"Grundlagen
der Chaostheorie.
Eine allgemein verständliche Einführung für Laien."
(aus: "Bausteine einer systemischen Nachrichtentheorie")
Zu
diesem Buch gibt es auch eine Inhaltsangabe
und mehrere Buchbeprechungen.
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Gliederung:
1.
Naturwissenschaftliche Ansätze
Chaos und Ordnung
Determinismus und Reduktionismus
Quanten-, Relativitäts-
und Chaostheorie
1.1. Nichtlineare Systeme
Nichtlinearität
Rückkopplungen und Iterationen
1.2. Attraktoren und Bifurkationen
Quasiperiodizität und Sensitivität
Attraktoren und seltsame Attraktoren
Turbulenzen und Systemübergänge
Bifurkationen und Perioden-Verdopplungen
1.3. Intermittenzen, Fraktale
und Solitonen
Intermittenzen und Cantor-Menge
Fraktale und Mandelbrot-Menge
Selbstähnlichkeit
Solitonen
2. Geistes- und sozialwissenschaftliche
Ansätze
Geschichtswissenschaft
Wirtschaftswissenschaft
Psychologie
3. Zusammenfassung
Fußnoten
1.
Naturwissenschaftliche Ansätze
Chaos
und Ordnung:
Nach der klassischen griechischen Mythologie bildete das Chaos
den ungeordneten Urzustand der Welt. Demnach ging erst aus dem
Chaos die spätere geordnete Welt, der Kosmos, hervor. Dieser
Mythos von einem zunächst ungeordneten Urstoff findet sich
auch in zahlreichen anderen Mythen über die Entstehung der
Welt. Mit der christlichen Lehre von der Schöpfung der Weltordnung
aus dem Nichts verlor Chaos jedoch in der Spätantike seine
ursprüngliche Bedeutung. Unter "Chaos" versteht
man daher heute allgemein Zustände und Vorgänge der
Unvorhersagbarkeit und Unberechenbarkeit.
Darüber hinaus hat Chaos aber bis in die Gegenwart den Ruf
von etwas Unbeschreiblichem, Unheimlichem oder sogar Gefährlichem.
Im wissenschaftlichen Bereich ist man auf den meisten Forschungsgebieten
beunruhigt, wenn man auf chaotische Erscheinungen (wie Turbulenzen,
Vibrationen) stößt, und man versucht häufig, diese
Beobachtungen als unbedeutende Störungen abzutun und auszuklammern.
Auch im gesellschaftlichen Bereich fürchten sich die meisten
vor Chaos (wie Revolutionen, Börsenkräche). Nicht umsonst
werden Extremisten und Extremistinnen, die eine bestehende politische
Ordnung durch Gewaltaktionen zerstören wollen, häufig
als Chaoten bezeichnet.
Es scheint ein menschliches Grundbedürfnis zu sein, das Unbeschreibliche
und Unheimliche der Welt in eine verlässliche Ordnung zu
bringen. Dabei wurde in früheren Zeiten eher am Aberglaube
festgehalten als auf naturwissenschaftliche Forschung vertraut.
In Europa war es bis ins 16. Jahrhundert herrschende (Kirchen-)Lehre,
dass die Erde eine Scheibe sei und den Mittelpunkt des Weltalls
bilde. Grundlage hierfür waren die frühen Arbeiten des
griechischen Geographen und Astronomen Claudius Ptolemäus
(um 100 - 160), der ein umfangreiches Kartenwerk von der damals
bekannten Welt zusammengetragen hatte. Ptolemäus übernahm
darüber hinaus die noch ältere Auffassung des griechischen
Philosophen und Naturforschers Aristoteles (384 - 322 v.Chr.),
wonach sich die Sonne und alle anderen Himmelskörper um die
Erde bewegen (geozentrisches oder ptolemäisches Weltsystem).
Das auf dieser Grundlage entstandene geschlossene Weltbild war
der große Schatz der alten Wissenschaften von der Antike
bis ins Späte Mittelalter. Dieses Weltverständnis konnte
sich auf eine jahrhundertealte, traditionelle Ordnung berufen,
die zudem noch von der herrschenden Kirchenlehre und Bibelauslegung
gestützt wurde.
Determinismus
und Reduktionismus:
Doch diese alte Ordnung ließ sich auf Dauer nicht mehr mit
den tatsächlichen Beobachtungen in der Natur in Einklang
bringen. Die im 15. Jahrhundert in Europa entstehenden neuzeitlichen
Naturwissenschaften versuchten daher, den Erscheinungen der Natur
eine neue, durch Beobachtung überprüfte Ordnung zu geben.
Ein erster wichtiger Schritt hierzu waren die Arbeiten des deutsch-polnischen
Astronomen Nikolaus Kopernikus (1473 - 1543). Er entwickelte aus
seinen Beobachtungen ein neues Weltbild, wonach sich die Planeten
und die Erde um die Sonne bewegen (heliozentrisches oder kopernikanisches
Weltsystem). Dabei wurde er auch von dem griechischen Astronomen
Aristarchos von Samos (um 310 - um 230 v.Chr.) angeregt, der bereits
eine ähnliche Auffassung vertreten hatte. Der deutsche Astronom
Johannes Kepler (1571 - 1630) baute das erste astronomische Fernrohr
und konnte das neue Weltsystem durch genauere Beobachtungen bestätigen.
Darüber hinaus vervollkommnete er das System durch seine
Berechnungen über die ellipsenförmigen Planetenbewegungen
(Keplersche Gesetze). Ein weiterer wichtiger Wegbereiter des kopernikanischen
Weltsystems war der italienische Physiker und Mathematiker Galileo
Galilei (1564 - 1642), der nicht nur die Pendel- und Fallgesetze
fand, sondern auch ein verbessertes Fernrohr baute und damit die
Phasen der Venus sowie vier Monde des Jupiter entdeckte.
Als entscheidend erwiesen sich jedoch die Forschungen des englischen
Physikers und Mathematikers Isaac Newton (1643 - 1727), der bis
heute als der Bahnbrecher der neuzeitlichen Naturwissenschaften
gilt. Newton entdeckte die Gravitationsgesetze, das Rückstoßprinzip
und das Trägheitsgesetz; er fand die Gesetze des Lichtspektrums
und entwarf eine überzeugende Theorie vom Licht und den Farben;
und er entwickelte, zur gleichen Zeit wie der deutsche Philosoph
und Mathematiker Gottfried Wilhelm Leibniz (1646 - 1716), die
Differential- und Integralrechnung. Seit Newton galten Masse,
Raum, Zeit und Bewegung als absolute Größen, die sich
von den Wissenschaften mit Hilfe von Naturgesetzen eindeutig bestimmen
und auch in Zukunft ursächlich vorhersagen lassen (Determinismus).
In die gleiche Richtung gingen die Arbeiten des französischen
Astronomen und Mathematikers Pierre Simon de Laplace (1749 - 1827),
der unter anderem die Bewegungen der Himmelskörper genau
darstellte. Er und seine Zeitgenossen sahen die Welt als ein Uhrwerk,
dessen Vorgänge sich einzeln erforschen, auf bestimmte Gesetzmäßigkeiten
reduzieren und nachfolgend verallgemeinern lassen (Reduktionismus).
Es schien, als ob der verlorene Schatz des antiken geschlossenen
Weltbildes durch die neuzeitlichen Wissenschaften zurückgewonnen
worden sei.
Doch bereits Ende des 19. Jahrhunderts stieß der französische
Mathematiker Jules Henri Poincaré (1854 - 1912) auf ein
physikalisches Problem, das den Newtonschen Determinismus und
den Laplaceschen Reduktionismus wieder in Frage stellte. Poincaré,
der auf dem Gebiet der Algebra wichtige Arbeit leistete (Theorie
der automorphen Funktionen, Homologietheorie), untersuchte nämlich
auch das sogenannte Dreikörperproblem. Mit Hilfe der von
Newton entdeckten Gravitationsgesetze lassen sich zwar die Bewegungen
von zwei Himmelskörpern eindeutig berechnen (beispielsweise
die ellipsenförmige Bewegung des Mondes um die Erde). Sobald
jedoch ein dritter Gravitationskörper hinzukommt (zum Beispiel
die Sonne mit ihrer Anziehung auf Erde und Mond), lassen sich
die zur Berechnung notwendigen Gleichungen nicht mehr eindeutig
lösen. Die Umlaufbahnen können zwar annäherungsweise
vorausberechnet werden, aber dennoch tritt bald eine Abweichung
ein, so dass langfristige Vorhersagen nicht möglich sind.
