viele soziale
Systeme werden spontan und situationsbedingt gegründet (wie
Bürgerinitiativen oder Fanclubs) und entwickeln ausgefeilte
Mittel zur Sicherung ihres Bestehens (wie Behörden oder Parteien).
Tatsächlich verhalten sich diese Systeme häufig induktiv
und konservativ, denn sie behalten erfolgreiche Verhaltensweisen
auch in Zukunft bei. Soziale Systeme belohnen zum Beispiel ein
Verhalten von Mitgliedern, mit denen das System gestützt
wird (wie durch Kindergeld oder Tapferkeitsorden).
Dem steht jedoch die Meinung gegenüber, dass der Begriff
"Autopoiese" für soziale Systeme nicht angewendet
werden kann. (38) Auch Maturana, der dieses Modell gemeinsam mit
Varela entwickelt hatte, ist dieser Ansicht: "Jemand
könnte vielleicht sagen, dass Gruppen von Organismen, wie
beispielsweise Tierkolonien, »autopoietische Systeme dritter
Ordnung« sind. Das wäre nicht unbedingt eine Fehlbezeichnung.
Aber ich denke, dass im Falle der autopoietischen Systeme dritter
Ordnung die Betonung zu sehr auf Autopoiese läge. Dabei würde
man die Bedingungen der Konstitution [Beschaffenheit]
dieser Systeme aus den Augen verlieren." (39) Und der
Soziologe Walter L. Bühl meint sogar: "Sozietäten
aller Art und auch die menschlichen Gesellschaften wären
schließlich (wenn es dann überhaupt noch einen Sinn
hat, von "Autopoiesis" zu sprechen) nur als autopoietische
Systeme "vierter Ordnung" zu klassifizieren. Ihr autopoietischer
Charakter ist also weit hergeholt, und die "logische"
Begründung, dass Gesellschaften sich aus lebenden Individuen
zusammensetzen und insofern die autopoietische Charakteristik
allen "Lebens" teilen, ist nur Ausdruck einer kategorialen
Ebenenvertauschung." An einer nachfolgenden Stelle erläutert
er weiter: "Die Autopoiese jedoch zum durchgehenden
Grundprozess aller Ebenen zu erheben, wäre gleichbedeutend
mit der Wiedereinführung eines universellen Organizismus
durch die Hintertür. Autopoietische Prozesse sind notwendigerweise
in jedem sozialen Wandel eingeschlossen, doch nicht in jedem Fall
sind genau das die kritischen und wissenschaftlich zu erforschenden
Prozesse, und schon gar nicht sind alle anderen Prozesse unter
dem Modell der Autopoiese zu sehen."
(40) Auch hier wird der Begriff "Autopoiese" daher nicht
für soziale Systeme verwendet.
2.
Geistes- und sozialwissenschaftliche Ansätze
Im
vorangegangenen Text wurden wichtige naturwissenschaftliche Grundlagen
des erkenntnistheoretischen Konstruktivismus dargelegt. So bietet
die Kybernetik ein Modell, mit dem sich die Steuerungs- und Regelungsvorgänge
in Systemen erläutern lassen. Und die biologische Kognitionstheorie
erklärt die Arbeit von kognitiven Systemen mit dem Modell
der Autopoiese. Hierbei wird auch deutlich, dass die Konstruktion
von Wirklichkeit ein sozialer Vorgang ist, da der Mensch über
Normen, Traditionen, Denkweisen und Sprachen an sein soziales
System gekoppelt ist.
Welche Rolle soziale Einflüsse bei der Konstruktion von Wirklichkeit
haben, zeigt auch ein Blick auf die geistes- und sozialwissenschaftlichen
Grundlagen des Konstruktivismus. Wie bereits beschrieben wurde,
werden kognitive Vorgänge nicht allein durch stammesgeschichtliche
Festlegungen bestimmt. Auch persönliche und soziale Erfahrungen
und Erwartungen beeinflussen, wie das menschliche Gehirn mit Wahrnehmungen
umgeht und sein Gedächtnis strukturiert. Daher sollen zunächst
einige Gesichtspunkte der Entwicklungspsychologie zur kognitiven
Entwicklung des Menschen vorgestellt werden. Anschließend
wird anhand von Ergebnissen aus der Wahrnehmungspsychologie erläutert,
nach welchen Regeln das kognitive System Wahrnehmung und Erkenntnis
selbst organisiert.
2.1.
Entwicklungspsychologie
Die
Entwicklungspsychologie beschäftigt sich unter anderem mit
der kognitiven Entwicklung des Menschen, insbesondere von Kindern.
Als ihr Begründer gilt der franko-schweizerische Kinderpsychologe
und Erkenntnistheoretiker Jean Piaget (1896 - 1980), dessen Strömung
in der Entwicklungspsychologie auch als "Genfer Schule"
bezeichnet wird. Von ihm stammt die sogenannte Schematheorie,
laut der das Kind seine Bewegungen, Wahrnehmungen und Vorstellungen
stufenweise in sogenannten Schemata kognitiv selbstorganisiert.
(41)
Schematheorie:
Der Begriff "Schema" wurde bereits von den deutschen
Philosophen Immanuel Kant und Friedrich Wilhelm Joseph Schelling
(1775 - 1854) für die kognitiven Modelle des Menschen von
der Umwelt verwendet. Ein einfaches Schema ist beispielsweise
entstanden, wenn ein Kind gelernt hat, einen Gegenstand zu greifen,
fallen zu lassen und gezielt wieder zu greifen. Mit solchen kognitiven
Schemata fasst das Kind zahlreiche Einzelerfahrungen zusammen,
so dass es seine Wahrnehmungen rascher einordnen und sein Verhalten
darauf besser abstimmen kann. Schemata ermöglichen somit
einerseits die Eindämmung von Umweltreizen und andererseits
den Aufbau von weiteren, immer höher entwickelten kognitiven
Schemata. Ausgehend von angeborenen Reflexen (wie Saug- oder Greifreflex),
setzt sich das Kind vor allem durch unbeabsichtigte oder gezielte
Handlungen mit seiner Umwelt auseinander. Erst durch diese Eigentätigkeit
lernt das Kind nach Ansicht von Piaget die Beschaffenheit der
Umwelt kennen und entwickelt dabei in mindestens drei Hauptstufen
immer komplexere kognitive Schemata. "Die geistige Entwicklung
des Kindes erscheint insgesamt als eine Folge von drei großen
Konstruktionen: jede führt die frühere weiter, indem
sie sie zunächst auf einer neuen Ebene neu konstruiert und
sie dann immer umfassender überholt." (42) Laut
der Schematheorie von Piaget entwickelt das Kind während
seiner ersten zwei Lebensjahre zunächst Schemata für
sensomotorische Handlungen (beispielsweise zu Ursache und Wirkung
sowie zur Beständigkeit von Gegenständen). Hieraus entstehen
dann kognitive Schemata für konkretes Denken und soziale
Handlungen (beispielsweise zu Raum und Zeit sowie zum Sprachgebrauch)
und ab dem elften Lebensjahr auch Schemata für formales und
kombinatorisches Denken (beispielsweise zum systematischen Handeln
sowie zur Abstraktion). Im Laufe der Pubertät erreicht das
Kind dann die kognitiven Fähigkeiten von Erwachsenen.
Piaget erklärt die Entwicklung immer komplexerer Schemata
dadurch, dass im kognitiven System des Kindes ein stetiger Ausgleich
zwischen widersprüchlichen Vorstellungen stattfindet - eine
sogenannte Äquilibration. (43) (Es ist beachtenswert, dass
der Begriff "Äquilibration" auch in der Kybernetik
für den inneren Ausgleich sich widersprechender Systemzustände
verwendet wird.) Für diese kognitive Äquilibration macht
Piaget wiederum zwei dynamische Vorgänge verantwortlich:
Die Assimilation und die Akkommodation (44) von kognitiven Schemata.
Laut der Schematheorie bedeutet Assimilation, dass der Mensch
beziehungsweise das Kind neue Informationen in bereits vorhandene
kognitive Schemata einbezieht. Meist werden dadurch Informationen
kognitiv bevorzugt, die schon in ähnlicher Form vertraut
und somit leicht verständlich sind. Dies ist beispielsweise
der Fall, wenn ein Kind jedes vierbeinige Tier als "Hund"
bezeichnet - auch wenn es sich um eine Katze handelt. Oft treten
aber neue Informationen auf, die den alten Schemata widersprechen
und nicht übergangen werden können. Als Folge entsteht
zwischen alten Vorstellungen und neuen Wahrnehmungen eine kognitive
Spannung (der US-amerikanische Psychologe Leon Festinger (1919
- 1989) prägte in einem ähnlichen Zusammenhang den Begriff
der "kognitiven Dissonanz" (45)). Nach Meinung von Piaget
findet dann zur Lösung dieser Spannung eine Akkommodation
statt, was eine Umformung der bestehenden kognitiven Schemata
entsprechend der neuen Informationen bedeutet. Dies ist zum Beispiel
der Fall, wenn ein Kind die Unterschiede zwischen Hunden, Katzen
und anderen vierbeinigen Tieren erlernt.
Bei der Assimilation wird also die wahrgenommene Wirklichkeit
gemäß der bestehenden kognitiven Schemata konstruiert;
bei der Akkommodation werden die Schemata den Wahrnehmungen angeglichen.
Laut Piaget organisiert das kognitive System seine Schemata selbst,
wobei aber nie eine völlige Neuorganisation stattfindet,
sondern nur eine allmähliche Ausweitung der Grenzen bereits
vorhandener Erkenntnis. Dabei entwickeln sich durch die dynamischen
Vorgänge der Assimilation und der Akkommodation immer komplexere
kognitive Schemata, und es findet eine fortschreitende Anpassung
dieser Schemata an die Umwelt statt. Piaget vertritt also trotz
seiner neuen Ansätze zur kognitiven Entwicklung des Menschen
einen erkenntnistheoretischen Realismus. Letztlich glaubt er nämlich,
dass der Mensch die Wirklichkeit mit Hilfe von zunehmend komplexeren
Schemata immer "besser" erkennen kann.
Der österreichisch-amerikanische Psychologe von Glasersfeld
ist dennoch der Meinung, dass sein schweizerischer Kollege den
konstruktivistischen Standpunkt der Erkenntnistheorie vorweggenommen
hat. (46) Er begründet dies vor allem damit, dass Piaget
von einer Konstruktion von Wirklichkeit durch das Kind spricht,
auch wenn in dessen französisch-sprachigen Originalwerken
der Begriff "construction" unklar bleibt. Dementsprechend
muss von Glasersfeld einräumen, dass sich sein Kollege missverständlich
ausdrückt: "Es ist daher überhaupt nicht überraschend,
dass der Leser Piagets Ausführungen [...] nicht
wörtlich versteht, wenn davon die Rede ist, dass das Kind
sein Universum konstruiert [...]. Man kann von einem
Leser nicht verlangen, dass er [...] sein realistisches
Weltbild [...] so umordnet, dass er eine konstruktivistische
Epistemologie [Erkenntnistheorie] generiert [erzeugt].
Auch ein erfahrener und verständnisvoller Leser wird durch
eine solche Präsentation wahrscheinlich in die Irre geführt."
(47) Dies wird zum Beispiel auch daran deutlich, dass Piaget in
verschiedenen Arbeiten mal von drei, vier, fünf oder sogar
sechs Entwicklungsstufen von Schemata spricht und dass er den
Inhalt dieser kognitiven Schemata nur schemenhaft erläutert.
Kritiker bemängeln daher an seiner Schematheorie unter anderem
die unzulängliche Bestimmung zentraler Begriffe. (48) Auch
halten viele seine Altersstufen der kindlichen Entwicklung für
ungenau oder sogar unzutreffend. Beispielsweise werde nicht berücksichtigt,
dass zwischen einzelnen Kindern große Unterschiede bestehen
und dass ihr soziales Umfeld eine wichtige Rolle spielt. Außerdem
seien die kognitiven Entwicklungsstufen auf das konkrete und formale
Denken der kindlichen Intelligenz ausgerichtet, wohingegen Phantasie
und Einfallsreichtum vernachlässigt würden.
Trotz dieser Kritik bietet die Schematheorie von Piaget interessante
Gesichtspunkte, um die Entwicklung und Arbeit des kognitiven Systems
zu erklären. Für den erkenntnistheoretischen Konstruktivismus
ist vor allem der Ansatz interessant, dass sich das kognitive
System des Menschen mit Hilfe von Schemata durch eine dynamische
Ordnungsbildung selbstorganisiert. Durch diese Schemata kann das
System die Flut von Umweltreizen eindämmen und immer höher
entwickelte Schemata aufbauen. Damit werden aber gleichzeitig
die Möglichkeiten von Wahrnehmung und Erkenntnis festgelegt,
so dass kognitive Schemata Konstruktionen von Wirklichkeit bilden.
Bei der Entwicklung von höheren Schemata (wie Normen, Traditionen,
Denkweisen und Sprachen) wird auch deutlich, dass dies nur in
der Gemeinschaft mit anderen Menschen möglich ist, weil die
Konstruktion von Wirklichkeit ein sozialer Vorgang ist. Mit den
kognitiven Regeln von Wahrnehmung und Erkenntnis hat sich auch
die Wahrnehmungspsychologie beschäftigt, deren Ergebnisse
im folgenden erläutert werden.
2.2.
Wahrnehmungspsychologie
Die
Wahrnehmungspsychologie beschäftigt sich mit den Regeln,
nach denen der Mensch seine Wahrnehmungen kognitiv verarbeitet.
Dies umfasst nicht nur die optische, akustische und taktile Wahrnehmung
von Mustern, Tonfolgen und Formen, sondern auch die Wahrnehmung
von Farbe, Bewegung, Raum und Zeit. Im folgenden wird darüber
hinaus auch berücksichtigt, wie Erinnerungen und Gefühle
in Wechselbeziehung zur Wahrnehmung stehen.
Ausgangspunkt für die Wahrnehmungspsychologie ist die Frage,
wie zuverlässig die menschliche Wahrnehmung ist. Im Zusammenhang
mit der Kognitionsbiologie wurde bereits erläutert, dass
für das Gehirn äußere und systeminnere Erregungsursachen
grundsätzlich nicht unterscheidbar sind. Dies macht beispielsweise
die Entstehung von Trugbildern deutlich, wenn das Gehirn künstlich
mit Mikroelektroden gereizt oder biochemisch mit Drogen beeinflusst
wird. Ein weiteres Beispiel für die Grenzen der menschlichen
Wahrnehmung sind kognitive Paradoxien, wie optische Täuschungen,
Kippbilder und "unmögliche" Figuren. Optische Täuschungen
zeigen, dass unsere sinnliche Wahrnehmung nicht immer mit der
verstandesgemäßen Erkenntnis über die "Wirklichkeit"
von Reizmustern übereinstimmt. Kippbilder und "unmögliche"
Figuren verdeutlichen hingegen, dass unser kognitives System ständig
versucht, für Reizmuster eine Bedeutung zu finden.
Gestalttheorie:
Ausgehend von derartigen kognitiven Ausnahmeerscheinungen beschäftigt
sich die sogenannte Gestaltpsychologie mit den Gesetzmäßigkeiten,
nach denen das kognitive System des Menschen mit Wahrnehmungen
umgeht. Bereits die österreichischen Philosophen Christian
von Ehrenfels (1859 - 1932) und Ernst Mach (1838 - 1916, der als
Physiker auch der Maßeinheit für die Schallgeschwindigkeit
seinen Namen gab) hatten erkannt, dass die Zusammenfassung von
Einzelreizen (beispielsweise zu Bildern oder Melodien) mehr als
die Summe ihrer Teile ergibt. (49) Hieraus entwickelte sich die
Gestaltpsychologie, als deren Begründer die deutschen Psychologen
Kurt Koffka (1886 - 1941), Wolfgang Köhler (1887 - 1967),
Wolfgang Metzger (1899 - 1979) und Max Wertheimer (1880 - 1943)
gelten. Sie entwickelten bis zum Anfang der 20er Jahre die sogenannte
Gestalttheorie samt Gestaltgesetzen.
Der Grundgedanke der Gestalttheorie ist, dass das kognitive System
seine Wahrnehmungen stets zu ganzheitlichen Bedeutungseinheiten
(sogenannten Gestalten) ordnet. Diese kognitive Ordnungsbildung
ist aber keine völlig willkürliche Konstruktion des
Gehirns, sondern sie läuft nach bestimmten Gesetzen ab. Die
Grundlage dieser Gestaltgesetze (gewissermaßen die "Grundnormen")
bilden vier Gestaltqualitäten: Zum einen gilt für die
Wahrnehmung von Gestalten der Grundsatz der Übersummativität,
wonach deren Gesamtform bedeutungsvoller ist als die Summe ihrer
Einzelformen. Zum zweiten folgen Gestalten dem Grundsatz der Transponierbarkeit,
also dass sie sich in eine andere Form übertragen lassen
und dennoch wiedererkennbar bleiben. Zum dritten werden Gestalten
von ihrem Beziehungsrahmen beeinflusst, weil die Wahrnehmung einer
Gestalt von Ankerreizen in ihrem Umfeld abhängig ist. Und
zum vierten gilt der Grundsatz der Figurprägnanz, also dass
von mehreren möglichen Gestalten jene mit den prägnantesten
Gestaltfaktoren am einfachsten wahrgenommen werden.