Daraus folgt auch, dass sich nicht sagen lässt, ob unser
Sonnensystem tatsächlich stabil ist - wie ein Uhrwerk verhält
es sich jedenfalls nicht. Diese wissenschaftliche Einsicht von
Poincaré wurde jedoch zunächst sogar in Fachkreisen
als Kuriosität abgetan.
Quanten-,
Relativitäts- und Chaostheorie:
Ab dem Jahr 1900 entwickelte der deutsche Physiker Max Karl Ernst
Ludwig Planck (1858 - 1947) die Quantentheorie. Planck entdeckte
unter anderem, dass die Ausstrahlung eines Körpers von dessen
Temperatur und der Wellenlänge der Strahlung abhängt
(Plancksches Strahlungsgesetz). Hieraus leitete er ab, dass Strahlungsenergie
in Quanten abgegeben wird, also nicht gleichförmig und regelmäßig,
sondern paketförmig und stoßweise. Außerdem entdeckte
Planck eine wichtige Naturkonstante der Atomphysik (Plancksches
Wirkungsquantum), die unter anderem einen Faktor im Verhältnis
zwischen der Energie und der Frequenz von elektromagnetischer
Strahlung bildet. Im Jahr 1918 erhielt Planck für seine Forschung
den Nobelpreis für Physik. Der deutsch-amerikanische Physiker
Albert Einstein erweiterte die Quantentheorie um die Hypothese
der Lichtquanten, nach der man sich das Licht gleichzeitig als
Welle und Teilchen vorstellen kann (Dualität des Lichts).
Außerdem begründete Einstein im Jahr 1905 die spezielle
und 1914/15 die allgemeine Relativitätstheorie, deren Kern
die Gleichwertigkeit von Masse und Energie nach der Formel E =
m c2
ist - wobei E für die Energiemenge, m für die Masse
und c für die Lichtgeschwindigkeit steht. Durch die Relativitätstheorie
wurde die seit Newton geltende deterministische Auffassung in
Frage gestellt, wonach Masse, Raum, Zeit und Bewegung absolute
Größen sind. Diese hängen statt dessen von der
Situation des Beobachters ab und sind somit relativ. Einstein
erhielt im Jahr 1921 den Nobelpreis für Physik.
Der dänisch-amerikanische Physiker Niels Hendrik David Bohr
(1885 - 1967) entwickelte die Quantenhypothesen von Planck und
Einstein bis zum Jahr 1913 zu seinem bis heute bekannten Atommodell
fort (Bohrsches Atommodell). Bohr erhielt dafür den Nobelpreis
für Physik des Jahres 1922. Auch der deutsche Physiker Werner
Karl Heisenberg (1901 - 1976) baute die Quantentheorie aus und
begründete eine Theorie über den Aufbau der Atomkerne.
Im Jahr 1927 veröffentlichte er seine Erkenntnis, dass sich
unter anderem Ort und Impuls bestimmter Atomteilchen (wie Elektronen)
nur annäherungsweise ermitteln lassen (Heisenbergsches Unschärfeprinzip).
Diese Unschärfe entsteht keineswegs durch Wahrnehmungs- oder
Messfehler, sondern ist eine grundsätzliche Eigenschaft der
Atomteilchen. Damit wurde die seit Newton herrschende deterministische
Auffassung von Naturgesetzen erneut widerlegt. Nach dem von Poincaré
im astronomischen Bereich beschriebenen Dreikörperproblem
schränkte nun Heisenberg durch sein Unschärfeprinzip
auch im atomaren Bereich die Berechenbarkeit von Naturvorgängen
ein. Ihm wurde im Jahr 1932 der Nobelpreis für Physik verliehen.
Der deterministische und reduktionistische Schatz eines geschlossenen
Weltbildes war also im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts durch
neue naturwissenschaftliche Erkenntnisse wieder verloren gegangen.
Dennoch reichen die von Newton entdeckten Gesetze üblicherweise
aus, um sogar ehrgeizige technische Vorhaben (wie Mondflüge)
zu verwirklichen. Chaotische Zustände und Vorgänge in
Natur oder Technik (wie Turbulenzen und Vibrationen) konnten hingegen
nicht erklärt werden. Seit den 60er Jahren entstand jedoch
eine neue Forschungsrichtung, die Chaos nicht nur als rätselhaften
Sonderfall abtat, sondern sich für dessen Eigenschaften interessierte.
(1) Forscher verschiedener Fachgebiete entdeckten dabei, dass
sich chaotische Systeme im Rahmen einer dynamischen Ordnungsbildung
selbst organisieren und verblüffende Ordnungsmuster bilden
können. Diese Ausnahmen bestätigen zwar bloß die
allgemeine Regellosigkeit des Chaos, aber gleichzeitig lässt
sich Chaos nicht länger mit Zufälligkeit gleichsetzen.
Die bei der Erforschung chaotischer Zustände und Vorgänge
erzielten Ergebnisse fasst man unter dem Begriff "Chaostheorie"
zusammen, und sie beeinflusst heute zahlreiche natur- und geisteswissenschaftliche
Bereiche.
Viele Verfechter der neuen Forschungsrichtung sind der Auffassung,
dass die Chaosforschung (neben der Quantenmechanik und der Relativitätstheorie)
die dritte bedeutsame naturwissenschaftliche Errungenschaft des
20. Jahrhunderts ist. Der US-amerikanische Physiker und Chaosforscher
Joseph Ford schreibt: "Die Relativitätstheorie beendete
die Newtonsche Illusion von Zeit und Raum als absoluten Kategorien;
die Quantentheorie setzte dem Newtonschen Traum von einem exakt
kontrollierbaren Messprozess ein Ende; und nun erledigt die Chaostheorie
Laplaces Utopie deterministischer Voraussagbarkeit."
(2) Die Verfechter der Chaosforschung setzen sich allerdings dem
Vorwurf aus, dass sie sich häufig wie Gralsritter gebärden,
die den verlorenen Schatz der Weltwahrheit wiederentdeckt zu haben
glauben. Kritiker und Kritikerinnen weisen darauf hin, dass um
das Chaos geradezu ein Kult betrieben werde und dass es heute
Mode sei, alles in Alltag und Wissenschaft unter Gesichtspunkten
der Chaosforschung zu betrachten. Die Chaostheorie ist jedoch
weder eine welterklärende Heilslehre, noch kann man sie bloß
als modischen Aberglaube abtun. Im folgenden werden daher zunächst
die Grundzüge sowie einige Ergebnisse der naturwissenschaftlichen
Chaosforschung erläutert und später mehrere geistes-
und sozialwissenschaftliche Ansätze vorgestellt.
1.1.
Nichtlineare Systeme
Aus
naturwissenschaftlicher Sicht gehört die Chaostheorie zum
Forschungsbereich der nichtlinearen Dynamik. Obwohl im Chaos keine
Linearität gemäß Ursache und Wirkung besteht (Kausalbeziehung)
und sich chaotische Systeme unvorhersagbar und unberechenbar verhalten,
folgen sie selbstverständlich den Naturgesetzen und sind
daher auch nicht zufällig. Deshalb spricht man in der Chaosforschung
auch von einem gesetzmäßigen (deterministischen) Chaos.