Wenn man diese Gestaltqualitäten gewissermaßen als
die "Grundnormen" der Gestaltgesetze ansieht, dann bilden
die Gestaltfaktoren sozusagen deren "Paragraphen". Gestaltfaktoren
sind nämlich die bestimmenden Merkmale einer Gestalt, und
je prägnanter die Faktoren sind, um so einfacher kann eine
Gestalt wahrgenommen werden. Die Gestaltpsychologie hat bereits
eine Vielzahl von Gestaltfaktoren ermittelt, von denen im folgenden
jedoch nur die wichtigsten vorgestellt werden. Das kognitive System
ordnet Wahrnehmungen beispielsweise dann zu Gestalten, wenn dies
durch Gegensätze (Kontraste) und Umrisse (Konturen) erleichtert
wird, wobei geschlossene oder einfache Muster bevorzugt werden.
Weitere Faktoren zur Bildung von Gestalten sind Ähnlichkeit
(wie Gleichartigkeit oder Symmetrie) und Gruppierung (wie Nachbarschaft
in Reihen oder Haufen). Ebenfalls begünstigt werden Gleichmäßigkeit
(Kontinuität) und Zusammenpassen (Kohärenz), wobei vom
Menschen sogenannte "gute" klare Formen oder "gute"
fortlaufende Kurven vorgezogen werden. Die menschliche Wahrnehmung
arbeitet nach Gesichtspunkten, die wir als ästhetisch empfinden.
Die genannten Beispiele für Gestaltfaktoren gelten aber nicht
nur für optische Reize, sondern grundsätzlich für
alle Formen der Wahrnehmung. Beispielsweise lassen sich bei akustischen
Wahrnehmungen die Gestaltfaktoren der Nachbarschaft (zeitliche
Gruppierung von Tönen) sowie der "guten" fortlaufenden
Kurve (ästhetisches Zusammenfügen einer Melodie) finden.
Das kognitive System des Menschen hat also die Eigenschaft, seine
Wahrnehmungen nach Gestaltgesetzen zu ganzheitlichen Bedeutungseinheiten
zu ordnen. Hierbei zeigt sich erneut, dass für das System
der Umgang mit Umweltreizen und die Schaffung von Bedeutung derselbe
Vorgang sind. Ein Beispiel für die Konstruktion von Wirklichkeit
nach Gestaltgesetzen ist auch, dass die Lichtpunkte am Nachthimmel
in allen Zeitaltern und Kulturen zu ähnlichen Sternbildern
geordnet wurden. Die Psychologen Kruse und Stadler erläutern:
"Die Wahl dieses Beispiels liegt deshalb besonders nahe,
weil Erkenntnisse über das Universum, mit Ausnahme der Erde
und der unmittelbaren Erdnähe, bislang nicht über den
direkten handelnden Zugriff möglich sind. Der Begriff der
Konstruktion wirkt hier nicht so kontraintuitiv, also gegen unsere
alltäglichen Erfahrungen, wie bei (be-)greifbareren Gegebenheiten.
[...] Die Leuchtpunkte am Nachthimmel, die wir als Sterne
zu bezeichnen pflegen, besitzen für sich genommen vorderhand
wenig Objektqualität. In allen Kulturen wurden sie zu Sternbildern
zusammengefügt. Diese Ordnungsbildung, obwohl sicherlich
unwidersprochen nicht abbildend, sondern rein konstruktiv, ist
nicht beliebig. Sie gehorcht den Gestaltprinzipien. Zufallsmuster
akzeptiert die Wahrnehmung nicht." (50)
Über die Gründe für diese Ordnungsbildung und Konstruktion
durch das kognitive System gibt es widersprüchliche Vermutungen.
So werden Gestalten einerseits als das Ergebnis von ererbten Urbildern
(Archetypen) und andererseits von erlernten Vorurteilen (Stereotypen)
erklärt. Wie dem auch sei, Gestalten müssen für
das kognitive System des Menschen auf jeden Fall passend beziehungsweise
viabel sein. (51) Dabei ist grundsätzlich unerheblich, dass
die Gestaltgesetze die Wahrnehmung verändern, weil zum Überleben
keine "wirklichkeitsnahe" Wahrnehmung notwendig ist.
Durch Gestalten wird die menschliche Wahrnehmung sogar erleichtert,
weil das kognitive System hierdurch die Flut der Umweltreize eindämmen
und ordnen kann. Metzger betont daher auch: "Es gibt
eine Reihe von biologisch unentbehrlichen Leistungen des Wahrnehmungssystems,
die unmittelbar auf der Wirksamkeit des Prägnanzprinzips
beruhen. Hierher gehört unter anderem die Wahrnehmung der
Dinge in unserer Umgebung und ihres Aufbaues; die Zerlegung des
Schallwellenzuges [...] in Sprachlaute, Arbeitsgeräusche,
Musik usw. [...]; das Tiefensehen des Einzelauges [...];
die Identität bewegter Dinge in der Zeit und der Verlauf
ihrer Bewegungen, und manches andere mehr." (52) Er
nennt also eine ganze Reihe von Vorteilen, die sich aus der Gestaltqualität
der Figurprägnanz für die menschliche Wahrnehmung ergeben.
Aber auch die Gestaltqualitäten der Übersummativität,
der Transponierbarkeit und des Beziehungsrahmens erleichtern die
Wahrnehmung entscheidend. Beispielsweise kann der Mensch dadurch
Sprache trotz Nebengeräusch verstehen oder Gegenstände
trotz Sichtbehinderung erkennen.
Metzger fasst die Ergebnisse der Gestaltpsychologie bezüglich
Wahrnehmungen in insgesamt sieben Punkten zusammen, wovon die
beiden ersten die wichtigsten sind: "1. Das Wahrnehmungssystem
ist kein Mosaik. Es reagiert nicht jede Stelle dieses Systems
unabhängig von allen anderen Stellen auf den Zustand der
Sinneszelle, der sie zugeordnet ist. Es reagieren vielmehr ganze
Bereiche des Wahrnehmungsfelds auf mehr oder weniger ausgedehnte
Reizmannigfaltigkeiten. 2. Dabei entstehen räumlich (und
zeitlich) mehr oder weniger ausgedehnte Wahrnehmungsgebilde mit
Ganzeigenschaften, wie symmetrisch oder unsymmetrisch, offen oder
geschlossen, kontinuierlich oder diskontinuierlich, gegliedert
oder ungegliedert, klar oder verworren, geordnet oder chaotisch,
die nicht als Eigenschaften von punktartigen "Stellen",
sondern nur als solche ausgedehnter Bereiche daseinsfähig
sind." (53) Es ist also das Ziel des kognitiven Systems,
seine Wahrnehmungen mit Hilfe von Gestalten zu widerspruchsfreien
Bedeutungen zu ordnen. Auch optische Täuschungen, Kippbilder
und "unmögliche" Figuren entstehen bei diesem Versuch,
jedoch zeigt sich hier, dass eine eindeutige Bedeutungszuweisung
aufgrund von Multistabilitäten oder Mehrdeutigkeiten nicht
immer möglich ist. Der Medizinpsychologe Ernst Pöppel
fasst daher zusammen: "Für die Wahrnehmung gibt
es kein Chaos - auch wenn es die Reiz-Konfiguration vielleicht
ist -, die Wahrnehmung ist immer auf dem Weg zur Ordnung. Lust
nach Ordnung kann in diesem Sinn als ein teleologisches [zielgerichtetes]
Prinzip, als Zweck der Wahrnehmung benannt werden."
(54)
Bevor die Gestalttheorie entwickelt wurde, war man in der Psychologie
der Auffassung, dass sich Wahrnehmung allein durch Vererbung und
Lernvorgänge erklären lässt. Dabei konnte man allerdings
multistabile oder mehrdeutige Wahrnehmungen nicht einbeziehen
und diese mussten als Ausnahmen ausgeklammert werden. Die Gestaltpsychologie
ermöglicht es jedoch, Wahrnehmungen mit Hilfe von festen
Gestaltgesetzen als dynamischen Vorgang zu verstehen. Köhler
fragt daher: "Warum so viel über Vererbung und so
viel über Lernen reden, aber kaum ein Wort über die
unveränderliche Dynamik? Hält doch gerade diese [...]
die Organismen und ihr Nervensystem in Gang. Wie ein bekanntes
Wort sagt: man kann den Hamlet nicht aufführen ohne den Prinzen
von Dänemark. Warum aber versuchen wir dieses dauernd auf
unserer Bühne?" (55) Die Gestaltpsychologen betrachten
Wahrnehmung also als eine dynamische Ordnungsbildung durch das
kognitive System. Dabei werden jedoch nicht einzelne Sinnesreize
wie zu einem Mosaik zusammengesetzt, sondern mit Hilfe von Gestalten
ganzheitliche Bedeutungen geschaffen. Wahrnehmung ist somit für
das kognitive System keine verfälschte Abbildung der tatsächlichen
Welt, sondern eine Schaffung und Deutung von Konstruktionen von
Wirklichkeit. Dennoch vertreten die Gestaltpsychologen einen (wenngleich
kritischen) Realismus. So schreibt zwar Metzger: "Die
Festigkeit und Verlässlichkeit der uns umgebenden Welt [...]
scheint uns unvereinbar mit dem Gedanken, dass wir sie in unserem
Organismus mit uns herumtragen, als bloßes Abbild eines
unserem Bewusstsein nie erreichbaren "X", das jene Eigenschaften
tatsächlich besitzt. Doch ist diese Verlässlichkeit
gar nicht so selbstverständlich; sie kann bei Störungen
des Nervensystems auf die verschiedenste Weise verlorengehen.
Wo sie beim gesunden Menschen vorhanden ist, ist dies demnach
nichts anderem als dem normalen Funktionieren seiner Sinne und
seines Gehirns zu verdanken." (56) Die Gestalttheorie
vertritt somit einen erkenntnistheoretischen Realismus, denn sie
hält zwar die Wirklichkeit "X" für nicht vollständig
erkennbar, sieht aber dennoch die Wahrnehmung als ein (wenngleich
verfälschtes) "Abbild" hiervon an.
Gedächtnis-
und Emotionspsychologie:
Wie sehr die Arbeit des kognitiven Systems jedoch eine Konstruktion
von Wirklichkeit ist, zeigen auch die Ergebnisse der Gedächtnispsychologie.
Die kognitive (Re-)Konstruktion von Wirklichkeit entspricht beim
Gedächtnis noch mehr unserer alltäglichen Erfahrung
als bei der Wahrnehmung. Denn jeder Mensch weiß, dass sich
das Gedächtnis unbewusst verändert und Erinnerungen
nicht genau wiedergibt. Im Zusammenhang mit der Kognitionsbiologie
wurde bereits erläutert, dass sich das kognitive System aufgrund
seiner Geschlossenheit, Autonomie und gleichförmigen Sprache
nach eigenen Regeln selbst organisiert. Daher sind nicht nur Wahrnehmungen,
sondern auch Gedächtnisinhalte das Ergebnis einer Bedeutungszuweisung
durch das kognitive System. (57) Wahrnehmungen und Erinnerungen
stehen zugleich in einer engen Wechselbeziehung zueinander, denn
einerseits werden mit dem Gedächtnis vergangene Wahrnehmungen
erinnert und andererseits werden gegenwärtige Wahrnehmungen
von Gedächtnisinhalten beeinflusst. Der Neurobiologe Gerhard
Roth nennt das Gedächtnis sogar "unser wichtigstes
Sinnesorgan", (58) denn Wahrnehmungen können vom
kognitiven System nur aufgrund von Erinnerungen rasch und zuverlässig
eingeordnet werden. Erst durch das Gedächtnis kann der Mensch
seine Wahrnehmungen (zum Beispiel von Orten, Gesichtern oder Sprache)
miteinander vergleichen und wiedererkennen.
In diesem Zusammenhang stellte die Gedächtnispsychologie
fest, dass Erinnerungen vom Gehirn nach ähnlichen Gesetzen
geordnet werden, wie Wahrnehmungen. So zeigte Metzger, dass zwei
ineinander verschachtelte Kurzgeschichten von Versuchspersonen
immer getrennt nacherzählt werden. Köhler entdeckte,
dass bei einer Zeichenfolge darin eingestreute Abweichungen besser
erinnert werden (beispielsweise Zahlen in einer Folge von Buchstaben).
Das ungeordnete Material wird also in den genannten Fällen
vom kognitiven System geordnet, wobei dem Menschen hervorstechende
Teile eher wieder einfallen. Ein weiteres Beispiel für die
Ordnungsbildung des Gedächtnisses ist das sogenannte "Klavierexperiment",
bei dem ein Begriff in verschiedene Zusammenhänge gestellt
wird. So werden Sätze wie "Der Mann hebt das Klavier!",
"...stimmt das Klavier!" oder "...zerhackt
das Klavier!" besser erinnert, wenn eine passende Hilfe
gegeben wird (wie "schwer", "wohlklingend"
oder "hölzern"). Wenn diese Erinnerungshilfen
aber vertauscht werden, fällt den Versuchspersonen der ursprüngliche
Satz nur schwer wieder ein. Das Material wird vom kognitiven System
also gleichzeitig mit einer Bedeutung versehen, die später
das Erinnern erleichtern kann. Außerdem wurde festgestellt,
dass sich Gedächtnisinhalte mit zunehmendem Zeitabstand entweder
aneinander angleichen (Nivellierung) oder untereinander verschärfen
(Pointierung).
Allgemein gilt, dass sich die Inhalte in Richtung der beschriebenen
Gestaltfaktoren verändern (wie Geschlossenheit und Einfachheit,
Gleichartigkeit und Symmetrie, "gute" Form und Kurve).
Köhler fasst dementsprechend zusammen: "Die Ergebnisse
waren eindeutig positiv. Es scheint wirklich wahr zu sein, dass
die Prinzipien der Wahrnehmungsorganisation ohne wesentliche Modifikation
auch für das Gedächtnis gelten." (59) Die
Gestaltgesetze der Wahrnehmung gelten also auch für die dynamische
Ordnungsbildung des Gedächtnisses, das vom Gehirn verändert
und selbst organisiert wird. Die Arbeit des kognitiven Systems
ist somit keine Speicherung von Wissen, sondern auch hinsichtlich
des Gedächtnisses eine Schaffung und Deutung von (Re-)Konstruktionen
von Wirklichkeit.
Darüber hinaus sind in die Wechselbeziehung zwischen Wahrnehmung
und Gedächtnis stets auch Gefühle eingebunden, denn
sie sind ebenfalls das Ergebnis einer Bedeutungszuweisung durch
das kognitive System. (60) Die Ergebnisse der Emotionspsychologie
zeigen, dass das kognitive System auch mit Gefühlen autonom
und nach eigenen Regeln umgeht. Einerseits sind die menschlichen
(Re-)Konstruktionen von Wirklichkeit stets emotional gefärbt,
und andererseits werden auch die Gefühle von diesen Konstruktionen
beeinflusst. Das Empfinden des Menschen ist nicht nur von dessen
persönlichen Besonderheiten, sozialen Umfeld und Kulturkreis
abhängig, sondern auch von seiner jeweiligen Lebenslage.
Beispielsweise können dem Menschen sogar schwere Verletzungen
weniger schmerzhaft erscheinen, wenn er dadurch einer größeren
Gefahr entgeht (Heimtransport im Krieg) oder wenn er auf eine
versprochene Linderung vertraut (Placebo-Effekt).
Prüfmerkmale
der Wahrnehmung:
Zum Schluss soll noch darauf eingegangen werden, wie der Mensch
zwischen umweltbedingten und eingebildeten Wahrnehmungen unterscheidet.
Denn obwohl für das kognitive System äußere und
innere Erregungsursachen grundsätzlich nicht unterscheidbar
sind, kann es normalerweise Trugbilder, Träume, Phantasien
oder Vorstellungen als solche erkennen. Dementsprechend wurde
der Begriff der "Wahrnehmung" hier sehr umfassend als
"Selbstorganisation von äußeren und körperinneren
Sinnesreizen durch das kognitive System zur Schaffung von Wirklichkeit"
bestimmt. Es wurde also bewusst nicht zwischen äußeren
Umweltreizen sowie körperinneren Trugbildern, Träumen,
Phantasien oder Vorstellungen unterschieden, da all dies Teile
der Wirklichkeit des einzelnen Menschen sind. Kruse und Stadler
haben eine Reihe von Prüfmerkmalen für die Wahrnehmung
zusammengestellt, die sie als "Wirklichkeitskriterien"
bezeichnen. (61)
Wahrnehmungen lassen sich vom Menschen normalerweise wiederholen
und vergleichen, so dass er hierbei Übereinstimmungen (Invarianzen)
und Unterschiede (Differenzen) erkennen kann. Demnach erscheinen
Wahrnehmungen eher als umweltbedingt, wenn sie zum Beispiel mit
vergleichsweise deutlichen Konturen, reichen Kontrasten, klaren
Strukturen, zahlreichen Einzelheiten, in drei Dimensionen, ohne
Widersprüche und mit mehreren Sinnen erlebt werden. Weil
solche Eigenschaften eines wahrgenommenen Gegenstandes allein
aber noch keine zuverlässige Abgrenzung gegenüber Trugbildern
und Träumen ermöglichen, sind darüber hinaus auch
Merkmale des Wahrnehmungsvorganges selbst wichtig. Dies sind zum
Beispiel die Vorhersagbarkeit, Wiederholbarkeit, Beständigkeit
und Leichtigkeit von Wahrnehmungen, wobei auch die eigenen Körperbewegungen
und der Lidschluss des Auges wichtige Anhaltspunkte bieten. Neben
diesen eigenen Prüfmerkmalen hat der Mensch aber auch die
Möglichkeit, sich seine Wahrnehmung von anderen bestätigen
zu lassen. Auch in dieser Hinsicht sind Wahrnehmung und Erkenntnis
eine soziale Konstruktion von Wirklichkeit.
Allerdings sind sowohl die eigenen Prüfmerkmale als auch
eine soziale Bestätigung nicht immer ausreichend, um die
"Echtheit" von Wahrnehmungen zu überprüfen.
So konnte Metzger nachweisen, dass ein Schatten "echter"
wirken kann als der eigentliche schattenwerfende Gegenstand. (62)
Diese Erscheinung lässt sich beobachten, wenn ein weißer
Drahtwürfel hell angestrahlt wird und einen Schlagschatten
auf eine dicht dahinter stehende Wand wirft. Auch die soziale
Bestätigung von Wahrnehmungen ist keine Gewähr für
deren Richtigkeit. So untersuchte der US-amerikanische Soziologe
und Psychologe Solomon Elliot Asch (1907 - 1996) bereits Anfang
der 50er Jahre, inwieweit Menschen unter Gruppendruck verzerrte
Wahrnehmungen haben können. (63) Hierzu wurden der Versuchsperson
auf einem Bildschirm eine Reihe von unterschiedlich lange Linien
gezeigt, die sie jeweils vergleichen musste. An diesem Vergleich
der Linien nahmen im selben Raum mehrere andere Personen teil,
welche der Versuchsperson als weitere Versuchsteilnehmer vorgestellt
wurden, tatsächlich aber zur Forschergruppe von Asch gehörten.
Nach jedem Linienvergleich nannten alle Personen laut ihre "Wahrnehmung",
wobei die Forscher aber nach einer Weile damit begannen, gezielt
und übereinstimmend falsche Angaben zu machen. Dies führte
bei immerhin einem Drittel der eigentlichen Versuchspersonen dazu,
dass sie ihre Angaben der falschen Gruppenentscheidung anpassten.
Bei einem Teil dieser sich anpassenden Versuchspersonen fand eine
unbewusste Verzerrung der Wahrnehmung statt, während sich
andere lediglich aus Selbstzweifel (Verzerrung des Urteils) oder
sogar bewusst (Verzerrung der Handlung) der Mehrheit anglichen.
Einige Personen waren sich also über die "Echtheit"
ihrer Wahrnehmungen nicht mehr sicher und folgten daher im Zweifelsfall
der falschen Mehrheitsentscheidung.
Der US-amerikanische Soziologe William Isaac Thomas (1863 - 1947)
hatte bereits in den 30er Jahren gelehrt, dass Auffassungen über
die Wirklichkeit letztlich auf subjektive Entscheidungen des Menschen
zurückzuführen sind: "Denn sein unmittelbares
Verhalten hängt eng mit seiner Situationsdefinition zusammen,
die entweder der objektiven Wirklichkeit oder seiner subjektiven
Vorstellung entsprechen kann. [...] Wenn die Menschen
Situationen als real definieren, so sind auch ihre Folgen real."
(64) Der Mensch neigt also dazu, an einer einmal angenommenen
Konstruktion von Wirklichkeit beharrlich festzuhalten - man bezeichnet
diesen Lehrsatz heute als Thomas-Theorem.
Die Unterscheidung zwischen umweltbedingten und eingebildeten
Wahrnehmungen stellt für das kognitive System einen fließenden
Übergang dar. Trugbilder, Träume, Phantasien und Vorstellungen
können nämlich vom Gehirn unter bestimmten Bedingungen
als "echte" Wahrnehmungen aufgefasst werden und umgekehrt.
Normalerweise können wir die "Echtheit" unserer
Wahrnehmungen aber aufgrund der genannten Prüfmerkmale so
zuverlässig einschätzen, dass wir uns damit in der Umwelt
zumindest passend beziehungsweise viabel verhalten. Trugbilder,
Träume, Phantasien und Vorstellungen lassen sich nämlich
vom kognitiven System meist nur ungeplant, unbeständig und
verhältnismäßig schwierig erzeugen. Bei manchen
Geisteskrankheiten (wie bei schwerer Psychose oder Schizophrenie)
zeigt sich allerdings, dass umweltbedingte und eingebildete Wahrnehmungen
bei der Konstruktion von Wirklichkeit auch durcheinander geraten
können. Dann können Einbildungen so übermächtig
werden, dass sie für den Betroffenen nicht mehr von Umweltreizen
unterscheidbar sind und in seinem sozialen Umfeld als krankhaft
gelten. Watzlawick weist jedoch auf folgendes hin: "Das
klassische klinische Kriterion für den Grad der geistigen
Gesundheit oder Geistesgestörtheit eines Menschen ist bekanntlich
seine »Wirklichkeitsanpassung«. Damit ist aber - ebenfalls
wieder im klassischen Sinne - als selbstverständlich angenommen,
dass es eine wirkliche, objektiv erfassbare Wirklichkeit gibt."
Und an anderer Stelle: "Aber das Fehlen einer klaren Definition
von Normalität, die auf einem so anfechtbaren Grundsatz aufbaut,
macht es der Psychiatrie unmöglich, Pathologien [Geisteskrankheiten]
zu definieren. Der Spezialist jedes anderen medizinischen Faches
ist wesentlich besser dran, denn dort hat der Arzt eine weitgehend
klare Idee vom normalen Funktionieren des menschlichen Körpers
oder des betreffenden Organs." (65)
Bei geistig gesunden Menschen sind die Prüfmerkmale für
Wahrnehmungen jedoch recht zuverlässig und darüber hinaus
auch auf andere Bereiche der kognitiven Ordnungsbildung anwendbar.
Kruse und Stadler vergleichen die Wirklichkeitskriterien daher
mit den Gestaltgesetzen, die ebenfalls nicht nur für Wahrnehmungen
gelten: "Ebenso wie Gestaltgesetze in ihrer Gültigkeit
nicht auf den Bereich der Wahrnehmung beschränkt sind, kann
auch den Wirklichkeitskriterien in allen kognitiven Funktionen
Wirksamkeit unterstellt werden. Für das Gedächtnis ist
diese Wirksamkeit bereits umfassender empirisch überprüft,
da hier der Gedanke der Konstruktivität weniger absurd erscheint
und damit die Frage nach der Bestimmung des Wirklichkeitsgehaltes
einer Erinnerung auch unabhängig von der radikal konstruktivistischen
Position von vornherein plausibel war. Ob eine Erinnerung auf
einen "realen" Sachverhalt zurückgeht oder der
eigenen Vorstellung entspringt, ist frag-würdiger als der
Wirklichkeitsgehalt einer Wahrnehmung." (66) Die Prüfmerkmale
für Wahrnehmungen gelten also grundsätzlich auch für
die dynamische Ordnungsbildung des menschlichen Gedächtnisses,
wenngleich in abgeschwächter Form.
3.
Zusammenfassung
In
diesem Text wurden natur- und geisteswissenschaftliche Ansätze
des Konstruktivismus vorgestellt. Es wurde dargelegt, dass bereits
die Kybernetik die Autonomie und Selbstorganisation von technischen,
lebenden und sozialen Systemen betonte. In der Kognitionsbiologie
wurde das Modell der Autopoiese entwickelt, um auch die Selbsterzeugung
und Selbsterhaltung von lebenden Systemen (einschließlich
ihrer Untersysteme) berücksichtigen zu können.
Demnach sind autopoietische Systeme trotz ihrer strukturellen,
organisationellen, operationellen sowie informationellen Geschlossenheit
materiell und energetisch offen - und somit an ihre Umwelt gekoppelt.
In diesem Zusammenhang wurde die darwinistische Auffassung von
einer "Anpassung" des Lebens an die Umwelt durch die
Begriffe des "natürlichen Driftens" und der "Viabilität"
abgelöst. Lebewesen und Umwelt beeinflussen sich hierbei
gegenseitig (Ko-Evolution). Das Modell der Autopoiese gilt auch
für kognitive Systeme, da diese als Untersystem zur Erhaltung
des gesamten lebenden Systems beitragen. Ein kognitives System
umfasst dabei die Gesamtheit von Wahrnehmungsorganen (äußere
Sinnesorgane und körperinnere Sinneszellen) und Nervensystem
(Gehirn, Rückenmark und Nerven); der Begriff "Kognition"
beinhaltet sämtliche geistigen Leistungen des Systems (wie
Wahrnehmungen, Erinnerungen, Planungen, Gedanken, Gefühle).
Die Arbeit des kognitiven Systems organisiert sich im Rahmen einer
dynamischen Ordnungsbildung selbst, ähnlich wie dies auch
für die Entstehung und Entwicklung von lebenden Systemen
insgesamt gilt. Ob ein Reiz eine optische, akustische oder taktile
Erregungsursache hat, bestimmt das Gehirn allein aufgrund eigener
Regeln; der Umgang mit Umweltreizen und die Schaffung von Bedeutung
sind derselbe Vorgang. Überdies sind für das Gehirn
äußere und systeminnere Erregungen grundsätzlich
nicht unterscheidbar, wenngleich dessen Prüfmerkmale für
die Wahrnehmung recht zuverlässig sind. Der Konstruktivismus
unterscheidet in diesem Zusammenhang zwischen einer Beobachtung
erster Ordnung (Wahrnehmung aus Sicht des kognitiven Systems)
und einer Beobachtung zweiter Ordnung (Wahrnehmung außerhalb
des Systems). Wegen der Geschlossenheit, Autonomie und gleichförmigen
Sprache des kognitiven Systems, muss seine Arbeit als Schaffung
und Deutung von Konstruktionen von Wirklichkeit angesehen werden.
Diese dynamische Ordnungsbildung wird auch durch die Ergebnisse
der Entwicklungs- und der Wahrnehmungspsychologie bestätigt:
Demnach organisiert sich das kognitive System mit Hilfe von Schemata
und Gestaltgesetzen nach eigenen Regeln. Die Konstruktion von
Wirklichkeit ist immer ein sozialer Vorgang, denn der Mensch wird
bei seiner Einordnung in die Gemeinschaft (Sozialisation) an soziale
Systeme gekoppelt und konstruiert dort mit anderen Wirklichkeiten.
Die soziale Kopplung erfolgt durch Kommunikation, durch die Menschen
einander orientieren (Koordination), ihr Verhalten miteinander
abstimmen (Kooperation), Übereinstimmung schaffen (Konsens)
und Gewohnheit bilden (Konvention).
Im Zusammenhang mit der Kognitionsbiologie wurde bereits erläutert,
wie die Begriffe "Wahrnehmung" und "Beobachtung"
sowie "Erkenntnis" und "Wissen" zu verstehen
sind. Außerdem wurde beschrieben, was die Begriffe "Konstruktion"
und "Wirklichkeit" bedeuten. Daraus abgeleitet handelt
es sich bei einer "Wirklichkeitskonstruktion" somit
um die Schaffung von Wahrnehmung und Erkenntnis über die
unzugängliche Wirklichkeit durch ein kognitives System.
Kritik
am erkenntnistheoretischen Konstruktivismus:
Seine Verfechter sehen sich jedoch einer Reihe von Einwänden
der Anhänger des erkenntnistheoretischen Realismus gegenüber.
Jedoch gewinnt man den Eindruck, dass sich diese Kritiker meist
nur oberflächlich mit dem Konstruktivismus beschäftigen.
Eine anerkennenswerte Ausnahme bildet die Arbeit der Psychologen
und der Psychologin Burkhard Freitag, Norbert Groeben, Ralf Nüse
und Margrit Schreier. (67) Sie weisen zunächst nach, dass
konstruktivistische Standpunkte oft schwer verständlich und
unklar formuliert sind. Auf dieser Grundlage kommen sie zu dem
ausführlich begründeten Ergebnis, dass der Konstruktivismus
insgesamt nicht schlüssig, unzulänglich und sogar überflüssig
ist. Eine derart umfassende Begründung kann hier nicht im
Einzelnen erörtert und widerlegt werden. (68) Daher sei hier
nur knapp entgegnet, dass Freitag, Groeben, Nüse und Schreier
zahlreiche konstruktivistische Auffassungen unzulänglich
darlegen und dementsprechend zu Fehlurteilen kommen. Dies gilt
vor allem für ihre Ausführungen zur Autonomie autopoietischer
Systeme, zur Geschlossenheit lebender und kognitiver Systeme,
zur Viabilität von Umweltorientierungen, zur sozialen Konstruktion
von Wirklichkeit sowie zur Beobachtung erster und zweiter Ordnung.
Darüber hinaus stellen sie aber auch Aussagen von Vertretern
des Konstruktivismus in einen sinnwidrigen Zusammenhang, so dass
diese Zitate ein falscher Eindruck geben. Beispielsweise zitieren
sie von Glasersfeld mit den scheinbar widersprüchlichen Äußerungen,
wonach der Konstruktivismus die Wirklichkeit "ausschließe"
beziehungsweise "nicht verleugne". (69) Er macht die
erste Aussage jedoch mit Bezug auf Erkenntnistheorie (also gewissermaßen
als Beobachter zweiter Ordnung) und das zweite Zitat im Zusammenhang
mit Gedächtnis und Wahrnehmung (sozusagen als Beobachter
erster Ordnung).
Von allen Kritikpunkten ist jener Einwand am scharfsinnigsten,
wonach der Konstruktivismus sich selbst widerspreche und somit
selbst aufhebe. (70) Er komme nämlich aufgrund empirischer
Ergebnisse (beispielsweise der Kognitionsbiologie oder Psychologie)
zu der Schlussfolgerung, dass die Wirklichkeit nicht erkennbar
sei, sondern konstruiert werde. Damit, so der Einwand, sei der
Konstruktivismus jedoch für die Erkenntnisforschung empirisch
wertlos, denn somit sei auch seine Wirklichkeitsnähe nicht
überprüfbar. Schmidt erläutert jedoch: "Dieser
Einwand [...] verfängt deshalb nicht, weil er mit
einer realistischen Auffassung des Konzepts >empirische Theorie<
bzw. >empirisches Wissen< arbeitet. Demgemäß
sind Theorien formale Strukturen, die Wirklichkeit deskribieren
[beschreiben] und ihre wahren Strukturen allmählich
approximieren [annäherungsweise bestimmen]." (71)
Aus Sicht des Konstruktivismus sind Theorien und Erkenntnisse
dagegen lediglich Bestandteil von in sozialen Systemen (wie Wissenschaft,
Rechtswesen, Journalismus) konstruierten Wirklichkeiten. Hierbei
schützt auch eine anerkannte und vereinheitlichte Vorgehensweise
("Objektivität") das jeweilige soziale System nicht
vor Irrtümern. Entscheidend ist vielmehr, dass sich eine
Theorie als passend beziehungsweise viabel herausstellt - und
dies gilt natürlich auch für den erkenntnistheoretischen
Konstruktivismus, der sich insofern auf sich selbst bezieht und
sich seinen eigenen Forderungen unterwirft.
Dennoch wird seinen Anhängern oft vorgeworfen, der Konstruktivismus
erhebe (auch für den Journalismus) einen radikalen und absolut(istisch)en
Anspruch auf Wahrheit. (72) So kritisiert der Journalist und freie
Publizist Hermann Boventer, dass der Konstruktivismus "mit
dem Anspruch einer "kopernikanischen Wende" [ein
auf Immanuel Kant zurückgehender Begriff (73)] auftritt".