Nichtlinearität:
In der klassischen Physik und Mathematik werden vor allem lineare
Systeme und Gleichungen behandelt. Sie bieten den Vorteil, dass
sie nach reduktionistischer Art zerlegt, einzeln berechnet und
wieder zusammengeführt werden können. Dies ist vor allem
bei umfangreichen und schwierigen Berechnungen hilfreich. Als
einfaches Beispiel für ein (zunächst) lineares System
beschreibt der britische Physiker und Wissenschaftsautor Paul
Davies die Dehnung eines Gummibandes: (3) Demnach dehnt sich ein
Gummiband um eine bestimmte Länge aus, wenn an ihm mit einer
bestimmten Kraft gezogen wird. Bei der doppelten oder dreifachen
Zugkraft dehnt sich das Band entsprechend doppelt beziehungsweise
dreifach aus. Dieses System der bei einem Gummiband wirkenden
Kräfte verhält sich also linear, da in ihm zwischen
Ursache und Wirkung ein proportionaler Zusammenhang besteht. In
linearen Systemen und Gleichungen ist das Ganze also die Summe
seiner Bestandteile, die sich somit einzeln untersuchen lassen.
Auch für nichtlineare Probleme gibt es seit Newton und Leibniz
durch die Differential- und Integralrechnung lineare Berechnungsverfahren,
die annähernde Lösungen ermöglichen. Jedoch sind
hier eben nur Annäherungen möglich und häufig versagen
die Rechenmethoden sogar völlig. Nichtlineare Systeme sind
nämlich im Grunde nicht auflösbar und lassen sich nicht
in ihre Bestandteile zerlegen beziehungsweise wieder zusammenführen.
Dadurch werden sogar auf den ersten Blick einfache Systeme physikalisch
unvorhersagbar und mathematisch unberechenbar. Diese Unschärfe
von nichtlinearen Systemen wird am von Davies gewählten Beispiel
über die Dehnung eines Gummibandes deutlich. Denn selbstverständlich
dehnt sich ein Gummiband nicht zu unendlicher Länge aus,
wenn an ihm mit immer stärkerer Kraft gezogen wird. Das Band
wird irgendwann starr und reißt schließlich bei einer
vorher nicht berechenbaren Zugkraft und zu einem vorher nicht
berechenbaren Zeitpunkt. Das zunächst lineare System der
bei einem Gummiband wirkenden Kräfte verhält sich also
plötzlich nichtlinear.
Hier noch zwei weitere Beispiele für nichtlineare Systeme:
Der US-amerikanische Journalist und Wissenschaftsautor James Gleick
erläutert Nichtlinearität mit Hilfe der Beschleunigung
eines Eishockeypucks auf dem Eis. (4) Die zur Beschleunigung des
Pucks notwendige Antriebskraft ließe sich durch lineare
Gleichungen ausdrücken, wenn nicht die Oberflächenreibung
des Eises den Puck bremsen würde. Durch die Reibung wird
der Zusammenhang zwischen Antriebskraft und Beschleunigung jedoch
unproportional. Die Größe der zur Beschleunigung nötigen
Kraft hängt nämlich davon ab, mit welcher Geschwindigkeit
sich der Eishockeypuck bereits über die Eisoberfläche
bewegt.
Zwei US-Amerikaner, der Psychologe John Briggs sowie der Physiker
und Wissenschaftsautor F. David Peat, schildern ein weiteres Beispiel
für Nichtlinearität: (5) Das Losbrechen eines Erdbebens,
wobei sich vorher jahrzehntelang zwei Platten der Erdkruste gegeneinander
schieben und sich entlang ihrer Spannungslinie langsam ein unregelmäßiger
Druck aufbaut. In diesem Spannungssystem kann eine winzige Veränderung
plötzlich zu einer katastrophalen Wirkung führen. Während
die Drücke zwischen den einzelnen Bereichen der beiden Erdplatten
über Jahrzehnte gleichbleibend zunehmen, kann sich dies an
einem unvorhersagbaren und unberechenbaren kritischen Punkt ändern.
Dann wechselt das System völlig sein Verhalten und die Spannungen
entladen sich in einem Erdbeben. Zusammenfassend lässt sich
festhalten, dass in nichtlinearen Systemen und Gleichungen das
Ganze weit mehr ist als die Summe seiner Bestandteile, die sich
daher auch nicht aus dem Zusammenhang lösen und einzeln untersuchen
lassen.
Rückkopplungen
und Iterationen:
Zwei wesentliche Merkmale von nichtlinearen Systemen sind Rückkopplungen
und Iterationen. Bei Rückkopplungen wird das Ergebnis eines
System- oder Rechenvorgangs wiederum in die weitere Entwicklung
des Systems oder der Gleichung einbezogen. Man unterscheidet negative
und positive Rückkopplungen, wobei sich die Bestandteile
des Systems gegenseitig hemmen beziehungsweise verstärken.
Briggs und Peat nennen für beide Formen Beispiele: (6) So
handelt es sich bei der automatischen Thermostat-Steuerung einer
Heizung um eine negative Rückkopplung, da der Thermostat
bei sinkender Temperatur die Heizung anschaltet und sie bei steigender
Temperatur abdreht (Regelkreis). Ein Beispiel für eine positive
Rückkopplung lässt sich bei Lautsprecheranlagen beobachten,
wenn ein Mikrophon zu dicht an die Lautsprecher kommt. Es entsteht
ein schrilles Pfeifen, weil das Mikrophon die Geräusche aus
dem Lautsprecher auffängt und in ständigen Schleifen
immer wieder über den Verstärker der Anlage zum Lautsprecher
zurückleitet (Feedback). Aus Rückkopplungen leitet sich
ein weiteres Merkmal von nichtlinearen Systemen und Gleichungen
ab, nämlich das Auftreten von Iterationen. Als "Iteration"
bezeichnet man in der Chaosforschung die gleichförmige und
ständige Wiederholung von Rückkopplungen, bei denen
das Ergebnis eines Systemvorgangs wiederum in die weitere Entwicklung
des Systems einbezogen wird.
Die Bezeichnung "Iteration" lehnt sich an die Differential-
und Integralrechnung an, wo der Begriff ein Berechnungsverfahren
zur schrittweisen Annäherung an eine Lösung beschreibt.
Der Begriff taucht aber auch in der Psychologie auf, wo er die
zwanghafte dauernde Wiederholung von gleichartigen Wörtern
oder Bewegungen bei manchen Geistes- oder Nervenkrankheiten beschreibt.
Die iterative Wiederholung von Vorgängen ist also ein Merkmal,
das in vielen wissenschaftlichen Bereichen zu finden ist. Briggs
und Peat beschreiben Iterationen dementsprechend als eine universale
Eigenschaft von nichtlinearen chaotischen Systemen: "Iteration
- Rückkoppelung durch stetige Wiederaufnahme und Wiedereinbeziehung
von allem, was vorher war - begegnet uns fast überall: in
sich dahinwälzenden Wettersystemen, bei der künstlichen
Intelligenz, in der periodischen Erneuerung unserer Körperzellen."
(7)
1.2.
Attraktoren und Bifurkationen
Der
US-amerikanische Meteorologe Edward Lorenz gilt als einer der
Wegbereiter der Chaostheorie. Er beschäftigte sich bereits
zu Beginn der 60er Jahre mit dem wohl komplexesten chaotischen
System unseres Planeten - dem Wetter. (8) Er verwendete dabei
Rückkopplungen und Iterationen nichtlinearer Gleichungen,
um Systemvorgänge des Wetters mathematisch zu simulieren.
Ziel seiner meteorologischen Forschungen war es, zuverlässige
Wettervorhersagen über längere Zeiträume zu ermöglichen.
Ihm stand für seine Simulationen am Massachusetts Institute
of Technology (MIT) im US-amerikanischen Cambridge (Mass.) einer
der ersten elektronischen Großrechner zur Verfügung.
Und obwohl dieser frühe Computer verglichen mit der heutigen
Technik nicht sehr leistungsfähig war, erkannte Lorenz mit
seiner Hilfe einige wichtige Eigenschaften des Wetters.