Und der schweizerische Publizistikwissenschaftler Ulrich Saxer
beschreibt ihn "als eine imperiale Theorie",
welche "nur die eigene Wissenschaftstheorie als argumentativen
Fechtboden anerkennt." (74) Allerdings kann man im Gegenzug
auch den Vertretern des erkenntnistheoretischen Realismus vorwerfen,
mit "imperialem" Anspruch und "ptolemäischer"
Beharrlichkeit auf ihrem vertrauten "Fechtboden" zu
bestehen. Dies zeigt schon das Missverständnis auf Seiten
des Realismus, der häufig Beobachtungen erster und zweiter
Ordnung miteinander vermengt - also gewissermaßen Erkenntnispraxis
und Erkenntnistheorie. Natürlich erlebt ein Beobachter erster
Ordnung seine Umwelt normalerweise als "wirklich", denn
er kann sich in ihr passend beziehungsweise viabel verhalten (Erkenntnispraxis).
In diesem Sinn ist Wahrnehmung eine "Für-wahr-Nehmung".
Soweit sich diese realistischen Modelle (zum Beispiel der Wissenschaft)
bewähren, hat der Konstruktivismus nichts gegen sie einzuwenden.
Ein außenstehender Beobachter zweiter Ordnung fragt sich
jedoch, wie der Mensch die "wirkliche" Welt erkennen
soll, wenn er seine Wahrnehmungen immer nur mit eigenen Wahrnehmungen
vergleichen kann (Erkenntnistheorie). Dies führt konsequenterweise
zu der Auffassung, dass Wahrnehmung und Erkenntnis keine Aufnahme
und Verarbeitung von Informationen über die Wirklichkeit
sind, sondern eine Schaffung und Deutung von Konstruktionen von
Wirklichkeit. Hierbei gilt die Radikalität des Konstruktivismus
aber nur für dessen erkenntnistheoretisches Vorgehen, nämlich
bei der strikten Anwendung von Ergebnissen der Kybernetik, Kognitionsbiologie,
Entwicklungs- und Wahrnehmungspsychologie. Es wird aber kein absoluter
Wahrheitsanspruch vertreten, denn der Konstruktivismus fordert
sogar zur Toleranz gegenüber anderen Wirklichkeitsauffassungen
auf. Statt dessen steht der Anspruch auf eine allgemein gültige
Wahrheit sogar eher in der Tradition des Realismus, denn die Geschichte
enthält zahllose Beispiele für gewaltsam durchgesetzte
"Wahrheiten".
Gelegentlich wird auch der Einwand erhoben, dass der Konstruktivismus
das Bestehen einer tatsächlichen Welt leugne. (75) Wenn der
Konstruktivismus unsere Weltbilder als Konstruktionen auffasst,
heißt das jedoch nicht, dass er das Vorhandensein einer
tatsächlichen Welt bestreitet. Es bedeutet lediglich, dass
wir nie sicher sein können, wie die "wirkliche"
Welt "tatsächlich" ist. Im Zusammenhang mit der
Kognitionsbiologie wurde bereits geschildert, dass sich die kognitive
Autonomie und die Umweltorientierung von lebenden Systemen nicht
ausschließen. Die "wirklichen" Bedingungen unserer
Umwelt sind im Grunde sogar unwichtig, solange unser Verhalten
in dieser Umwelt passend beziehungsweise viabel ist. Für
alle (auch für Konstruktivisten) gilt nämlich das, wofür
hier der Begriff "Omnibus-Effekt" eingeführt wird:
(76) Wer die Welt in Form eines heranrasenden Omnibusses missachtet
und trotzdem die Fahrbahn betritt, wird in der Regel überfahren!
Der Versuch ohne Rücksicht auf die Umwelt zu überleben,
ist also nach dem bisherigen Wissensstand der Menschheit nicht
viabel.
Ein Missverständnis ist auch der häufig zu findende
Vorwurf, dass der Konstruktivismus eine schrankenlose Beliebigkeit
von Wirklichkeitsauffassungen zur Folge habe. (77) Laut dieser
Kritik führt die Autonomie der Wirklichkeitskonstruktionen
dazu, dass jeder Mensch seine Wahrnehmungen, sein Verhalten und
seine Moralvorstellungen frei festlegen könne. Beispielsweise
bedeute dies auf die Medien bezogen, dass Journalisten und Journalistinnen
ihre beruflichen Objektivitätsnormen zugunsten von persönlicher
Willkür aufgeben dürften. Der Konstruktivismus rechtfertigt
jedoch keineswegs kognitive, sachliche oder ethische Beliebigkeit.
Die menschliche Kognition ist nämlich an die Regeln der Selbstorganisation
des kognitiven Systems gebunden (wie Schemata oder Gestaltgesetze),
und das Verhalten des Menschen hängt von seiner Viabilität
in der Umwelt ab ("Omnibus-Effekt"). Der Konstruktivismus
kann gleichfalls nicht als Vorwand für ethische Willkür
missverstanden oder missbraucht werden. Er führt vielmehr
zwingend zur Forderung nach Toleranz und Verantwortlichkeit. Watzlawick
fasst dies wie folgt zusammen: "Aus der Idee des Konstruktivismus
ergeben sich zwei Konsequenzen. Erstens die Toleranz für
die Wirklichkeiten anderer - denn dann haben die Wirklichkeiten
anderer genausoviel Berechtigung als meine eigene. Zweitens ein
Gefühl der absoluten Verantwortlichkeit. Denn wenn ich glaube,
dass ich meine eigene Wirklichkeit herstelle, bin ich für
diese Wirklichkeit verantwortlich, kann ich sie nicht jemandem
anderen in die Schuhe schieben." (78) Die ethischen
Fragen von Wirklichkeitsauffassungen werden vom Konstruktivismus
also sogar aufgedeckt, während mit der Tradition des Realismus
eher der Anspruch auf allgemein gültige Moralvorstellungen
verbunden ist. Der Konstruktivismus eröffnet somit auch dem
Journalismus eine neue erkenntnistheoretische Grundlage zur Bewahrung
von beruflichen Objektivitätsnormen.
Ein weiterer Vorwurf gegen den Konstruktivismus lautet, dass er
sich nur auf den einzelnen Menschen konzentriere und dessen Einbindung
in soziale Systeme vernachlässige. (79) Der Konstruktivismus
betrachte kognitive und soziale Vorgänge isoliert und sei
durch seine Überbetonung von Individualität auch nicht
als Modell für die Massenkommunikation geeignet. Dies trifft
aber nicht zu, weil der Konstruktivismus den Menschen keineswegs
als beziehungslosen Einzelgänger ansieht. Statt dessen sind
Wirklichkeitskonstruktionen gleichzeitig auch immer soziale Konstruktionen,
die nur gemeinsam mit anderen möglich sind. Der Mensch konstruiert
seine Wirklichkeit also subjektabhängig - aber nicht subjektiv
für sich allein, sondern sozial mit anderen. Mit Hilfe des
Konstruktivismus kann also das grundsätzliche theoretische
Problem der Verknüpfung von kognitiver und sozialer Ebene
gelöst werden. In diesem Zusammenhang hat Kommunikation die
Aufgabe, die Vorgänge in der Gemeinschaft aufeinander abzustimmen,
und diese Aufgabe schließt auch Massenkommunikation ein.
Schmidt schreibt daher: "Menschliche Betrachter sind
soziale Wesen, d.h. in erster Linie: kommunizierende Gesellschaftsmitglieder,
die Sprache als soziales Instrument der Verhaltenskoordinierung
einsetzen (womit - fast trivialerweise - jede strikte Entgegensetzung
von Individuum und Gesellschaft obsolet [hinfällig]
wird)." (80)
Durch die genannten Begründungen ist auch der verbreitete
Einwand ausgeräumt, dass der Konstruktivismus in der Geschichte
der Erkenntnistheorie nichts Neues biete und nur bekannte Auffassungen
wiederhole. (81) Er steht zwar philosophisch in der Tradition
des Skeptizismus, entwickelte sich aber vor allem aus den Ergebnissen
der Kognitionsbiologie und Psychologie. Der Konstruktivismus lässt
sich keinem akademischen, methodischen oder radikalen Skeptizismus
zurechnen und ist daher auch kein Idealismus (wonach die Welt
vom Geist geprägt wird) oder Solipsismus (wonach es die Welt
nur im eigenen Bewusstsein gibt). Er leugnet nämlich nicht
das Bestehen einer vom Bewusstsein unabhängigen Welt, sondern
betont lediglich, dass über diese Welt keine vom Bewusstsein
unabhängigen Aussagen möglich sind. Der Konstruktivismus
fragt daher überwiegend wie wir wahrnehmen und erkennen,
nicht was - er beschäftigt sich somit hauptsächlich
mit dem Wissen und nicht mit dem Sein. Darüber hinaus werden
vom Solipsismus auch Beobachtungen erster und zweiter Ordnung
miteinander vermengt. Maturana betont in diesem Zusammenhang,
"[...] dass Kognition biologisch als subjektabhängiger
Prozess konstituiert [geschaffen] werden muss, und dass
Solipsismus als Problem erst dann entsteht, wenn wir darauf bestehen,
von einem subjektabhängigen kognitiven Bereich die Eigenschaften
subjektunabhängiger kognitiver Bereiche zu fordern."
(82) Während der Solipsismus und ähnliche skeptizistische
Formen also in eine erkenntnistheoretische Sackgasse führen,
bietet der Konstruktivismus einen vielversprechenden Gegenentwurf
zum unergiebigen Realismus. Er bringt nämlich die bislang
getrennt betrachteten Ergebnisse aus unterschiedlichen Bereichen
der Kognitionsforschung (wie Neurobiologie und Psychologie) in
eine schlüssige erkenntnistheoretische Ordnung. Dabei bezieht
der Konstruktivismus beispielsweise auch Trugbilder und kognitive
Paradoxien (wie optische Täuschungen, Kippbilder und "unmögliche"
Figuren) mit ein, die vom Realismus ausgeklammert werden. Er eröffnet
somit ein insgesamt neues Verständnis von Wahrnehmung und
Erkenntnis, denn er versteht beides nicht als Annäherung
an die Wirklichkeit, sondern als Schaffung und Deutung von Konstruktionen
der Wirklichkeit.
Pragmatischer
Konstruktivismus:
Bereits Hume hatte gelehrt, dass das menschliche Wissen lediglich
ein im Leben bewährter Behelf sei und von Glasersfeld schreibt:
"In der Naturgeschichte ist Unzulänglichkeit ausnahmslos
tödlich; Philosophen hingegen sterben nur sehr selten an
der Unzulänglichkeit ihrer Ideen." (83) Im Gegensatz
zu Lebewesen, sollten Theorien (wie Realismus oder Konstruktivismus)
jedoch nicht nur ihre quantitative Viabilität in der Umwelt
zeigen, sondern auch ihre qualitative Nützlichkeit für
die Gesellschaft. Schmidt betont daher: "Zwischen alternativen
Konstrukten kann nur die Praxis entscheiden: Welches Konstrukt
passt besser? Welches nützt mehr? Der Nutzen unseres Wissens
für Problemlösungen ist mithin der entscheidende Faktor,
nicht die Wahrheit dieses Wissens." (84) Jeder neue
erkenntnistheoretische Ansatz muss also gegenüber bisherigen
Theorien seine Viabilität und Nützlichkeit beweisen,
weshalb auch jeder konstruktivistische Ansatz ein "pragmatischer
(zweckorientierter) Konstruktivismus" sein muss.
Dieser "zweckorientierte Konstruktivismus" steht zwar
in der langen Tradition pragmatischer Denkrichtungen innerhalb
der westlichen Philosophie, (85) lässt sich aber keiner dieser
Richtungen zuordnen. Dies ist darauf zurückzuführen,
dass sich sein erkenntnistheoretischer Ansatz trotz philosophischer
Einflüsse nicht aus der Philosophie herleitet, sondern vielmehr
aus den Forschungsergebnissen von Kognitionsbiologie und Psychologie
entstanden ist. Der Realismus kann menschliche Kognition, aber
auch Kommunikation nur unzulänglich beschreiben. Dagegen
bietet ein pragmatischer Konstruktivismus für Kognitions-
und für Kommunikationsvorgänge schlüssige Erklärungen.
Darüber hinaus berücksichtigt der Konstruktivismus auch
die ethischen Gesichtspunkte von Kommunikation und Nachrichten,
denn nach seinem Verständnis dient Wissenschaft nicht der
Wahrheitsfindung, sondern der Problemlösung. Er bietet somit
auch eine erkenntnistheoretische Grundlage, um ethische Fragen
im Journalismus zu erörtern und sich mit den beruflichen
Maßstäben von Journalisten auseinander zu setzen. Watzlawick
fasst diese Ansätze des Konstruktivismus dementsprechend
wie folgt zusammen: "Ich behaupte, wenn es Menschen gäbe,
die wirklich zu der Einsicht durchbrächen, dass sie die Konstrukteure
ihrer eigenen Wirklichkeit sind, würden sich diese Menschen
durch drei besondere Eigenschaften auszeichnen. Sie wären
erstens frei, denn wer weiß, dass er sich seine eigene Wirklichkeit
schafft, kann sie jederzeit auch anders schaffen. Zweitens wäre
dieser Mensch im tiefsten ethischen Sinn verantwortlich, denn
wer tatsächlich begriffen hat, dass er der Konstrukteur seiner
eigenen Wirklichkeit ist, dem steht das bequeme Ausweichen in
Sachzwänge und in die Schuld der anderen nicht mehr offen.
Und drittens wäre ein solcher Mensch im tiefsten Sinne konziliant."
(86)
Fußnoten
(1)
Vgl. zu Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen Erlanger Konstruktivismus
und Radikalem Konstruktivismus Peter Janich: Die methodische Ordnung
von Konstruktionen. Der Radikale Konstruktivismus aus der Sicht
des Erlanger Konstruktivismus. in: Siegfried Johannes Schmidt
(Hg.): Kognition und Gesellschaft. Der Diskurs des Radikalen Konstruktivismus
2. Frankfurt/Main 1992, S. 24 ff.
(2) Siehe Paul Watzlawick / Kreuzer, Franz: Die Unsicherheit unserer
Wirklichkeit. Ein Gespräch über den Konstruktivismus.
München 1988, S. 9 - Vgl. hierzu auch Paul Watzlawick: Vorwort.
in: Derselbe (Hg.): Die erfundene Wirklichkeit. Wie wissen wir,
was wir zu wissen glauben? Beiträge zum Konstruktivismus.
München 1991, 7. Auflage, S. 10
(3) Vgl. Siegfried Johannes Schmidt: Selbstorganisation, Wirklichkeit,
Verantwortung. Der wissenschaftliche Konstruktivismus als Erkenntnistheorie
und Lebenslauf. LUMIS-Schriften, Band 9, Siegen 1986
(4) Vgl. Deutsches Institut für Fernstudien, DIFF (Hg.):
Medien und Kommunikation. Konstruktionen von Wirklichkeit. Funkkolleg,
zwölf Studienbriefe mit 30 Studieneinheiten, Weinheim / Basel
1990/91; Ernst von Glasersfeld: Wissen, Sprache und Wirklichkeit.
Arbeiten zum radikalen Konstruktivismus. Schriften zur Wissenschaftstheorie,
Wissenschaft und Philosophie, Band 24, Braunschweig 1987; Ernst
von Glasersfeld: Einführung in den radikalen Konstruktivismus.
in: Paul Watzlawick (Hg.): Die erfundene Wirklichkeit. Wie wissen
wir, was wir zu wissen glauben? Beiträge zum Konstruktivismus.
München 1991, 7. Auflage, S. 16 ff.; Ernst von Glasersfeld:
Radikaler Konstruktivismus. Ideen, Ergebnisse, Probleme. Frankfurt/Main
1996; Peter Kruse / Stadler, Michael: Radikaler Konstruktivismus.
Psychologische Überlegungen zu einem philosophischen Zweifel.
in: Bericht über den 35. Kongreß der Deutschen Gesellschaft
für Psychologie in Heidelberg 1986, Band 2, Göttingen
1987, S. 199 ff.; Klaus Merten / Schmidt, Siegfried Johannes /
Weischenberg, Siegfried (Hg.): Die Wirklichkeit der Medien. Eine
Einführung in die Kommunikationswissenschaft. Opladen 1994;
Ralf Nüse / Groeben, Norbert u.a.: Über die Erfindung/en
des radikalen Konstruktivismus. Kritische Gegenargumente aus psychologischer
Sicht. Weinheim 1991; Siegfried Johannes Schmidt (Hg.): Der Diskurs
des Radikalen Konstruktivismus. Frankfurt/Main 1992, 5. Auflage;
Siegfried Johannes Schmidt (Hg.): Kognition und Gesellschaft.
Der Diskurs des Radikalen Konstruktivismus 2. Frankfurt/Main 1992;
Siegfried Johannes Schmidt: Zur Ideengeschichte des Radikalen
Konstruktivismus. in: Ernst Florey / Breidbach, Olaf (Hg.): Das
Gehirn - Organ der Seele? Zur Ideengeschichte der Neurobiologie.