Quasiperiodizität
und Sensitivität:
Der Meteorologe entwickelte zwölf nichtlineare Gleichungen,
mit denen er die wichtigsten Wettervorgänge nachahmte. Es
handelte sich dabei um einfache mathematische Regeln, mit denen
sich die Wechselbeziehungen zwischen Temperaturen, Luftdrücken,
Windgeschwindigkeiten und anderem darstellen ließen. Die
Ergebnisse seiner iterativen Computer-Berechnungen ließ
er von einem Drucker in Form von Verlaufskurven ausdrucken. Dabei
entdeckte Lorenz, dass die Computer- beziehungsweise Wetterkurven
zwar in verschiedenen Zyklen ablaufen (Tag und Nacht, Sommer und
Winter, Warmzeit und Eiszeit), sich aber nie genau wiederholen
(Quasiperiodizität). Als weitere nichtlineare Eigenschaft
des Wetters erkannte er mit Hilfe des Computers, dass schon kleinste
Veränderungen der Rahmenbedingungen langfristig unterschiedliche
Verlaufskurven zur Folge haben (Sensitivität).
Aus dem Umstand, dass sich bei den iterativen Berechnungen sogar
Rundungsfehler mehrere Stellen hinter dem Komma auswirken, leitete
Lorenz für das Wetter den sogenannten Schmetterlingseffekt
ab. Demnach kann sogar der winzige Flügelschlag eines Schmetterlings
bedeutsame Auswirkungen auf das globale Wetter haben und beispielsweise
einen Sturm auslösen. (Die Betonung liegt hier allerdings
auf dem Wort "kann"! Es wäre ein Trugschluss anzunehmen,
dass sich das Wetter durch den Flügelschlag eines Schmetterlings
ändern "muss". Das Wetter ist nämlich wie
jedes nichtlineare System grundsätzlich physikalisch unvorhersagbar
und mathematisch unberechenbar. Das Missverständnis taucht
leider in der Diskussion über die Chaosforschung immer wieder
auf. Der Trugschluss wird deutlich, wenn man sich vorstellt, man
würde den besagten Schmetterling fangen und vorzeitig töten.
Denn auch das Ausbleiben des besagten Flügelschlags "kann"
das Wetter beeinflussen - genauso wie der Lufthauch des Schmetterlingsnetzes.)
Obwohl er ursprünglich das Sinnbild einer Seemöwe verwendete,
setzte sich seit der Jahreskonferenz der American Association
for the Advancement of Science im Dezember 1979 im US-amerikanischen
Washington (D.C.) das Bild vom Schmetterling durch. Dort trug
Lorenz einen Aufsatz vor unter dem Titel "Predictability:
Does the Flap of a Butterfly's Wings in Brazil Set Off a Tornado
in Texas?" (9) - auf deutsch: "Vorhersagbarkeit:
Löst der Schlag eines Schmetterlingsflügels in Brasilien
einen Wirbelsturm in Texas aus?". Darin erläuterte er
seine Erkenntnis, dass beim Wetter sogar kleine Einflüsse
große Wirkungen haben können. Vorher waren die Meteorologen
davon ausgegangen, dass eine kleine numerische Abweichung bei
Wetterdaten lediglich einem leichten Windhauch entspricht. Und
man nahm an, dass sich solche schwachen Winde gegenseitig ausgleichen
und aufheben würden, ohne das Wetter spürbar zu beeinflussen.
Im Laufe der Chaosforschung zeigte sich jedoch, dass nichtlineare
chaotische Systeme grundsätzlich eine sensitive Abhängigkeit
von ihren Rahmenbedingungen aufweisen und somit einen "Schmetterlingseffekt"
zeigen.
Lorenz kam letztlich aus drei Gründen zu dem Schluss, dass
langfristige Wettervorhersagen grundsätzlich unmöglich
sind: Zum einen rechnen sogar Supercomputer nur mit einer eng
begrenzten Datenmenge, so dass der weitaus größte Teil
der weltweiten Wettervorgänge stets unberücksichtigt
bleibt. Auf diese Weise werden im lokalen Maßstab sogar
Gewitter oder Stürme vernachlässigt, die dessen ungeachtet
das globale Wettergeschehen mit beeinflussen können. Doch
selbst wenn den Meteorologen alle Wetterdaten der Welt zur Verfügung
stünden, wäre dies für langfristige Vorhersagen
noch nicht ausreichend. Denn zum zweiten werden diese Daten sogar
vom größten Supercomputer immer nur mit einer begrenzten
Zahl von Stellen hinter dem Komma erfasst. Der sich daraus ergebende
Rundungsfehler (und sei er noch so klein) führt bei nachfolgenden
iterativen Berechnungen zu immer größeren Abweichungen.
Den Meteorologen müssten also nicht nur die Wetterdaten vollständig
zur Verfügung stehen, sondern sie müssten auch einen
Computer mit unendlicher Rechenkapazität haben.
Doch sogar diese gleichsam göttlichen Eigenschaften wären
noch nicht ausreichend. Denn als dritten und letztlich entscheidenden
Grund erkannte Lorenz, dass das Wetter wie jedes nichtlineare
System physikalisch unvorhersagbar und damit auch mathematisch
unberechenbar ist. Der unendlich große Supercomputer müsste
für die unendlich große Datenmenge auch unendlich viele
Wetterabläufe vorausberechnen. Dies hätte zur Folge,
dass sich die notwendigen Berechnungen mit jedem Rechenschritt
unendlich potenzieren, während das Wetter immer nur einem
der möglichen Abläufe folgt. Der Rechenvorgang müsste
also unendlich komplexer sein als das gesamte globale Wettersystem
selbst und würde rasch hoffnungslos hinterherhinken. Im besten
Fall ließe sich auf diese Weise noch eine Echtzeit-Simulation
des Wetters erzeugen - eine Vorhersage ist jedoch unmöglich.
Attraktoren
und seltsame Attraktoren:
Lorenz gelang es also nicht, Wettervorhersagen über längere
Zeiträume zu ermöglichen. Im Rahmen seiner meteorologischen
Forschungen entdeckte er jedoch, dass sogar das chaotische Wetter
Ordnungsmuster aufweist, die man Attraktoren nennt. (10) Dieser
Begriff wurde aus dem lateinischen Wort für "anziehen"
abgeleitet. "Attraktoren" sind also Anziehungspunkte
oder -bahnen, denen ein chaotisches System langfristig zustreben
kann und bei denen es ein geordnetes Verhalten annimmt.
Zum Beispiel strebt ein Pendel (wenn es keinen äußeren
Antrieb erhält) langfristig dazu, senkrecht über einem
Ruhepunkt zum Stillstand zu kommen - dieser Ruhepunkt ist somit
der Punkt-Attraktor des Pendels. Es gibt aber nicht nur Attraktoren
in Form eines einzigen Punktes, sondern sie können auch linien-
oder ringförmige Muster aufweisen. Ein Beispiel für
ringförmige Attraktoren sind Raubtier-Beute-Zyklen, wie man
sie bei Luchsen und Schneehasen oder bei Hechten und Forellen
findet. Wenn ein solches Raubtier-Beute-System nicht durch besondere
Einflüsse gestört wird, strebt es immer wieder dem gleichen
zyklischen Muster zu: Wenn die Beutetiere zahlreich sind, finden
die Raubtiere viel Nahrung und vermehren sich, so dass die Beutetiere
weniger werden, woraufhin die Raubtiere weniger Nahrung finden
und ebenfalls weniger werden, so dass sich die Beutetiere wieder
vermehren können und die Raubtiere wieder viel Nahrung finden
und so weiter, und so fort. Das Raubtier-Beute-System folgt also
dem Muster eines ringförmigen Attraktors, dem es auch nach
äußeren Störungen, wie Wetterkatastrophen oder
Tierseuchen, immer wieder zustrebt.
Außer punkt-, linien- oder ringförmigen Attraktoren
treten in chaotischen Systemen auch noch sogenannte "seltsame
Attraktoren" auf. (11) Hierbei handelt es sich um Attraktoren,
die zwar eine erkennbare Gestalt haben, aber nicht klar von ihrer
Umgebung abgrenzbar sind.