Berlin 1993, S. 327 ff.
(5) Vgl. Niklas Luhmann: Wie lassen sich latente Strukturen beobachten?
in: Paul Watzlawick / Krieg, Peter (Hg.): Das Auge des Betrachters.
Beiträge zum Konstruktivismus. Festschrift für Heinz
von Foerster, München 1991, S. 68 und 73; Niklas Luhmann:
Die Realität der Massenmedien. Nordrhein-Westfälische
Akademie der Wissenschaften, Vorträge, Band G 333, Opladen
1995, S. 9 und 69 f.; Niklas Luhmann: Die Realität der Massenmedien.
Opladen 1996, erweiterte 2. Auflage, S. 17 ff. und 162 f.
(6) Vgl. Ewald Johannes Brunner: Vom radikalen Konstruktivismus
zum Kritischen Konstruktivismus. Diskussion der Beiträge
des Themenheftes. in: Zeitschrift für systemische Therapie,
6. Jg., Heft 2, Meyn, April 1988, S. 137 ff.
(7) Zit.n.: Alan Musgrave: Alltagswissen, Wissenschaft und Skeptizismus.
Eine historische Einführung in die Erkenntnistheorie. Tübingen
1993, S. 26
(8) Vgl. Kurt Wuchterl: Lehrbuch der Philosophie. Probleme, Grundbegriffe,
Einsichten. Bern 1986, 2. Auflage, S. 83 - Vgl. für eine
ähnliche Unterscheidung Alan Musgrave: Alltagswissen, Wissenschaft
und Skeptizismus... a.a.O., S. 19 ff. und 198 ff.
(9) Siehe Humberto Romecin Maturana: Erkennen. Die Organisation
und Verkörperung von Wirklichkeit. Schriften zur Wissenschaftstheorie,
Wissenschaft und Philosophie, Band 19, Braunschweig 1985, 2. Auflage,
S. 269 und wörtlich auch Humberto Romecin Maturana: Biologie
der Realität. Frankfurt/Main 1998, S. 141
(10) Siehe Norbert Wiener: Kybernetik. Regelung und Nachrichtenübertragung
in Lebewesen und Maschine. Reinbek 1968, 2. Auflage, erstmals
Cambridge (Mass.) 1948, S. 32
(11) Siehe ebenda, S. 28
(12) Vgl. Bernd-Olaf Küppers: Der Ursprung biologischer Information.
Zur Naturphilosophie der Lebensentstehung. München 1986;
Bernd-Olaf Küppers: Zur Selbstorganisation informationstragender
Systeme. in: Günter Altner (Hg.): Die Welt als offenes System.
Eine Kontroverse um das Werk von Ilya Prigogine. Frankfurt/Main
1986, S. 70 ff.; Bernd-Olaf Küppers (Hg.): Leben = Physik
+ Chemie? Das Lebendige aus der Sicht bedeutender Physiker. Ein
Lesebuch. München 1987; Bernd-Olaf Küppers (Hg.): Ordnung
aus dem Chaos. Prinzipien der Selbstorganisation und Evolution
des Lebens. Frankfurt/Main 1987
(13) Siehe Bernd-Olaf Küppers: Der Ursprung biologischer
Information... a.a.O., S. 18 sowie S. 21
(14) Siehe Bernd-Olaf Küppers: Inwieweit lassen sich die
Lebenserscheinungen physikalisch-chemisch erklären! in: Derselbe
(Hg.): Leben = Physik + Chemie? Das Lebendige aus der Sicht bedeutender
Physiker. Ein Lesebuch. München 1987, S. 15
(15) Vgl. Bernd-Olaf Küppers: Der Ursprung biologischer Information...
a.a.O., S. 28 f.; Ute Bertrand / Hüchtker, Ingrid: "Informationsmuster
Leben". Das Zusammenwirken von Bio- und Informationstechnologien.
unveröffentlichte Diplomarbeit, drei Bände, Band 3,
Studiengang Journalistik, Universität Dortmund 1991, S. 107
(16) Siehe Bernd-Olaf Küppers: Inwieweit lassen sich die
Lebenserscheinungen... a.a.O., S. 17
(17) Vgl. ebenda, S. 23
(18) Vgl. zu den folgenden Ausführungen über Autopoiese
Klaus Beck: Medien und soziale Konstruktion von Zeit. Über
die Vermittlung von gesellschaftlicher Zeitordnung und sozialem
Zeitbewußtsein. Doktorarbeit, Opladen 1994, S. 29 f.; Reimund
Böse / Schiepek, Günter (Hg.): Systemische Theorie und
Therapie. Ein Handwörterbuch. Heidelberg 1989, S. 23 ff.;
Hans Rudi Fischer: Murphys Geist oder die glücklich abhanden
gekommene Welt. Zur Einführung in die Theorie autopoietischer
Systeme. in: Derselbe (Hg.): Autopoiesis. Eine Theorie im Brennpunkt
der Kritik. Reihe Systemische Perspektiven, Band 2, Heidelberg
1991, S. 9 ff.; Humberto Romecin Maturana: Erkennen... a.a.O.,
S. 157 ff.; Humberto Romecin Maturana: Kognition. in: Siegfried
Johannes Schmidt (Hg.): Der Diskurs des Radikalen Konstruktivismus.
Frankfurt/Main 1992, 5. Auflage, S. 94 ff.; Humberto Romecin Maturana:
Was ist erkennen? München 1994, S. 73 ff. und 154 ff.; Humberto
Romecin Maturana: Biologie der Realität... a.a.O., S. 106
ff. und 181 ff.; Humberto Romecin Maturana / Varela, Francisco
J.: Der Baum der Erkenntnis... a.a.O., S. 50 ff.; Gerhard Heik
Portele: Der Mensch ist kein Wägelchen. Gestaltpsychologie,
Gestalttheorie, Selbstorganisation, Konstruktivismus. Köln
1992, S. 17 ff.; Volker Riegas / Vetter, Christian: Gespräch
mit Humberto R. Maturana. in: Dieselben (Hg): Zur Biologie der
Kognition. Ein Gespräch mit Humberto R. Maturana und Beiträge
zur Diskussion seines Werkes. Frankfurt/Main 1993, 3. Auflage,
S. 35 ff.; Gerhard Roth: Selbstorganisation - Selbsterhaltung
- Selbstreferentialität. Prinzipien der Organisation der
Lebewesen und ihre Folgen für die Beziehung zwischen Organismus
und Umwelt. in: Andreas Dress / Hendrichs, Hubert / Küppers,
Günter (Hg.): Selbstorganisation. Die Entstehung von Ordnung
in Natur und Gesellschaft. München 1986, S. 153 ff.; Gerhard
Roth: Autopoiese und Kognition. Die Theorie H. R. Maturanas und
die Notwendigkeit ihrer Weiterentwicklung. in: Siegfried Johannes
Schmidt (Hg.): Der Diskurs des Radikalen Konstruktivismus. Frankfurt/Main
1992, 5. Auflage, S. 258 ff.; Gebhard Rusch: Verstehen verstehen.
Ein Versuch aus konstruktivistischer Sicht. in: Niklas Luhmann
/ Schorr, Karl Eberhard (Hg.): Zwischen Intransparenz und Verstehen.
Fragen an die Pädagogik. Frankfurt/Main 1986, S. 45 ff.;
Gebhard Rusch: Erkenntnis, Wissenschaft, Geschichte. Von einem
konstruktivistischen Standpunkt. Frankfurt/Main 1987, 42 ff.;
Siegfried Johannes Schmidt: Der Radikale Konstruktivismus. Ein
neues Paradigma im interdisziplinären Diskurs. in: Derselbe
(Hg.): Der Diskurs des Radikalen Konstruktivismus. Frankfurt/Main
1992, 5. Auflage, S. 21 ff.; Lynn Segal: Das 18. Kamel oder Die
Welt als Erfindung. Zum Konstruktivismus Heinz von Foersters.
München 1988, S. 186 ff.; Francisco J. Varela: Autonomie
und Autopoiese. in: Siegfried Johannes Schmidt (Hg.): Der Diskurs
des Radikalen Konstruktivismus. Frankfurt/Main 1992, 5. Auflage,
S. 119 ff.
(19) Darüber hinaus gibt es autopoietische Systeme auch unabhängig
von Lebewesen, wie bei der Kernreaktion im Inneren der Sonne oder
beim katalytischen Hyperzyklus in der präbiotischen Chemie.
(20) Siehe Humberto Romecin Maturana: Erkennen... a.a.O., S. 159
und auch wörtlich Humberto Romecin Maturana / Varela, Francisco
J.: Der Baum der Erkenntnis... a.a.O., S. 50
(21) Siehe Charles Robert Darwin: Die Abstammung des Menschen.
Dreieich 1986, S. IV, Neudruck, erstmals London 1871
(22) Vgl. zu den vom Darwinismus abweichenden Gesichtspunkten
der Evolutionstheorie beispielsweise Robert Axelrod: Die Evolution
der Kooperation. München 1987; Reimund Böse / Schiepek,
Günter (Hg.): Systemische Theorie und Therapie... a.a.O.,
S. 68 ff.; Jack Cohen / Stewart, Ian: Chaos und Anti-Chaos. Ein
Ausblick auf die Wissenschaft des 21. Jahrhunderts. München
1997, S. 395 ff.; Manfred Eigen: Perspektiven der Wissenschaft.
Jenseits von Ideologie und Wunschdenken. Stuttgart 1988, S. 130
ff.; Manfred Eigen: Phasensprünge. in: Guido Kurth (Hg.):
Die Würfelspiele Gottes. Neue Erkenntnisse in den Naturwissenschaften.
München 1994, S. 223 ff.; Peter [Pjotr! Aleksejewitsch] Kropotkin:
Gegenseitige Hilfe in der Tier- und Menschenwelt. Leipzig 1908;
Josef H. Reichholf: Wo Darwin irrte. zehn Teile, in: natur Magazin,
o.Jg., Heft 3 - 12, München, März - Dezember 1992; Josef
H. Reichholf: Der schöpferische Impuls. Eine neue Sicht der
Evolution. Stuttgart 1992; Gerhard Roth: Selbstorganisation -
Selbsterhaltung - Selbstreferentialität..., S. 163 ff.; Karl
Sigmund: Spielpläne. Zufall, Chaos und die Strategien der
Evolution. Hamburg 1995, S. 279 ff.; Frans de Waal: Wilde Diplomaten.
Versöhnung und Entspannungspolitik bei Affen und Menschen.
München 1991; Robert Gale Wesson: Die unberechenbare Ordnung.
Chaos, Zufall und Auslese in der Natur. München 1991; Robert
Gale Wesson: Die Dynamik der Evolution. in: Guido Kurth (Hg.):
Die Würfelspiele Gottes. Neue Erkenntnisse in den Naturwissenschaften.
München 1994, S. 245 ff.; Franz M. Wuketis: Evolutionstheorien.
Dimensionen der modernen Biologie, Band 7, Darmstadt 1988
(23) Vgl. zu den folgenden Ausführungen über Viabilität
und natürliches Driften Ernst von Glasersfeld: Konstruktion
der Wirklichkeit und des Begriffs der Objektivität. in: Heinz
Gumin / Mohler, Armin (Hg.): Einführung in den Konstruktivismus.
Schriften der Carl-Friedrich-von-Siemens-Stiftung, Band 10, München
1985, S. 13 ff.; Ernst von Glasersfeld: Die Begriffe der Anpassung
und Viabilität in einer radikal konstruktivistischen Erkenntnistheorie.
in: Derselbe: Wissen, Sprache und Wirklichkeit. Arbeiten zum radikalen
Konstruktivismus. Schriften zur Wissenschaftstheorie, Wissenschaft
und Philosophie, Band 24, Braunschweig 1987, S. 137 ff.; Ernst
von Glasersfeld: Einführung in den radikalen Konstruktivismus...
a.a.O., S. 18 ff.; Ernst von Glasersfeld: Wege des Wissens. Konstruktivistische
Erkundungen durch unser Denken. Heidelberg 1997, S. 50 und 58
ff.; Humberto Romecin Maturana: Erkennen... a.a.O., S. 37 f. und
206 ff.; Humberto Romecin Maturana: Biologie der Realität...
a.a.O., S. 174 ff. und 186 ff.; Humberto Romecin Maturana / Varela,
Francisco J.: Der Baum der Erkenntnis... a.a.O., S. 113 ff.; Volker
Riegas / Vetter, Christian: Gespräch mit Humberto R. Maturana...
a.a.O., S. 17 ff.
(24) Diese Bezeichnung wird häufig in deutschen Übersetzungen
der englischsprachigen Originalwerke Darwins verwendet. Vgl. beispielsweise
Charles Robert Darwin: Über die Entstehung der Arten durch
natürliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der begünstigten
Rassen im Kampfe um's Dasein. Darmstadt 1988, Neudruck, erstmals
London 1859; Charles Robert Darwin: Die Abstammung des Menschen...
a.a.O.
(25) Vgl. Ernst Pöppel: Lust und Schmerz. Grundlagen menschlichen
Erlebens und Verhaltens. Berlin 1982, S. 69 ff.; Ernst Pöppel:
Grenzen des Bewußtseins. Über Wirklichkeit und Welterfahrung.
Stuttgart 1985, S. 15 ff.; Ernst Pöppel: Eine neuropsychologische
Definition des Zustands "bewußt". in: Derselbe
(Hg.): Gehirn und Bewußtsein. Weinheim 1989, S. 17 ff.
(26) Vgl. zu den folgenden Ausführungen über die biologische
Kognitionstheorie Klaus Beck: Medien und soziale Konstruktion
von Zeit... a.a.O., S. 26 ff.; Humberto Romecin Maturana: Erkennen...
a.a.O., S. 32 ff.; Humberto Romecin Maturana: Elemente einer Ontologie
des Beobachtens. in: Hans Ulrich Gumbrecht / Pfeiffer, K. Ludwig
(Hg.): Materialität der Kommunikation. Frankfurt/Main 1988,
S. 830 ff.; Humberto Romecin Maturana: Kognition... a.a.O., S.
89 ff.; Humberto Romecin Maturana: Biologie der Realität...
a.a.O., S. 22 ff. und 112 ff.; Humberto Romecin Maturana / Varela,
Francisco J.: Der Baum der Erkenntnis... a.a.O., S. 155 ff.; Volker
Riegas / Vetter, Christian: Gespräch mit Humberto R. Maturana...
a.a.O., S. 11 ff. und 47 ff.; Gerhard Roth: Selbstorganisation
- Selbsterhaltung - Selbstreferentialität... a.a.O., S. 168
ff.; Gerhard Roth: Gehirn und Selbstorganisation. in: Wolfgang
Krohn / Küppers, Günter (Hg.): Selbstorganisation. Aspekte
einer wissenschaftlichen Revolution. Schriften zur Wissenschaftstheorie,
Wissenschaft und Philosophie, Band 29, Braunschweig 1990, S. 167
ff.; Gerhard Roth: Erkenntnis und Realität. Das reale Gehirn
und seine Wirklichkeit. in: Siegfried Johannes Schmidt (Hg.):
Der Diskurs des Radikalen Konstruktivismus. Frankfurt/Main 1992,
5. Auflage, S. 232 ff.; Gerhard Roth: Das konstruktive Gehirn.
Neurobiologische Grundlagen von Wahrnehmung und Erkenntnis. in:
Siegfried Johannes Schmidt (Hg.): Kognition und Gesellschaft.
Der Diskurs des Radikalen Konstruktivismus 2. Frankfurt/Main 1992,
S. 277 ff.; Gebhard Rusch: Verstehen verstehen. Ein Versuch aus
konstruktivistischer Sicht... a.a.O., S. 40 ff.; Gebhard Rusch:
Erkenntnis, Wissenschaft, Geschichte... a.a.O., S. 50 ff.; Bernd
Scheffer: Wie wir erkennen. Die soziale Konstruktion von Wirklichkeit
im Individuum. in: Deutsches Institut für Fernstudien, DIFF
(Hg.): Medien und Kommunikation. Konstruktionen von Wirklichkeit.
Funkkolleg, zwölf Studienbriefe mit 30 Studieneinheiten,
Studienbrief 2, Studieneinheit 5, Weinheim / Basel 1990, S. 55
ff.; Siegfried Johannes Schmidt: Selbstorganisation, Wirklichkeit,
Verantwortung... a.a.O., S. 2 ff.; Siegfried Johannes Schmidt:
Der Radikale Konstruktivismus... a.a.O., S. 13 ff.; Siegfried
Johannes Schmidt: Die Wirklichkeit des Beobachters. in: Klaus
Merten / Schmidt, Siegfried Johannes / Weischenberg, Siegfried
(Hg.): Die Wirklichkeit der Medien. Eine Einführung in die
Kommunikationswissenschaft. Opladen 1994, S. 8 ff.; Wolf Singer:
Die Entwicklung kognitiver Strukturen - ein selbstreferentieller
Lernprozeß. in: Siegfried Johannes Schmidt (Hg.): Gedächtnis.
Probleme und Perspektiven der interdisziplinären Gedächtnisforschung.
Frankfurt/Main 1991, S. 96 ff.
(27) Vgl. zur Kritik an der biologischen Kognitionstheorie von
Humberto Romecin Maturana und Francisco J. Varela beispielsweise
Peter Hucklenbroich: Selbstheilung und Selbstprogrammierung. Selbstreferenz
in medizinischer Wissenschaftstheorie und Künstlicher Intelligenz.
in: Volker Riegas / Vetter, Christian (Hg): Zur Biologie der Kognition.
Ein Gespräch mit Humberto R. Maturana und Beiträge zur
Diskussion seines Werkes. Frankfurt/Main 1993, 3. Auflage, S.
116 ff.; Jürgen Kriz: Erkennen und Handeln. Zum besonderen
Verhältnis von (konstruktivistisch-systemischer) Theorie
und Praxis in der klinischen Psychologie. in: Volker Riegas /
Vetter, Christian (Hg): Zur Biologie der Kognition. Ein Gespräch
mit Humberto R. Maturana und Beiträge zur Diskussion seines
Werkes. Frankfurt/Main 1993, 3. Auflage, S. 189 ff.; Volker Riegas:
Das Nervensystem - offenes oder geschlossenes System? in: Derselbe
/ Vetter, Christian (Hg): Zur Biologie der Kognition. Ein Gespräch
mit Humberto R. Maturana und Beiträge zur Diskussion seines
Werkes. Frankfurt/Main 1993, 3. Auflage, S. 99 ff.; Gerhard Roth:
Wissenschaftlicher Rationalismus und holistische Weltdeutung.
in: Gerhard Pasternack (Hg.): Rationalität und Wissenschaft.
Schriftenreihe des Zentrums Philosophische Grundlagen der Wissenschaften,
Band 6, Bremen 1988, S. 87 f.; Gerhard Roth: Autopoiese und Kognition...
a.a.O., S. 262 ff.
(28) Vgl. Heinz von Foerster: Über das Konstruieren von Wirklichkeiten.
in: Derselbe: Sicht und Einsicht. Versuche zu einer operativen
Erkenntnistheorie. Schriften zur Wissenschaftstheorie, Wissenschaft
und Philosophie, Band 21, Braunschweig 1985, S. 34; Heinz von
Foerster: Entdecken oder Erfinden. Wie läßt sich Verstehen
verstehen? in: Heinz Gumin / Mohler, Armin (Hg.): Einführung
in den Konstruktivismus. Schriften der Carl-Friedrich-von-Siemens-Stiftung,
Band 10, München 1985, S. 40 f.; Heinz von Foerster: Das
Konstruieren einer Wirklichkeit. in: Paul Watzlawick (Hg.): Die
erfundene Wirklichkeit. Wie wissen wir, was wir zu wissen glauben?
Beiträge zum Konstruktivismus. München 1991, 7. Auflage,
S. 50; Heinz von Foerster: Erkenntnistheorien und Selbstorganisation.
in: Siegfried Johannes Schmidt (Hg.): Der Diskurs des Radikalen
Konstruktivismus. Frankfurt/Main 1992, 5. Auflage, S. 138 f.
(29) Vgl. Humberto Romecin Maturana: Erkennen... a.a.O., S. 251;
Humberto Romecin Maturana: Kognition... a.a.O., S. 105; Humberto
Romecin Maturana: Biologie der Realität... a.a.O., S. 83
und 114 f.; Humberto Romecin Maturana / Varela, Francisco J.:
Der Baum der Erkenntnis... a.a.O., S. 149 f.
(30) Siehe Peter Kruse / Stadler, Michael: Radikaler Konstruktivismus...
a.a.O., S. 202
(31) Siehe Bernd Scheffer: Wie wir erkennen... a.a.O., S. 59
(32) Siehe Ernst von Glasersfeld: Konstruktion der Wirklichkeit...
a.a.O., S. 19
(33) Vgl. zur Bildung von "Ich"-Bewußtsein beim
Menschen aus konstruktivistischer Sicht beispielsweise Peter L.
Berger / Luckmann, Thomas: Die gesellschaftliche Konstruktion
der Wirklichkeit. Eine Theorie der Wissenssoziologie. Frankfurt/Main
1966, S. 53 f.; Ernst von Glasersfeld: Die Konstrukte der Identität,
oder: die Kunst, Unterschiede zu übergehen. in: Derselbe:
Wissen, Sprache und Wirklichkeit. Arbeiten zum radikalen Konstruktivismus.
Schriften zur Wissenschaftstheorie, Wissenschaft und Philosophie,
Band 24, Braunschweig 1987, S. 113 ff.; Ernst von Glasersfeld:
Kybernetik, Erfahrung und der Begriff des Ich... a.a.O., S. 168
ff.; Ernst von Glasersfeld: Radikaler Konstruktivismus... a.a.O.,
S. 200 ff.; Humberto Romecin Maturana: Erkennen... a.a.O., S.
40; Humberto Romecin Maturana: Biologie der Realität... a.a.O.,
S. 205 und 221 ff.; Humberto Romecin Maturana / Varela, Francisco
J.: Der Baum der Erkenntnis... a.a.O., S. 241 ff.; Gebhard Rusch:
Erkenntnis, Wissenschaft, Geschichte... a.a.O., S. 130 ff.; Bernd
Scheffer: Wie wir erkennen... a.a.O., S. 62
(34) Vgl. zu den folgenden Ausführungen über die soziale
Konstruktion von Wirklichkeit Jochen Baecker / Borg-Laufs, Michael
u.a.: Sozialer Konstruktivismus - eine neue Perspektive in der
Psychologie. in: Siegfried Johannes Schmidt (Hg.): Kognition und
Gesellschaft. Der Diskurs des Radikalen Konstruktivismus 2. Frankfurt/Main
1992, S. 116 ff.; Klaus Beck: Medien und soziale Konstruktion
von Zeit... a.a.O., S. 30 ff.; Peter L. Berger / Luckmann, Thomas:
Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit... a.a.O.,
S. 139 ff.; Peter M. Hejl: Konstruktion der sozialen Konstruktion.
Grundlinien einer konstruktivistischen Sozialtheorie. in: Siegfried
Johannes Schmidt (Hg.): Der Diskurs des Radikalen Konstruktivismus.
Frankfurt/Main 1992, 5. Auflage, S. 303 ff.; Peter M. Hejl: Soziale
Konstruktion von Wirklichkeit. in: Klaus Merten / Schmidt, Siegfried
Johannes / Weischenberg, Siegfried (Hg.): Die Wirklichkeit der
Medien. Eine Einführung in die Kommunikationswissenschaft.
Opladen 1994, S. 43 ff.; Peter M. Hejl: Die Entwicklung der Organisation
von Sozialsystemen und ihr Beitrag zum Systemverhalten. in: Gebhard
Rusch / Schmidt, Siegfried Johannes (Hg.): Konstruktivismus und
Sozialtheorie. Delfin 1993. Frankfurt/Main 1994, S. 109 ff.; Peter
M. Hejl: Ethik, Konstruktivismus und gesellschaftliche Selbstregelung.
in: Gebhard Rusch / Schmidt, Siegfried Johannes (Hg.): Konstruktivismus
und Ethik. Delfin 1995. Frankfurt/Main 1995, S. 62 ff.; Jürgen
Klüver: Die Konstruktion der sozialen Realität Wissenschaft:
Alltag und System. Schriften zur Wissenschaftstheorie, Wissenschaft
und Philosophie, Band 25, Braunschweig 1988, S. 75 ff.; Humberto
Romecin Maturana: Biologie der Sozialität. in: Siegfried
Johannes Schmidt (Hg.): Der Diskurs des Radikalen Konstruktivismus.
Frankfurt/Main 1992, 5. Auflage, S. 292 ff.; Humberto Romecin
Maturana / Varela, Francisco J.: Der Baum der Erkenntnis... a.a.O.,
S. 196 ff.; Volker Riegas / Vetter, Christian: Gespräch mit
Humberto R. Maturana... a.a.O., S. 21 ff.; Gebhard Rusch: Erkenntnis,
Wissenschaft, Geschichte... a.a.O., S. 176 ff.; Bernd Scheffer:
Wie wir erkennen... a.a.O., S. 69 ff.; Siegfried Johannes Schmidt:
Selbstorganisation, Wirklichkeit, Verantwortung... a.a.O., S.
6 f.; Siegfried Johannes Schmidt: Der Radikale Konstruktivismus...
a.a.O., S. 26 ff.; Siegfried Johannes Schmidt: Kognitive Autonomie
und soziale Orientierung. Konstruktivistische Bemerkungen zum
Zusammenhang von Kognition, Kommunikation, Medien und Kultur.
Frankfurt/Main 1994; Siegfried Johannes Schmidt: Konstruktivismus
in der Medienforschung. Konzepte, Kritiken, Konsequenzen. in:
Klaus Merten / Schmidt, Siegfried Johannes / Weischenberg, Siegfried
(Hg.): Die Wirklichkeit der Medien. Eine Einführung in die
Kommunikationswissenschaft. Opladen 1994, S. 595 ff.; Siegfried
Johannes Schmidt: Konstruktivismus, Systemtheorie und Empirische
Literaturwissenschaft. Anmerkungen zu einer laufenden Debatte.
unveröffentlichtes Papier des LUMIS-Instituts der Universität
Gesamthochschule Siegen, Siegen o.J., S. 3 ff.
(35) Siehe Siegfried Johannes Schmidt: Selbstorganisation, Wirklichkeit,
Verantwortung... a.a.O., S. 7
(36) Vgl. Gebhard Rusch: Verstehen verstehen. Ein Versuch aus
konstruktivistischer Sicht... a.a.O., S. 40 ff.; Gebhard Rusch:
Erkenntnis, Wissenschaft, Geschichte... a.a.O., S. 115 ff. und
164 f.; Gebhard Rusch: Verstehen verstehen. Kognitive Autonomie
und soziale Regulation. in: Deutsches Institut für Fernstudien,
DIFF (Hg.): Medien und Kommunikation. Konstruktionen von Wirklichkeit.
Funkkolleg, zwölf Studienbriefe mit 30 Studieneinheiten,
Studienbrief 4, Studieneinheit 8, Weinheim / Basel 1990, S. 25
ff.; Gebhard Rusch: Auffassen, Begreifen und Verstehen. Neue Überlegungen
zu einer konstruktivistischen Theorie des Verstehens. in: Siegfried
Johannes Schmidt (Hg.): Kognition und Gesellschaft. Der Diskurs
des Radikalen Konstruktivismus 2. Frankfurt/Main 1992, S. 214
ff.; Gebhard Rusch: Kommunikation und verstehen. in: Klaus Merten
/ Schmidt, Siegfried Johannes / Weischenberg, Siegfried (Hg.):
Die Wirklichkeit der Medien. Eine Einführung in die Kommunikationswissenschaft.
Opladen 1994, S. 71 ff.
(37) Vgl. zur Befürwortung einer Autopoiese von sozialen
Systemen im allgemeinen beispielsweise Klaus Bendel: Selbstreferenz,
Koordination und gesellschaftliche Steuerung. Zur Theorie der
Autopoiesis sozialer Systeme bei Niklas Luhmann. Doktorarbeit,
Soziologische Studien, Band 10, Pfaffenweiler 1993, S. 9 ff.;
Marianne Krüll / Luhmann, Niklas / Maturana, Humberto Romecin:
Grundkonzepte der Theorie autopoietischer Systeme. Neun Fragen
an Niklas Luhmann und Humberto Maturana und ihre Antworten. in:
Zeitschrift für systemische Therapie, 5. Jg., Heft 1, Meyn,
Januar 1987, S. 10; Niklas Luhmann: Autopoiese, Handlung und kommunikative
Verständigung. in: Zeitschrift für Soziologie, 11. Jg.,
Heft 4, Bielefeld / Stuttgart, Oktober 1982, S. 366 ff.; Niklas
Luhmann: Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie.
Frankfurt/Main 1984, S. 166 ff. und 296 ff.; Niklas Luhmann: Autopoiesis
als soziologischer Begriff. in: Hans Haferkamp / Schmid, Michael
(Hg.): Sinn, Kommunikation und soziale Differenzierung. Beiträge
zu Luhmanns Theorie sozialer Systeme. Frankfurt/Main 1987, S.
307 ff.; Niklas Luhmann: Erkenntnis als Konstruktion. Vortrag
im Kunstmuseum Bern, Reihe um 9, Bern 1988, S. 24; Niklas Luhmann:
Ökologische Kommunikation. Kann die moderne Gesellschaft
sich auf ökologische Gefährdungen einstellen? Opladen
1988, 2. Auflage, S. 24; Niklas Luhmann: Die Wirtschaft der Gesellschaft.
Frankfurt/Main 1988, S. 48 ff.; Niklas Luhmann: Die Wissenschaft
der Gesellschaft. Frankfurt/Main 1990, S. 122 ff.; Niklas Luhmann:
Die Realität der Massenmedien... a.a.O., S. 58 und 62 ff.;
Niklas Luhmann: Die Realität der Massenmedien... a.a.O.,
erweiterte 2. Auflage, S. 34, 169 ff. und 206; Michael Schmid:
Autopoiesis und soziales System. Eine Standortbestimmung. in:
Hans Haferkamp / Schmid, Michael (Hg.): Sinn, Kommunikation und
soziale Differenzierung. Beiträge zu Luhmanns Theorie sozialer
Systeme. Frankfurt/Main 1987, S. 25 ff. - Vgl. zur Befürwortung
einer Autopoiese des sozialen Systems "Journalismus"
im besonderen Bernd Blöbaum: Journalismus als soziales System.
Geschichte, Ausdifferenzierung und Verselbständigung. Opladen
1994; Frank Marcinkowski: Publizistik als autopoietisches System.
Politik und Massenmedien. Eine systemtheoretische Analyse. Opladen
1993
(38) Vgl. zur Ablehnung einer Autopoiese von sozialen Systemen
beispielsweise Klaus Beck: Medien und soziale Konstruktion von
Zeit... a.a.O., S. 31 f. und 45 ff.; Wilhelm Beermann: Luhmanns
Autopoiesisbegriff - "order from noise"?. in: Hans Rudi
Fischer: Autopoiesis. Eine Theorie im Brennpunkt der Kritik. Reihe
Systemische Perspektiven, Band 2, Heidelberg 1991, S. 243 ff.;
Klaus von Beyme: Theorie der Politik im 20. Jahrhundert. Von der
Moderne zur Postmoderne. Frankfurt/Main 1991, S. 222 ff.; Walter
L. Bühl: Sozialer Wandel im Ungleichgewicht. Zyklen, Fluktuationen,
Katastrophen. Soziologische Gegenwartsfragen, Neue Folge, Band
49, Stuttgart 1990, S. 156 ff.; Walter L. Bühl: Politische
Grenzen der Autopoiese sozialer Systeme. in: Hans Rudi Fischer:
Autopoiesis. Eine Theorie im Brennpunkt der Kritik. Reihe Systemische
Perspektiven, Band 2, Heidelberg 1991, S. 201 ff.; Ulrich Druwe:
"Selbstorganisation" in den Sozialwissenschaften. Wissenschaftstheoretische
Anmerkungen zur Übertragung der naturwissenschaftlichen Selbstorganisationsmodelle
auf sozialwissenschaftliche Fragestellungen. in: Kölner Zeitschrift
für Soziologie und Sozialpsychologie, 40. Jg., Heft 4/1988,
Köln / Wiesbaden 1988, S. 772 ff.; Peter M. Hejl: Konstruktion
der sozialen Konstruktion... a.a.O., S. 322 ff.; Peter M. Hejl:
Soziale Systeme. Körper ohne Gehirne oder Gehirne ohne Körper?
Rezeptionsprobleme der Theorie autopoietischer Systeme in den
Sozialwissenschaften. in: Volker Riegas / Vetter, Christian (Hg):
Zur Biologie der Kognition. Ein Gespräch mit Humberto R.
Maturana und Beiträge zur Diskussion seines Werkes. Frankfurt/Main
1993, 3. Auflage, S. 221 ff.; Marianne Krüll / Luhmann, Niklas
/ Maturana, Humberto Romecin: Grundkonzepte der Theorie autopoietischer
Systeme... a.a.O., S. 10 ff.; Volker Riegas / Vetter, Christian:
Gespräch mit Humberto R. Maturana... a.a.O., S. 37 ff.; Gerhard
Roth: Selbstorganisation - Selbsterhaltung - Selbstreferentialität...
a.a.O., S. 178; Siegfried Johannes Schmidt: Kommunikationskonzepte
für eine systemorientierte Literaturwissenschaft. in: Derselbe
(Hg.): Literaturwissenschaft und Systemtheorie. Positionen, Kontroversen,
Perspektiven. Opladen 1993, S. 241 ff.; Siegfried Johannes Schmidt:
'System' and 'Observer'. Two key concepts in (future) literary
studies. LUMIS-Schriften, Band 39, Siegen 1994, S. 5 ff.