Ein Beispiel für seltsame Attraktoren sind Turbulenzen, also
chaotische Wirbelbildungen in Strömungen von Gasen (zum Beispiel
in den Luftbewegungen der Erdatmosphäre) und Flüssigkeiten
(beispielsweise in strömenden Gewässern). Turbulenzen
stellen für Naturwissenschaftler und Naturwissenschaftlerinnen
nach wie vor ein Problem dar. Bereits der italienische Künstler,
Erfinder und Naturforscher Leonardo da Vinci (1452 - 1519) beobachtete
sie systematisch, der englische Physiker Newton näherte sich
Turbulenzen mit linearen Berechnungsverfahren an, und auch der
deutsche Physiker Heisenberg war von ihnen bis ans Lebensende
fasziniert. Der US-amerikanische Meteorologe Lorenz war schließlich
der erste, der mit Hilfe von mathematischer Simulation in einer
Turbulenz einen seltsamen Attraktor erkannte. Er trug die durch
die Simulation gewonnenen Daten in einem Koordinatenraum ein,
so dass eine dreidimensionale Doppelspirale mit unendlichen Anziehungsbahnen
sichtbar wurde - der sogenannte Lorenz-Attraktor. Das Verhalten
eines chaotischen Systems kann sich also allgemein in einem abgrenzbaren
Bereich bewegen, nämlich auf den Anziehungsbahnen des seltsamen
Attraktors. Dennoch erscheint das Verhalten insgesamt unscharf
und bleibt im Einzelfall physikalisch unvorhersagbar und mathematisch
unberechenbar.
Turbulenzen
und Systemübergänge:
Die chaotischen Vorgänge in einer Turbulenz lassen sich also
mit Hilfe von seltsamen Attraktoren nur grob beschreiben. Den
Naturwissenschaftlern gelang es dennoch, die Entstehung von Turbulenzen
und damit auch anderen chaotischen Zuständen genauer zu erklären.
(12) Dem aufmerksamen Beobachter wird bei Fließgewässern
auffallen, dass sich die Strömung je nach ihrer Geschwindigkeit
an einem Hindernis unterschiedlich verhält. Wenn ein Bach
oder Fluss sehr langsam um einen Stein oder einen Brückenpfeiler
vorbeiströmt, dann umfließt das Wasser das Hindernis
sehr geschmeidig, ohne durcheinander zu geraten. Wenn der Bach
nach einem Regenschauer schneller fließt, dann bilden sich
hinter dem Stein kleine turbulente Wirbel, die recht beständig
sind und an einer Stelle bleiben. Bei wachsender Fließgeschwindigkeit
lösen sich die Wirbel von dem Stein und stören die Strömung
des Baches über eine längere Strecke. Wenn nun die Strömung
noch wilder wird, dann bildet sich an dem Hindernis ein turbulentes
Chaos, das keine Ordnung mehr erkennen lässt.
Bereits der britische Physiker Osborne Reynolds (1842 - 1912)
untersuchte, auf welche Weise durch Rohre strömende Flüssigkeiten
in Turbulenzen übergehen. Er bewies mathematisch die Beobachtung,
dass dies von der Geschwindigkeit der Strömung abhängig
ist. Dabei entdeckte er auch die sogenannte "kritische"
Reynoldszahl, mit deren Hilfe man berechnen kann, wann eine gleichmäßige
Strömung in eine chaotische Turbulenz umschlägt. Der
deutsche Mathematiker Eberhard Hopf (1902 - 1983) entwickelte
1948 eine Theorie, die die Entstehung von Turbulenzen als eine
Reihe von Systemübergängen beschreibt. Er stellte sich
das langsame, geschmeidige Fließen eines Baches als Punkt-Attraktor
vor, das selbst bei Störungen immer wieder eine einzige Geschwindigkeit
annimmt. Bei einer stärkeren Strömung wechselt der Bach
dann laut Hopf zu einem ringförmigen Attraktor, da die Fließgeschwindigkeit
nun durch kleine Wasserwirbel in einem gleichbleibenden Schwingungsmuster
schwankt. In seinem mathematischen Modell ging Hopf weiter davon
aus, dass der ringförmige Attraktor zunächst die Form
eines zweidimensionalen Grenzzykels annimmt. Bei weiter zunehmender
Strömung und dem nächsten Systemübergang wechselt
der Attraktor dann zu einem dreidimensionalen Torus. Die instabilen
Übergangspunkte, an denen die Strömung von einem Attraktor
zum nächsten wechselt, nennt man die Hopf-Instabilitäten.
Hopf vermutete, dass bei der Entstehung von Turbulenzen eine Reihe
von mehrdimensionalen Attraktoren aufeinanderfolgen.
Der belgische Physiker David Ruelle entwickelte die Theorie von
Hopf später fort, indem er es experimentell überprüfte.
Er untersuchte zu Beginn der 80er Jahre die von dem französischen
Physiker Henri Claude Bénard (1874 - 1939) entdeckte sogenannte
Bénard-Instabilität, die bei der Entstehung von Konvektionsströmen
auftritt. (13) Konvektion ist der Transport von Energie oder elektrischer
Ladung in einer Strömung; Konvektionsströme entstehen
beim Ausgleich von Temperatur- und Dichteunterschieden in Gasen
oder Flüssigkeiten. Beispiele für Konvektionsströme
sind die aufwärts strömende Luft über einer erwärmten
Landschaft (Thermik) oder das in einem Kochtopf aufsteigende heiße
Wasser. Ab einer bestimmten Stärke gehen gleichmäßige
Konvektionsströme in chaotische Turbulenzen über. Ruelle
stellte nun bei seinen Experimenten fest, dass die Systemübergänge
wesentlich rascher aufeinanderfolgen als es von Hopf vorausgesagt
wurde. Außerdem erkannte er, dass bei der Entstehung von
Turbulenzen nur einige mehrdimensionale Attraktoren auftreten,
denen jedoch schon nach wenigen Übergängen eine Reihe
von seltsamen Attraktoren folgen.
Bifurkationen
und Perioden-Verdopplungen:
Auch der australische Physiker und Biologe Robert May befasste
sich seit Beginn 70er Jahre mit den Systemübergängen,
die bei der Entstehung von chaotischem Verhalten auftreten. Er
beschäftigte sich jedoch nicht mit Turbulenzen, sondern mit
Problemen der Populationsdynamik. (14) Bereits der belgische Mathematiker
Pierre-François Verhulst (1804 - 1849) hatte festgestellt,
dass die zahlenmäßige Entwicklung einer Gruppe von
Lebewesen wesentlich von ihrer Geburten- beziehungsweise Sterberate
abhängt. Dabei ist es grundsätzlich unbedeutend, ob
es sich um Menschen, Kaninchen, Forellen, Schwammspinner-Raupen
oder Grippeviren handelt. Zum Beispiel werden bei einer Geburtenrate
von 1,0 genauso viele neue Kaninchen geboren wie alte sterben.
Eine Population kann also nur dauerhaft überleben, wenn die
Geburtenrate größer als 1,0 ist. Bei einer Geburtenrate
von 2,0 verdoppelt sich eine Population von Generation zu Generation,
bei einer Geburtenrate von 3,0 verdreifacht sie sich. Jedoch gibt
es kein endloses Wachstum, da Populationen stets mit ihrer Nahrung
und ihren Feinden (Raubtier-Beute-Zyklen) rückgekoppelt sind.
Verhulst entwickelte daher eine iterative nichtlineare Gleichung,
durch die man mit Hilfe der Geburtenrate die Entwicklung eines
Bevölkerungssystems simulieren kann - die Verhulst-Gleichung
Xn+1 = B Xn (1 - Xn) - wobei B für die Geburtenrate und Xn
für die Größe der Population steht.
May untersuchte nun mit Hilfe eines Computers, wie sich in der
Verhulst-Gleichung unterschiedliche Geburtenraten auf das Verhalten
einer Population auswirken. Er stellte fest, dass sich die Population
bei niedrigen Raten zunächst auf nur einen Attraktor-Wert
einpendelt. Wenn jedoch eine bestimmte Geburtenrate erreicht wird,
spaltet sich der Attraktor plötzlich in zwei Attraktoren
auf, und die Population schwankt nun von Generation zu Generation
zwischen zwei Werten. May war auf eine "Bifurkation"
gestoßen, also auf einen Verzweigungspunkt, an dem sich
ein Attraktor aufspaltet und ein chaotisches System ein neugeordnetes
Verhalten annimmt. Es kann dann zwischen mehreren Attraktoren
schwanken oder nur einem folgen.