(39) Siehe Volker Riegas / Vetter, Christian: Gespräch mit
Humberto R. Maturana... a.a.O., S. 37 - An anderer Stelle bezeichnet
Humberto Romecin Maturana einzelne Zellen als autopoietische Systeme
erster Ordnung, einzelne Organe als autopoietische Systeme zweiter
Ordnung und einzelne Organismen als autopoietische Systeme dritter
Ordnung. Demnach würde es sich bei Gruppen von Organismen
sogar um autopoietische Systeme vierter Ordnung handeln. Vgl.
Humberto Romecin Maturana: Erkennen... a.a.O., S. 211 ff.
(40) Siehe Walter L. Bühl: Sozialer Wandel im Ungleichgewicht...
a.a.O., S. 156 f. und S. 159; Fettdruck im Original
(41) Vgl. zu den folgenden Ausführungen über die Schematheorie
und die Entwicklung von kognitiven Schemata David Krech / Crutchfield,
Richard S. u.a.: Grundlagen der Psychologie in 8 Bänden.
acht Bände, Band 4: Kognitionspsychologie, Weinheim / Basel
1985, S. 15 ff.; Patricia H. Miller: Theorien der Entwicklungspsychologie.
Heidelberg 1993, S. 52 ff.; Jean Piaget: Das Erwachen der Intelligenz
beim Kinde. Stuttgart 1969; Jean Piaget: Der Aufbau der Wirklichkeit
beim Kinde. Stuttgart 1974, Neudruck, erstmals Neuenburg (Neuchâtel)
1950; Jean Piaget: Abriß der genetischen Epistemologie.
Olten 1974, S. 33 ff.; Jean Piaget / Inhelder, Bärbel: Die
Psychologie des Kindes. München 1987, 2. Auflage, Neudruck,
erstmals Paris 1966; Robert Murray Thomas / Feldmann, Birgitt:
Die Entwicklung des Kindes. Weinheim / Basel 1986, S. 128 ff.
(42) Siehe Jean Piaget / Inhelder, Bärbel: Die Psychologie
des Kindes... a.a.O., S. 151
(43) Vgl. zu den folgenden Ausführungen über die Äquilibration,
Assimilation und Akkommodation von kognitiven Schemata David Krech
/ Crutchfield, Richard S. u.a.: Grundlagen der Psychologie...
a.a.O., Band 4, S. 13 ff.; Patricia H. Miller: Theorien der Entwicklungspsychologie...
a.a.O., S. 78 ff.; Jean Piaget: Das Erwachen der Intelligenz...
a.a.O., S. 410 ff.; Jean Piaget: Der Aufbau der Wirklichkeit...
a.a.O., S. 337 ff.; Jean Piaget: Die Äquilibration der kognitiven
Strukturen. Stuttgart 1976, S. 11 ff.; Jean Piaget / Inhelder,
Bärbel: Die Psychologie des Kindes... a.a.O., S. 16 ff. und
66 ff.; Robert Murray Thomas / Feldmann, Birgitt: Die Entwicklung
des Kindes... a.a.O., S. 122 ff.
(44) Beide Begriffe lassen sich gleichermaßen mit Angleichung,
Anpassung oder Umformung übersetzen. Sie werden von Piaget
aber zur Beschreibung von zwei unterschiedlichen kognitiven Vorgängen
verwendet.
(45) Vgl. Leon Festinger: Theorie der kognitiven Dissonanz. Bern
1978, Neudruck, erstmals Evanston (Ill.) 1957; Leon Festinger:
Die Lehre von der "kognitiven Dissonanz". in: Roland
Burkart (Hg.): Wirkungen der Massenkommunikation. Theoretische
Ansätze und empirische Ergebnisse. Studienbücher zur
Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, Band 5, Wien 1987,
S. 16 ff.
(46) Vgl. Ernst von Glasersfeld: Konstruktivistische Diskurse.
LUMIS-Schriften, Band 2, Siegen 1984, S. 14 ff.; Ernst von Glasersfeld:
Piaget und die Erkenntnistheorie des radikalen Konstruktivismus.
in: Derselbe: Wissen, Sprache und Wirklichkeit. Arbeiten zum radikalen
Konstruktivismus. Schriften zur Wissenschaftstheorie, Wissenschaft
und Philosophie, Band 24, Braunschweig 1987, S. 99 ff.; Ernst
von Glasersfeld: Piagets Konstruktivismus - eine Interpretation.
in: Derselbe: Wissen, Sprache und Wirklichkeit. Arbeiten zum radikalen
Konstruktivismus. Schriften zur Wissenschaftstheorie, Wissenschaft
und Philosophie, Band 24, Braunschweig 1987, S. 221 ff.; Ernst
von Glasersfeld: Aspekte des Konstruktivismus. Vico, Berkeley,
Piaget. in: Gebhard Rusch / Schmidt, Siegfried Johannes (Hg.):
Konstruktivismus. Geschichte und Anwendung. Delfin 1992. Frankfurt/Main
1992, S. 25 ff.; Ernst von Glasersfeld: Piagets konstruktivistisches
Modell. Wissen und Lernen. in: Gebhard Rusch / Schmidt, Siegfried
Johannes (Hg.): Piaget und der Radikale Konstruktivismus. Delfin
1994. Frankfurt/Main 1994, S. 16 ff.; Ernst von Glasersfeld: Radikaler
Konstruktivismus... a.a.O., S. 98 ff.; Ernst von Glasersfeld:
Wege des Wissens... a.a.O., S. 53 ff. und 165 ff.
(47) Siehe Ernst von Glasersfeld: Piaget und die Erkenntnistheorie
des radikalen Konstruktivismus... a.a.O., S. 101
(48) Vgl. zur Kritik an den entwicklungspsychologischen Werken
von Piaget beispielsweise Paul Chance / Fischman, Joshua: Die
Stufen der Kindheit - ein Mythos? in: Heiko Ernst / Redaktion
"Psychologie heute" (Hg.): Klein sein, groß werden.
Thema Kinderpsychologie. Weinheim / Basel 1987, S. 33 ff.; Patricia
H. Miller: Theorien der Entwicklungspsychologie... a.a.O., S.
94 ff.; Robert Murray Thomas / Feldmann, Birgitt: Die Entwicklung
des Kindes... a.a.O, S. 143 ff.
(49) Vgl. zu den folgenden Ausführungen über die Gestalttheorie
und die Gestaltgesetze Christian von Ehrenfels: Über "Gestaltqualitäten".
in: Ferdinand Weinhandl: Gestalthaftes Sehen. Ergebnisse und Aufgaben
der Morphologie. Zum hundertjährigen Geburtstag von Christian
von Ehrenfels. Darmstadt 1960, S. 11 ff., Neudruck, erstmals in:
Vierteljahresschrift für wissenschaftliche Philosophie, 14.
Jg., Heft 3/1890, o.O. 1890, S. 249 ff.; Gaetano Kanizsa / Luccio,
Riccardo: Die Doppeldeutigkeiten der Prägnanz. in: Gestalt
Theory, An international multidisciplinary journal, 8. Jg., Heft
2/1986, Opladen 1986, S. 99 ff.; David Katz: Gestaltpsychologie.
Basel 1948, 2. Auflage, S. 30 ff.; Günther Kebeck: Wahrnehmung.
Theorien, Methoden und Forschungsergebnisse der Wahrnehmungspsychologie.
Weinheim 1994, S. 124 ff.; Wolfgang Köhler: Dynamische Zusammenhänge
in der Psychologie. Enzyklopädie der Psychologie in Einzeldarstellungen,
Band 3, Bern 1958, S. 47 ff.; Wolfgang Köhler: Die Aufgabe
der Gestaltpsychologie. Berlin 1971, S. 25 ff.; David Krech /
Crutchfield, Richard S. u.a.: Grundlagen der Psychologie in 8
Bänden. acht Bände, Band 2: Wahrnehmungspsychologie,
Weinheim / Basel 1985, S. 70 ff.; Wolfgang Metzger: Ist die Gestalttheorie
überholt? Fortsetzung eines Gespräches mit P. R. Hofstätter.
in: Ferdinand Weinhandl: Gestalthaftes Sehen. Ergebnisse und Aufgaben
der Morphologie. Zum hundertjährigen Geburtstag von Christian
von Ehrenfels. Darmstadt 1960, S. 279 ff.; Wolfgang Metzger: Gesetze
des Sehens. Frankfurt/Main 1975, 3. Auflage; Wolfgang Metzger:
Gestalt-Psychologie... a.a.O., S. 124 ff. und 145 ff.
(50) Siehe Peter Kruse / Stadler, Michael: Wahrnehmen, Verstehen,
Erinnern. Der Aufbau des psychischen Apparates. in: Deutsches
Institut für Fernstudien, DIFF (Hg.): Medien und Kommunikation.
Konstruktionen von Wirklichkeit. Funkkolleg, zwölf Studienbriefe
mit 30 Studieneinheiten, Studienbrief 2, Studieneinheit 4, Weinheim
/ Basel 1990, S. 30 f. und nahezu wörtlich auch Peter Kruse
/ Stadler, Michael: Der psychische Apparat des Menschen. in: Klaus
Merten / Schmidt, Siegfried Johannes / Weischenberg, Siegfried
(Hg.): Die Wirklichkeit der Medien. Eine Einführung in die
Kommunikationswissenschaft. Opladen 1994, S. 28 f.
(51) Diese Viabilität trifft übrigens auf Sternbilder
zu, da diese Konstruktionen von Wirklichkeit normalerweise für
den Menschen keine überlebenswichtigen Auswirkungen haben.
Falls sich aber ein Mensch beispielsweise aus Angst vor einer
bestimmten Konstellation von Himmelkörpern zum Freitod entschließt,
dann ist seine Konstruktion von Wirklichkeit nicht viabel.
(52) Siehe Wolfgang Metzger: Gestalt-Psychologie... a.a.O., S.
160 f.
(53) Siehe ebenda, S. 158; Hervorhebungen im Original
(54) Siehe Ernst Pöppel: Lust und Schmerz... a.a.O., S. 169
(55) Siehe Wolfgang Köhler: Die Aufgabe der Gestaltpsychologie...
a.a.O., S. 67
(56) Siehe Wolfgang Metzger: Gestalt-Psychologie... a.a.O., S.
137
(57) Vgl. zu den folgenden Ausführungen über Gedächtnispsychologie
Joachim Grabowski / Herrmann, Theo / Pobel, Rupert: Sprechen,
Handeln, Regulieren. Vom Zeichentausch zum zielgerichteten Sprechen.
in: Deutsches Institut für Fernstudien, DIFF (Hg.): Medien
und Kommunikation. Konstruktionen von Wirklichkeit. Funkkolleg,
zwölf Studienbriefe mit 30 Studieneinheiten, Studienbrief
3, Studieneinheit 7, Weinheim / Basel 1990, S. 68 ff.; Wolfgang
Köhler: Werte und Tatsachen. Berlin 1968, S. 186 ff., Neudruck,
erstmals New York (N.Y.) 1938; Peter Kruse / Stadler, Michael:
Wahrnehmen, Verstehen, Erinnern... a.a.O., S. 37 f.; Gerhard Roth:
Neuronale Grundlagen des Lernens und des Gedächtnisses. in:
Siegfried Johannes Schmidt (Hg.): Gedächtnis. Probleme und
Perspektiven der interdisziplinären Gedächtnisforschung.
Frankfurt/Main 1991, S. 127 ff.; Gerhard Roth: Erkenntnis und
Realität... a.a.O., S. 247 ff.; Gebhard Rusch: Erkenntnis,
Wissenschaft, Geschichte... a.a.O., S. 335 ff.; Siegfried Johannes
Schmidt: Gedächtnisforschungen. Positionen, Probleme, Perspektiven.
in: Derselbe (Hg.): Gedächtnis. Probleme und Perspektiven
der interdisziplinären Gedächtnisforschung. Frankfurt/Main
1991, S. 9 ff.; Michael Stadler / Kruse, Peter: Visuelles Gedächtnis
für Formen und das Problem der Bedeutungszuweisung in kognitiven
Systemen. in: Siegfried Johannes Schmidt (Hg.): Gedächtnis.
Probleme und Perspektiven der interdisziplinären Gedächtnisforschung.
Frankfurt/Main 1991, S. 250 ff.; Werner Wippich: Lehrbuch der
angewandten Gedächtnispsychologie. zwei Bände, Stuttgart
1984, Band 1, S. 15 ff.
(58) Siehe Gerhard Roth: Die Selbstreferentialität des Gehirns
und die Prinzipien der Gestaltwahrnehmung. in: Gestalt Theory,
An international multidisciplinary journal, 7. Jg., Heft 4/1985,
Opladen 1985, S. 239 - Vgl. hierzu auch Gerhard Roth: Gehirn und
Selbstorganisation... a.a.O., S. 178; Gerhard Roth: Das konstruktive
Gehirn... a.a.O., S. 317
(59) Siehe Wolfgang Köhler: Die Aufgabe der Gestaltpsychologie...
a.a.O., S. 99
(60) Vgl. zur Autonomie des kognitiven Systems bei den Gefühlen
beispielsweise Hinderk M. Emrich: Konstruktivismus. Imagination,
Traum und Emotionen. in: Siegfried Johannes Schmidt (Hg.): Kognition
und Gesellschaft. Der Diskurs des Radikalen Konstruktivismus 2.
Frankfurt/Main 1992, S. 76 ff.; Harald A. Euler / Mandl, Heinz
(Hg.): Emotionspsychologie. Ein Handbuch in Schlüsselbegriffen.
München 1983, S. 72 ff.; David Krech / Crutchfield, Richard
S. u.a.: Grundlagen der Psychologie in 8 Bänden. acht Bände,
Band 5: Motivations- und Emotionspsychologie, Weinheim / Basel
1985, S. 53 ff.; Peter Kruse / Stadler, Michael: Wahrnehmen, Verstehen,
Erinnern... a.a.O., S. 37; Ernst Pöppel: Lust und Schmerz...
a.a.O., S. 9 ff.; Manfred Ruoß: Psychologie des Schmerzes.
Chronische Schmerzen in kognitionspsychologischer Perspektive.
Göttingen 1998; Dieter Ulich: Das Gefühl. Eine Einführung
in die Emotionspsychologie. München 1989, 2. Auflage, S.
113 ff.
(61) Vgl. zu den folgenden Ausführungen über Wirklichkeitskriterien
Peter Kruse / Stadler, Michael: Wahrnehmen, Verstehen, Erinnern...
a.a.O., S. 39 ff.; Peter Kruse / Stadler, Michael: Der psychische
Apparat des Menschen... a.a.O., S. 36 ff.; Michael Stadler / Kruse,
Peter: Gestalttheorie und Theorie der Selbstorganisation. in:
Gestalt Theory, An international multidisciplinary journal, 8.
Jg., Heft 2/1986, Opladen 1986, S. 85 ff.; Michael Stadler / Kruse,
Peter: Über Wirklichkeitskriterien. in: Volker Riegas / Vetter,
Christian (Hg): Zur Biologie der Kognition. Ein Gespräch
mit Humberto R. Maturana und Beiträge zur Diskussion seines
Werkes. Frankfurt/Main 1993, 3. Auflage, S. 149 ff.
(62) Vgl. Wolfgang Metzger: Gesetze des Sehens... a.a.O., S. 474
f.
(63) Vgl. Solomon Elliot Asch: Änderung und Verzerrung von
Urteilen durch Gruppen-Druck. in: Martin Irle (Hg.): Texte aus
der experimentellen Sozialpsychologie. Soziologische Texte, Band
45, Neuwied / Berlin 1969, S. 57 ff., Neudruck, erstmals Pittsburgh
(Pa.) 1951
(64) Siehe William Isaac Thomas: Person und Sozialverhalten. Soziologische
Texte, Band 26, Neuwied / Berlin 1965, S. 114
(65) Siehe Paul Watzlawick: Wirkung oder Ursache? in: Derselbe
(Hg.): Die erfundene Wirklichkeit. Wie wissen wir, was wir zu
wissen glauben? Beiträge zum Konstruktivismus. München
1991, 7. Auflage, S. 64 und Paul Watzlawick / Kulturabteilung
der Stadt Wien: Vom Unsinn des Sinns oder vom Sinn des Unsinns.
Wiener Vorlesungen im Rathaus, Band 16, Wien 1994, 3. Auflage,
S. 54 f.
(66) Siehe Peter Kruse / Stadler, Michael: Wahrnehmen, Verstehen,
Erinnern... a.a.O., S. 41 f. und nahezu wörtlich auch Peter
Kruse / Stadler, Michael: Der psychische Apparat des Menschen...
a.a.O., S. 39
(67) Vgl. Ralf Nüse / Groeben, Norbert u.a.: Über die
Erfindung/en des radikalen Konstruktivismus... a.a.O.