In der Chaosforschung bezeichnet man die Verdopplung der Attraktoren
an einer Bifurkation als Perioden-Verdopplung. Bei einer weiter
zunehmenden Geburtenrate verdoppelt sich die Zahl der Attraktoren
jeweils weiter auf vier, acht, sechzehn oder mehr Attraktoren.
Schließlich erreicht die Geburtenrate eine Bifurkation,
ab der das Bevölkerungssystem chaotisch wird und die Population
von Generation zu Generation zwischen völlig verschiedenen
Werten wechselt. Der US-amerikanische Physiker und Mathematiker
Mitchell Feigenbaum setzte Mitte der 70er Jahre die Erforschung
der Perioden-Verdopplung fort. Er entdeckte, dass die Bifurkationen
und Perioden-Verdopplungen in immer kürzeren Abständen
aufeinanderfolgen und dabei in einem bestimmten Verhältnis
zueinander stehen. Feigenbaum errechnete diese Verhältniszahl
bis auf einige Stellen hinter dem Komma und ermittelte so den
Wert 4,6692016. (Dabei darf natürlich nicht übersehen
werden, dass die Feigenbaum-Konstante (vermutlich) unendlich viele
Stellen hinter dem Komma hat. Dies kann bei Berechnungen zu einem
Rundungsfehler mit entsprechenden Abweichungen führen.) Feigenbaum
stellte fest, dass genau diese Verhältniszahl sogar bei völlig
unterschiedlichen nichtlinearen Systemen auftritt und dass sie
sich bei diesen Systemen in verschiedenen Maßstäben
wiederholt. Feigenbaum hatte somit eine allgemein gültige
Konstante der Chaosforschung entdeckt - die sogenannte Feigenbaum-Konstante.
Mit Hilfe der Feigenbaum-Konstante können die einzelnen Systemübergänge
bei der Entstehung von chaotischem Verhalten vorhergesagt sowie
die Bifurkationen und die sich verzweigenden Attraktoren berechnet
werden. Damit zeigt sich entgegen den bisherigen Annahmen, dass
sogar nichtlineare Systeme trotz aller Unschärfe teilweise
physikalisch vorhersagbar und mathematisch berechenbar sein können.
1.3.
Intermittenzen, Fraktale und Solitonen
Chaotische
Systeme können sich also im Rahmen einer dynamischen Ordnungsbildung
durch Iteration selbst organisieren und dabei ein interessantes
Verhalten entwickeln. Oft lässt sich ein System zunächst
durch normale Attraktoren darstellen, die später in seltsame
Attraktoren münden können. Häufig kann man auch
verschiedene Formen von regelmäßigen Systemübergängen
beobachten, wie zum Beispiel die Hopf- oder die Bénard-Instabilität.
Bei derartigen Übergängen spalten sich an Bifurkationen
die Systemzustände auf und es kommt zu Perioden-Verdopplungen.
Mit Hilfe der Reynoldszahl oder der Feigenbaum-Konstante lassen
sich solche Systemübergänge auch berechnen.
Intermittenzen
und Cantor-Menge:
Doch May waren bei seinen Forschungen zur Populationsdynamik noch
weitere verblüffende Ordnungsmuster im Chaos aufgefallen.
Er erkannte nämlich, dass das Bevölkerungssystem nicht
durchgehend chaotisch bleibt, nachdem es mehrere Bifurkationen
und Perioden-Verdopplungen durchlaufen hat. May stellte fest,
dass das inzwischen chaotische Bevölkerungssystem kurzzeitig
auch wieder in stabile Zustände übergeht. Er hatte also
mitten im chaotischen Verhalten einer Population Einsprengsel
von Berechenbarkeit und Vorhersagbarkeit entdeckt - sogenannte
Intermittenzen. (15) Diese können auch in der umgekehrten
Form auftreten und man versteht in der Chaosforschung daher unter
"Intermittenzen" allgemein Einsprengsel von Ordnung
im Chaos oder von Chaos in der Ordnung.
Briggs und Peat schildern Beispiele für chaotische Intermittenzen
in der Ordnung: (16) Sie verweisen auf die plötzlichen Störungen,
die gelegentlich in elektrischen Schaltungen von Radioverstärkern
auftreten können (intermittierendes Rauschen). Ähnliche
chaotische Störungen drohen ihrer Meinung nach auch in großen
Computernetzwerken, wie zum Beispiel beim rechnergestützten
Börsenhandel. Intermittenzen von Ordnung im Chaos beziehungsweise
von Chaos in der Ordnung zeigen die doppelwertigen Eigenschaften
von nichtlinearen Systemen. Daher wirft das Auftreten von Intermittenzen
nach Meinung von Briggs und Peat eine grundsätzliche Frage
auf: "Sind die einfachsten Ordnungen und das Chaos eines
Systems beides Züge ein und desselben unteilbaren Prozesses?
Die Erscheinung der Intermittenz legt es sehr nahe, dass dies
der Fall ist." (17)
Auch der polnisch-amerikanische Mathematiker Benoit Mandelbrot
beschäftigte sich bei seinen Forschungen für den Computerkonzern
International Business Machines (IBM) mit Intermittenzen. Zu Beginn
der 60er Jahre standen die IBM-Forscher vor dem Problem, dass
die Datenübertragung zwischen zwei Computern über Telefonleitungen
immer wieder durch intermittierendes Rauschen gestört wurde.
Mandelbrot erkannte, dass dieses intermittierende Rauschen eine
ähnliche Verteilung annimmt, wie die sogenannte Cantor-Menge
(auch Cantor-"Staub" genannt). Sie wurde von dem deutschen
Mathematiker Georg Ferdinand Ludwig Philipp Cantor (1845 - 1918)
entworfen, der auch als Erfinder der Mengenlehre gilt. Um eine
Cantor-Menge zu bilden, nimmt man als Grundlage eine Linie bestimmter
Länge, aus der zunächst das mittlere Drittel entfernt
wird. Damit bleiben das erste und das dritte Drittel der Linie
übrig, aus denen wiederum jeweils das mittlere Drittel entfernt
wird. Dieser Vorgang wird mit den dadurch immer kleiner werdenden
Abschnitten der Linie beliebig oft (theoretisch unendlich) wiederholt.
Auf diese Weise entsteht eine unendlich dünn gestreute Menge
von gebündelten Punkten, deren Verteilung in allen Größenmaßstäben
ähnlich aussieht. Als eine solche Cantor-Menge konnte Mandelbrot
nun die Fehlerverteilung bei der Datenübertragung darstellen.
Er entdeckte, dass in keinem Zeitabschnitt der Datenübertragung
eine regelmäßige Fehlerverteilung auftritt und dass
es auch in jedem fehlerhaften Abschnitt immer Zeiträume mit
fehlerfreier Übertragung gibt. Dabei ist das Verhältnis
zwischen fehlerfreien und fehlerhaften Abschnitten sogar in verschiedenen
Zeitmaßstäben immer ähnlich - unabhängig
davon, ob beispielsweise im Stunden- oder Sekundenmaßstab
gemessen wurde.
Fraktale
und Mandelbrot-Menge:
Mandelbrot erkannte bei seinen weiteren mathematischen Forschungen,
dass sich nicht nur die Cantor-Menge, sondern auch andere Kuriositäten
der Geometrie in der Umwelt wiederfinden lassen. (18) Ein Beispiel
hierfür ist die sogenannte Kochsche Kurve (auch Kochsche
"Schneeflocke" genannt). Sie wurde von dem schwedischen
Mathematiker Helge von Koch (1870 - 1924) auf der Grundlage eines
gleichseitigen Dreiecks entworfen. Auf die mittleren Drittel der
drei Seiten wird jeweils ein entsprechend kleineres, aber ebenfalls
gleichseitiges Dreieck gesetzt. So entsteht ein Davidstern mit
zwölf Seiten, auf deren mittlere Drittel dann jeweils wieder
kleinere, gleichseitige Dreiecke gesetzt werden. Dieser Vorgang
wird mit den dadurch immer kleiner werdenden Seiten beliebig oft
(theoretisch unendlich) wiederholt. Auf diese Weise entsteht eine
fein gegliederte Schneeflocken-Gestalt mit unendlichem Umfang,
aber begrenzter Fläche, die in allen Größenmaßstäben
ähnlich aussieht.