(68) Vgl. zu einer ausführlicheren Kritik Klaus Beck: Medien
und soziale Konstruktion von Zeit... a.a.O., S. 15 ff.; Ernst
von Glasersfeld: Einzelbesprechungen Wissenschaftstheorie. Besprechung
des Buches von Ralf Nüse / Groeben, Norbert u.a.: Über
die Erfindung/en des radikalen Konstruktivismus. Kritische Gegenargumente
aus psychologischer Sicht. Weinheim 1991. in: Soziologische Revue,
Besprechungen neuer Literatur, 16. Jg., Heft 3/1993, Bamberg /
München, Juli 1993, S. 288 ff.; Ernst von Glasersfeld: Drittes
Siegener Gespräch über Radikalen Konstruktivismus. Ernst
von Glasersfeld im Gespräch mit LUMIS, 4.10.1994. in: Derselbe:
Radikaler Konstruktivismus. Ideen, Ergebnisse, Probleme. Frankfurt/Main
1996, S. 310 ff.
(69) Vgl. Ralf Nüse / Groeben, Norbert u.a.: Über die
Erfindung/en des radikalen Konstruktivismus... a.a.O., S. 96 f.
- Freitag, Groeben, Nüse und Schreier beziehen sich hierbei
auf zwei Aussagen von Glasersfelds, die jedoch in keinem inhaltlichen
Zusammenhang stehen und zudem in einem zeitlichen Abstand von
zwei Jahren gemacht wurden. Vgl. Ernst von Glasersfeld: Siegener
Gespräche zum Radikalen Konstruktivismus. Ernst von Glasersfeld
im Gespräch mit NIKOL (1982, 1984). in: Siegfried Johannes
Schmidt (Hg.): Der Diskurs des Radikalen Konstruktivismus. Frankfurt/Main
1992, 5. Auflage, S. 404 und 422
(70) Vgl. zum Einwand einer Selbstaufhebung des Konstruktivismus
Ralf Nüse / Groeben, Norbert u.a.: Über die Erfindung/en
des radikalen Konstruktivismus... a.a.O., S. 244 ff.; Ulrich Saxer:
Thesen zur Kritik des Konstruktivismus. in: Communicatio Socialis,
Zeitschrift für Publizistik in Kirche und Welt, 25. Jg.,
Heft 2/1992, Kassel / Paderborn 1992, S. 179; Ulrich Saxer: Fortschritt
als Rückschritt? Konstruktivismus als Epistemologie einer
Medientheorie. Kommentar zu Klaus Krippendorff. in: Günter
Bentele / Rühl, Manfred (Hg.): Theorien öffentlicher
Kommunikation. Problemfelder, Positionen, Perspektiven. Schriftenreihe
der Deutschen Gesellschaft für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft
(DGPuK), Band 19, München 1993, S. 70; Hans-Jürgen Walter:
Sind Gestalttheorie und Theorie der Autopoiese miteinander vereinbar?
Eine polemische Erörterung am Beispiel des Stadler/Kruseschen
Kompilierungsversuchs. in: Gestalt Theory, An international multidisciplinary
journal, 10. Jg., Heft 1/1988, Opladen 1988, S. 63 f.; Hans Jürgen
Wendel: Moderner Relativismus. Zur Kritik antirealistischer Sichtweisen
des Erkenntnisproblems. Tübingen 1990, S. 211 ff. - Vgl.
zur Widerlegung dieses Einwandes Klaus Beck: Medien und soziale
Konstruktion von Zeit... a.a.O., S. 20 und 25 f..; Siegfried Johannes
Schmidt: Der Radikale Konstruktivismus... a.a.O., S. 39 f.; Siegfried
Johannes Schmidt: Der beobachtete Beobachter. Zu Text, Kommunikation
und Verstehen. in: Volker Riegas / Vetter, Christian (Hg): Zur
Biologie der Kognition. Ein Gespräch mit Humberto R. Maturana
und Beiträge zur Diskussion seines Werkes. Frankfurt/Main
1993, 3. Auflage, S. 315
(71) Siehe Siegfried Johannes Schmidt: Der Radikale Konstruktivismus...
a.a.O., S. 39
(72) Vgl. zum Einwand eines Absolutheitsanspruches des Konstruktivismus
Günter Bentele: Wie wirklich ist die Medienwirklichkeit?
Einige Anmerkungen zum Konstruktivismus und Realismus in der Kommunikationswissenschaft.
in: Derselbe / Rühl, Manfred (Hg.): Theorien öffentlicher
Kommunikation. Problemfelder, Positionen, Perspektiven. Schriftenreihe
der Deutschen Gesellschaft für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft
(DGPuK), Band 19, München 1993, S. 160 f. und 162 f.; Hermann
Boventer: Der Journalist in Platons Höhle. Zur Kritik des
Konstruktivismus. in: Communicatio Socialis, Zeitschrift für
Publizistik in Kirche und Welt, 25. Jg., Heft 2/1992, Kassel /
Paderborn 1992, S. 157 ff.; Hans Mathias Kepplinger: Ereignismanagement.
Wirklichkeit und Massenmedien. Zürich 1992, S. 56; Rainald
Merkert: Warum so radikal? Zu den ersten zehn Studieneinheiten
des Funkkollegs Medien und Kommunikation. in: Funk-Korrespondenz,
39. Jg., Heft 3/1991, 17.1.91, Köln 1991, S. 12 f.; Ralf
Nüse / Groeben, Norbert u.a.: Über die Erfindung/en
des radikalen Konstruktivismus... a.a.O., S. 333 ff.; Ulrich Saxer:
Thesen zur Kritik des Konstruktivismus... a.a.O., S. 178 ff.;
Ulrich Saxer: Fortschritt als Rückschritt?... a.a.O., S.
66 ff. - Vgl. zur Widerlegung dieses Einwandes Klaus Beck: Medien
und soziale Konstruktion von Zeit... a.a.O., S. 17; Siegfried
Johannes Schmidt: Selbstorganisation, Wirklichkeit, Verantwortung...
a.a.O., S. 8 f.; Siegfried Johannes Schmidt: Der Radikale Konstruktivismus...
a.a.O., S. 40 f.; Siegfried Weischenberg: Der blinde Fleck des
Kritikers. Zu den 'Wahrheiten' einer Konstruktivismus-Rezeption.
in: Communicatio Socialis, Zeitschrift für Publizistik in
Kirche und Welt, 25. Jg., Heft 2/1992, Kassel / Paderborn 1992,
S. 168 ff.
(73) Der deutsche Philosoph sah in der neuen Sichtweise seiner
kritischen Werke eine ähnliche Wende in der Philosophie,
wie es sie in der Astronomie durch den Übergang vom ptolemäischen
zum kopernikanischen Weltsystem gegeben hatte. - Vgl. Immanuel
Kant: Gesammelte Schriften. 29 Bände, Band 3: Werke: Kritik
der reinen Vernunft 1. Berlin 1911, S. 12 (Vorrede zur zweiten
Auflage, Randnr. XVI ff.), Neudruck, erstmals Riga 1787, zweite
Auflage
(74) Siehe Hermann Boventer: Der Journalist in Platons Höhle...
a.a.O., S. 157 sowie Ulrich Saxer: Thesen zur Kritik des Konstruktivismus...
a.a.O., S. 178 und nahezu wörtlich auch Ulrich Saxer: Fortschritt
als Rückschritt?... a.a.O., S. 66 - Ähnlich äußerten
sich Hermann Boventer und Ulrich Saxer auch in persönlichen
Gesprächen mit dem Autor am 18. November 1994 in Bonn am
Rande des 8. Streitforums. Beide waren Podiumsteilnehmer des Forums,
das von der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung unter dem Titel
"Gestörte Kommunikationsverhältnisse? Medienpraxis
und Medienethik - die Zukunft einer schwierigen Beziehung"
veranstaltet wurde.
(75) Vgl. zum Einwand einer Weltleugnung des Konstruktivismus
Guido Bröer: Journalismus als Lebensform. Wege aus der Fremdheit
im journalistischen Alltag. Diplomarbeit, zwei Teile, Teil 1,
agenda Medien, Band 2, Münster 1994, S. 18; Ralf Nüse
/ Groeben, Norbert u.a.: Über die Erfindung/en des radikalen
Konstruktivismus... a.a.O., S. 93 ff.; Werner Obrecht: Zur Kritik
des Konstruktivismus oder: eine andere Art, systemisch zu denken.
Ein Gespräch mit Werner Obrecht. in: Zeitschrift für
systemische Therapie, 9. Jg., Heft 4, Meyn, Oktober 1991, S. 282
f.; Ulrich Saxer: Fortschritt als Rückschritt?... a.a.O.,
S. 70 f. - Vgl. zur Widerlegung dieses Einwandes Ernst von Glasersfeld:
Konstruktivistische Diskurse... a.a.O., S. 7 f.; Ernst von Glasersfeld:
Konstruktion der Wirklichkeit... a.a.O., S. 8; Peter Kruse / Stadler,
Michael: Radikaler Konstruktivismus... a.a.O., S. 208; Niklas
Luhmann: Soziologische Aufklärung. fünf Bände,
Band 5: Konstruktivistische Perspektiven, Opladen 1990, S. 31
ff.; Bernd Scheffer: Wie wir erkennen... a.a.O., S. 58 ff.; Lynn
Segal: Das 18. Kamel... a.a.O., S. 42 f.; Paul Watzlawick / Kreuzer,
Franz: Die Unsicherheit unserer Wirklichkeit... a.a.O., S. 34
(76) omnibus (lateinisch) = "für alle"
(77) Vgl. zum Einwand einer Beliebigkeit des Konstruktivismus
Rudolf Arnheim: Die verschwindende Welt und Köhlers Tintenfaß.
in: Gestalt Theory, An international multidisciplinary journal,
11. Jg., Heft 3/1989, Opladen 1989, S. 194 ff.; Günter Bentele:
Wie wirklich ist die Medienwirklichkeit?... a.a.O., S. 158 f.
und 163 f.; Hermann Boventer: Der Journalist in Platons Höhle...
a.a.O., S. 157 ff.; Guido Bröer: Journalismus als Lebensform...
a.a.O., Teil 1, S. 18 f.; Hans Mathias Kepplinger: Ereignismanagement...
a.a.O., S. 56; Hans Mathias Kepplinger: Erkenntnistheorie und
Forschungspraxis des Konstruktivismus. in: Günter Bentele
/ Rühl, Manfred (Hg.): Theorien öffentlicher Kommunikation.
Problemfelder, Positionen, Perspektiven. Schriftenreihe der Deutschen
Gesellschaft für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft
(DGPuK), Band 19, München 1993, S. 119 f.; Rainald Merkert:
Warum so radikal?... a.a.O., S. 12 f.; Ulrich Saxer: Thesen zur
Kritik des Konstruktivismus... a.a.O., S. 182 f. - Vgl. zur Widerlegung
dieses Einwandes Ernst von Glasersfeld: Konstruktion der Wirklichkeit...
a.a.O., S. 8 und 19 f.; Peter Kruse / Stadler, Michael: Wahrnehmen,
Verstehen, Erinnern... a.a.O., S. 42 ff.; Peter Kruse / Stadler,
Michael: Der psychische Apparat des Menschen... a.a.O., S. 40
ff.; Niklas Luhmann: Der "Radikale Konstruktivismus"
als Theorie der Massenmedien? Bemerkungen zu einer irreführenden
Debatte. in: Communicatio Socialis, Internationale Zeitschrift
für Kommunikation in Religion, Kirche und Gesellschaft, 27.
Jg., Heft 1/1994, Mainz 1994, S. 7 ff.; Siegfried Johannes Schmidt:
Einladung, Maturana zu lesen. in: Humberto Romecin Maturana: Erkennen.
Die Organisation und Verkörperung von Wirklichkeit. Schriften
zur Wissenschaftstheorie, Wissenschaft und Philosophie, Band 19,
Braunschweig 1985, 2. Auflage, S. 2 f.; Siegfried Johannes Schmidt:
Selbstorganisation, Wirklichkeit, Verantwortung... a.a.O., S.
7 f.; Siegfried Johannes Schmidt: Der Radikale Konstruktivismus...
a.a.O., S. 41; Michael Stadler / Kruse, Peter: Martin Luther,
Wolfgang Köhler und die Wirklichkeit des Tintenfasses. Eine
Replik auf Arnheim. in: Gestalt Theory, An international multidisciplinary
journal, 11. Jg., Heft 3/1989, Opladen 1989, S. 199 ff.; Paul
Watzlawick: Schopenhauer und die Thesen des modernen Konstruktivismus.
in: Volker Riegas / Vetter, Christian (Hg): Zur Biologie der Kognition.
Ein Gespräch mit Humberto R. Maturana und Beiträge zur
Diskussion seines Werkes. Frankfurt/Main 1993, 3. Auflage, S.
305; Paul Watzlawick / Kreuzer, Franz: Die Unsicherheit unserer
Wirklichkeit... a.a.O., S. 31; Siegfried Weischenberg: Der blinde
Fleck des Kritikers... a.a.O., S. 168 ff.; Siegfried Weischenberg:
Die Medien und die Köpfe. Perspektiven und Probleme konstruktivistischer
Journalismusforschung. in: Günter Bentele / Rühl, Manfred
(Hg.): Theorien öffentlicher Kommunikation. Problemfelder,
Positionen, Perspektiven. Schriftenreihe der Deutschen Gesellschaft
für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft (DGPuK),
Band 19, München 1993, S. 129
(78) Siehe Paul Watzlawick / Kreuzer, Franz: Die Unsicherheit
unserer Wirklichkeit... a.a.O., S. 31
(79) Vgl. zum Einwand eines Individualismus des Konstruktivismus
Ewald Johannes Brunner: Vom radikalen Konstruktivismus zum Kritischen
Konstruktivismus... a.a.O., S. 138; Norbert Knipp / Müller
Stefan: Wirklichkeitsverlust. Ulrich Saxer über den radikalen
Konstruktivismus im Gespräch mit Norbert Knipp und Stefan
Müller. in: medium, Zeitschrift für Hörfunk, Fernsehen,
Film, Presse, 22. Jg., Heft 2/1992, Frankfurt/Main 1992, S. 11;
Ulrich Saxer: Thesen zur Kritik des Konstruktivismus... a.a.O.,
S. 178 ff.; Ulrich Saxer: Fortschritt als Rückschritt?...
a.a.O., S. 66 ff. - Vgl. zur Widerlegung dieses Einwandes Klaus
Beck: Medien und soziale Konstruktion von Zeit... a.a.O., S. 29;
Siegfried Johannes Schmidt: Selbstorganisation, Wirklichkeit,
Verantwortung... a.a.O., S. 9; Siegfried Johannes Schmidt: Der
Radikale Konstruktivismus... a.a.O., S. 41
(80) Siehe Siegfried Johannes Schmidt: Konstruktivismus, Systemtheorie
und Empirische Literaturwissenschaft... a.a.O., S. 7
(81) Vgl. zum Einwand einer Wiederholung von Altbekanntem durch
den Konstruktivismus sowie zur Widerlegung dieses Einwandes Klaus
Beck: Medien und soziale Konstruktion von Zeit... a.a.O., S. 22
ff.; Gerhard Roth: Die Selbstreferentialität des Gehirns...
a.a.O., S. 232; Siegfried Johannes Schmidt: Einladung, Maturana
zu lesen... a.a.O., S. 3; Siegfried Johannes Schmidt: Selbstorganisation,
Wirklichkeit, Verantwortung... a.a.O., S. 11 ff.; Siegfried Johannes
Schmidt: Der Radikale Konstruktivismus... a.a.O., S. 35 f. und
40; Siegfried Johannes Schmidt: Der beobachtete Beobachter...
a.a.O., S. 313 f.; Lynn Segal: Das 18. Kamel... a.a.O., S. 42
f.
(82) Siehe Humberto Romecin Maturana: Erkennen... a.a.O., S. 301
(83) Siehe Ernst von Glasersfeld: Einführung in den radikalen
Konstruktivismus... a.a.O., S. 21
(84) Siehe Siegfried Johannes Schmidt: Selbstorganisation, Wirklichkeit,
Verantwortung... a.a.O., S. 7 f.
(85) Vgl. zur Geschichte pragmatischer Denkrichtungen in der westlichen
Philosophie von der Antike bis in die Neuzeit Herbert Stachowiak
(Hg.): Pragmatik. Handbuch des pragmatischen Denkens. fünf
Bände, Hamburg 1986-95
(86) Siehe Paul Watzlawick / Kulturabteilung der Stadt Wien: Vom
Unsinn des Sinns... a.a.O., S. 74 f.