Mandelbrot beschäftigte sich nun mit einem ähnlichen
geometrischen Problem, nämlich mit der Frage, wie lang die
Küstenlinie von Großbritannien ist. Bei dieser auf
den ersten Blick abwegigen Aufgabenstellung kam er zu der verblüffenden
Erkenntnis, dass jede Küstenlinie gewissermaßen unendlich
lang ist. Es kommt nämlich darauf an, welcher Maßstab
bei der Messung zugrunde gelegt wird. Denn es ist ein Unterschied,
ob man beim Küstenverlauf beispielsweise im Kilometermaßstab
nur größere Buchten ausmisst oder im Metermaßstab
auch kleinere Einbuchtungen. Je kleiner die Messschritte werden,
um so länger wird die Küstenlinie, denn jede Bucht besteht
aus weiteren Buchten, die sich in verschiedenen Größenmaßstäben
ähneln. Man kann die Messschritte theoretisch in immer kleinere
Größenmaßstäbe fortführen, bis sich
die Küstenlinie um Felsen, Steine oder sogar Sandkörner
schlängelt. Mandelbrot entdeckte später die sogenannte
Mandelbrot-Menge, die sich aus der Iteration der Gleichung Z =
Z2
+ C ergibt (wobei Z für eine feste komplexe Zahl und C für
eine veränderliche komplexe Zahl steht), in die komplexe
Zahlen eingesetzt werden. Ihre graphische Darstellung ist als
sogenanntes "Apfelmännchen" berühmt geworden
und hat wie die Kochsche Kurve eine unendlich fein gegliederte
Gestalt, die in allen Größenmaßstäben ähnlich
aussieht.
Aufgrund dieser Überlegungen entwarf Mandelbrot seit der
Mitte der 70er Jahre seine Vorstellungen von sogenannten Fraktalen
und fraktalen Dimensionen. Der Begriff "Fraktal" ist
ein Kunstwort, das der Mathematiker vom lateinischen "frangere"
(brechen) abgeleitet hat. "Fraktale" sind Strukturen,
die in immer kleinere, einander ähnliche Einzelheiten gegliedert
sind.
Fraktale haben darüber hinaus in der Regel eine gebrochene,
fraktale Dimension. In der klassischen Geometrie kennt man nur
Gebilde, die keine Dimension haben (Punkte) beziehungsweise ein-,
zwei- oder dreidimensional sind (Linien, Flächen, Körper).
Mandelbrot entwickelte ältere mathematische Verfahren fort,
mit denen man auch Dimensionen berechnen kann, die zwischen null
und eins, zwischen eins und zwei oder zwischen zwei und drei liegen.
Solche gebrochenen, fraktalen Dimensionen lassen sich nur schwierig
anschaulich machen. Briggs und Peat versuchen es mit den verschiedenen
Dimensionen eines Wollknäuels: "Schauen wir es aus
großer Entfernung an, so erscheint es als Punkt, hat also
die Dimension null. Aus einigen Metern Abstand erkennen wir wieder,
dass das Knäuel dreidimensional ist. [...] Dann
sehen wir einen aufgewickelten Faden. Die Kugel besteht aus einer
verworrenen Linie und ist also offenbar eindimensional. Bei noch
näherer Betrachtung verwandelt sich diese Linie eine Säule
endlicher Dicke, und der Faden wird dreidimensional."
(19) Die Dimension des Wollknäuels hängt also vom Bezugspunkt
des Betrachters ab.
Dies ist auch bei der sogenannten Peano-Kurve der Fall. Sie wurde
von dem italienischen Mathematiker Guiseppe Peano (1858 - 1932)
entdeckt, der auch die Welthilfssprache Interlingua erfunden hat.
Die Peano-Kurve ist eine sich nie überschneidende Linie,
die so fein gewunden ist, dass sie alle Punkte einer Fläche
berührt. Die eindimensionale Peano-Kurve hat somit gleichzeitig
die fraktale Dimension 2,0 einer Fläche. Die meisten gewundenen
Linien haben aber eine fraktale Dimension, die zwischen eins und
zwei liegt und durch eine entsprechende gebrochene Zahl angegeben
wird. So hat zum Beispiel die Kochsche Kurve die fraktale Dimension
1,26. Aber auch zwischen Punkten und Linien sowie zwischen Flächen
und Körpern gibt es fraktale Dimensionen. So haben die gebündelten
Punkte der Cantor-Menge die fraktale Dimension 0,63 und für
die Oberflächen von Wolken und Geröllfeldern wurden
die fraktalen Dimensionen 2,35 beziehungsweise 2,7 errechnet.
Selbstähnlichkeit:
Die Kochsche Kurve, die Cantor-Menge oder die Oberflächen
von Wolken und Geröllfeldern weisen in verschiedenen Größenmaßstäben
den gleichen Grad von Unregelmäßigkeit auf und ähneln
sich daher überall. Dies lässt sich mathematisch damit
belegen, dass ihre fraktale Dimension in allen Maßstäben
den gleichen Wert hat. Eine solche Selbstähnlichkeit in verschiedenen
Maßstäben findet sich nicht nur bei Fraktalen, sondern
ist auch eine Eigenschaft von Intermittenzen. Am Beispiel der
Datenübertragung wurde bereits beschrieben, dass sich das
Verhältnis zwischen fehlerfreien und fehlerhaften Abschnitten
in verschiedenen Zeitmaßstäben ähnelt. Selbstähnlichkeit
ist eine universale Erscheinung der Natur und sie lässt sich
leicht am Beispiel von Zweigen, Ästen und Bäumen oder
Steinen, Felsen und Bergen verdeutlichen. Sie ist auch ein wichtiges
Merkmal von nichtlinearen chaotischen Systemen, wie die eindrucksvolle
und zugleich allgemeingültige Beschreibung einer Turbulenz
durch den deutschen Dichter Friedrich Schiller (1759 - 1805) am
Anfang dieses Unterabschnittes veranschaulicht.
Die in immer kleinere Einzelheiten gegliederten Fraktale und die
Intermittenzen von Chaos in der Ordnung oder Ordnung im Chaos
bringen aber nicht nur Selbstähnlichkeit in nichtlineare
Systeme. Fraktale und Intermittenzen zeigen zugleich die widersprüchlichen,
gebrochenen Eigenschaften von nichtlinearen Systemen, die trotz
ihres allgemein chaotischen Verhaltens bestimmte Ordnungsmuster
aufweisen. Solche geordnete Strukturen entstehen, weil sich nichtlineare
Systeme durch die Iteration ihrer Systemvorgänge im Rahmen
einer dynamischen Ordnungsbildung selbst organisieren können.
Solitonen:
Als eine weitere Form der dynamische Ordnungsbildung im Chaos
gelten in der Chaosforschung solitäre Wellen oder Solitonen.
(20) Bereits der schottische Ingenieur und Schiffsbauer John Scott
Russell (1808 - 1882) hatte in den dreißiger Jahren des
vorigen Jahrhunderts eine eigenartige Welle beobachtet, die Naturwissenschaftlern
bis dahin undenkbar erschien. Er bemerkte nämlich bei einem
Ausritt an einem Schiffskanal eine Welle, die sich in dem Kanal
über längere Zeit mit gleichbleibender Form und Geschwindigkeit
fortpflanzte. Russell wusste, dass sich Wellen normalerweise aufgrund
von vielen kleinen Störungen rasch in chaotischen Turbulenzen
auflösen. Ein "Soliton" ist dagegen eine Welle,
die in einem chaotischen System über längere Zeit stabil
bleibt.
Die ungewöhnliche Stabilität von Solitonen entsteht
durch nichtlineare Wechselwirkungen, bei denen die verschiedenen
Schwingungen in ihnen rückgekoppelt werden. Die Schwingungen
in Solitonen weisen daher auch eine große Selbstähnlichkeit
auf. Die niederländischen Mathematiker Diederik Johannes
Korteweg (1848 - 1941) und Gustav de Vries (1866 - 1934) entwickelten
bereits Ende des vorigen Jahrhunderts die nichtlineare KdV-Gleichung,
(so genannt nach den Anfangsbuchstaben ihrer Nachnamen), mit der
man auch Solitonen berechnen kann. Diese können nämlich
nur in einem eng begrenzten Bereich nichtlinearer Rückkopplung
entstehen: Denn wenn die Welle zu stark ist, bricht sie bald in
sich zusammen, und wenn sie zu schwach ist, verebbt sie rasch.
Solitonen lassen sich auch an bestimmten Flussmündungen beobachten,
wo die Gezeiten regelmäßig Flutwellen den Fluss hinauf
drücken. Nichtlineare Solitonen treten aber nicht nur in
engen Schiffskanälen oder Flussmündungen auf, sondern
auch in den Weiten der Ozeane. Dies ist dann der Fall, wenn unterseeische
Beben oder Vulkane seismische Wellen auslösen, und die bekannteste
Form hierfür ist vermutlich der im Pazifischen Ozean auftretende
Tsunami. Dieses japanische Wort bedeutet "große Woge
im Hafen", und es beschreibt anschaulich, welche Zerstörungen
ein bis zu 40 Meter hoher Tsunami anrichten kann, wenn er auf
eine Küste trifft. Solche über hunderte von Kilometern
stabilen Wellen treten aber nicht nur im Pazifischen Ozean auf,
sondern auch in anderen Weltmeeren; zum Beispiel wurde das portugiesische
Lissabon im Jahr 1755 durch ein Erdbeben und eine nachfolgende
seismische Welle zerstört. Doch Solitonen wurden bislang
nicht nur in turbulenten Gewässern entdeckt, sondern auch
in den chaotischen Luftbewegungen der Erdatmosphäre. Solche
atmosphärischen Solitonen entstehen durch rasche Luftdruckwechsel,
und sie können sich ebenfalls als stabile Druckwellen über
hunderte von Kilometern fortbewegen.
2.
Geistes- und sozialwissenschaftliche Ansätze
Nichtlineare
Systeme können sich also im Rahmen einer dynamischen Ordnungsbildung
durch Iteration selbst zu bestimmten Strukturen organisieren (wie
Attraktoren, Bifurkationen, Intermittenzen, Fraktale, Solitonen).
Diese Entdeckungen stammen ausnahmslos von naturwissenschaftlichen
Ansätzen der Chaosforschung, wohingegen die Geistes- und
Sozialwissenschaften bis heute vernachlässigt werden.
Ein wesentlicher Grund für die Vernachlässigung der
geistes- und sozialwissenschaftlichen Chaosforschung liegt darin,
dass die Chaostheorie im Rahmen der Physik aus dem Forschungsbereich
der nichtlinearen Dynamik entstanden ist und sich die Chaosforschung
daher zunächst mit verwandten Fachgebieten, wie der Mathematik,
Chemie oder Biologie beschäftigt hat. Noch wichtiger ist
jedoch der Grund, dass viele Chaosforscher es nicht einmal für
möglich oder sinnvoll halten, geistes- und sozialwissenschaftliche
Ansätze auf die Chaostheorie anzuwenden. Derartige Vorbehalte
hat auch der Biophysiker, Chaosforscher und Philosoph Bernd-Olaf
Küppers, der ursprünglich eine naturwissenschaftliche
Laufbahn einschlug und nach seinem Physikstudium am Max-Planck-Institut
für biophysikalische Chemie in Göttingen arbeitete.
Dort entwickelte er eine Theorie zur Entstehung biologischer Information.
Später widmete sich Küppers jedoch stärker den
geisteswissenschaftlichen Fragen seiner Arbeit, und er hat mittlerweile
einen Lehrstuhl am Philosophischen Institut der Universität
Jena. (21) Küppers vertritt die Ansicht, dass es grundsätzlich
unbeweisbar ist, ob soziale Vorgänge tatsächlich nichtlinear
und chaotisch sind. Eine vermutete Nichtlinearität lasse
sich nicht endgültig beweisen, womit der wissenschaftliche
Grundsatz der Verifizierbarkeit verletzt werde (Aussagen sind
sinnlos, wenn sie sich grundsätzlich nicht beweisen lassen).
Statt dessen könnten sie laut Küppers in Wirklichkeit
auf eine komplexe Weise linear und somit berechenbar und vorhersagbar
sein, auch wenn dies bislang nur noch nicht erkannt wurde. Gegen
diese Möglichkeit lässt sich jedoch wiederum einwenden,
dass es grundsätzlich unwiderlegbar ist, ob soziale Vorgänge
linear ablaufen. Eine vermutete Linearität lässt sich
also nicht endgültig widerlegen, womit der wissenschaftliche
Grundsatz der Falsifizierbarkeit verletzt würde (Aussagen
sind sinnlos, wenn sie sich grundsätzlich nicht widerlegen
lassen).
Küppers ist des weiteren der Meinung, dass es keinen wissenschaftlichen
Nutzen biete, Ansätze der Chaostheorie auf geistes- und sozialwissenschaftliche
Bereiche anzuwenden. Der Nutzen der Chaosforschung sei selbst
für Naturwissenschaften schwierig zu belegen, wie zum Beispiel
in der Meteorologie. Gegen diesen Einwand spricht aber, dass umgekehrt
der wissenschaftliche Nutzen von klassischen, linearen Systemansätzen
begrenzt ist. Weder das Wetter noch soziale Vorgänge können
berechnet oder vorhergesagt werden, sondern es lassen sich allenfalls
für begrenzte Zeiträume und Bereiche statistische Wahrscheinlichkeiten
ermitteln. Dagegen scheint es von Nutzen zu sein, solche Vorgänge
in ihrem ungeordneten und chaotischen Verhalten ernst zu nehmen,
auch wenn sich deren Nichtlinearität nicht endgültig
beweisen (verifizieren) lässt. Denn soziale Vorgänge
haben zahlreiche nichtlineare Eigenschaften: So können sie
nicht in ihre Bestandteile zerlegt werden, sie lassen sich nicht
aus ihrem Zusammenhang lösen, weisen Rückkopplungen
auf und haben eine sensitive Abhängigkeit von ihren Rahmenbedingungen.
Darüber hinaus hält es Küppers aber immerhin für
vertretbar, bereits gebräuchliche Begriffe der Chaostheorie
von den Naturwissenschaften behutsam auf die Geistes- und Sozialwissenschaften
zu übertragen.
Geschichtswissenschaft:
Es gibt bereits zahlreiche andere Ansätze, um die Chaostheorie
auf verschiedene Bereiche der Geistes- und Sozialwissenschaften
zu übertragen. Angesichts der Vorbehalte von Küppers
überrascht es, dass sogar er selbst für ein bestimmtes
Gebiet eine geistes- und sozialwissenschaftliche Chaosforschung
anregt - und zwar für die Geschichtswissenschaft: "Von
ihrer enormen physikalischen Bedeutung einmal abgesehen, stellen
die chaotischen Systeme ganz offensichtlich auch ein interessantes
Modell für das Phänomen der Geschichtlichkeit dar. Denn
die Prozesse, die in solchen Systemen ablaufen, sind weder umkehrbar
noch wiederholbar. Sie sind ebenso einzigartig wie alle geschichtlichen
Vorgänge." (22) Küppers sieht vor allem in
der sensitiven Abhängigkeit historischer Entwicklungen von
ihren Rahmenbedingungen einen Ansatz für die weitere chaostheoretische
Geschichtsforschung. (23)
Der Soziologe Walter L. Bühl hat einen ähnlichen Ansatz
und will die Chaostheorie zur Erklärung von sozialem Wandel
nutzen. (24) Er betont jedoch: "Die Chaos-Theorie ist
so vor allem von Bedeutung für die Beschreibung und Erklärung
von Krisen
und Übergangszuständen,
in denen entweder bisher wirksame Attraktoren plötzlich an
Größe zu- oder abnehmen, sich verlagern oder völlig
verschwinden, oder in denen sie ihre vorher reguläre Struktur
verlieren. Die Chaos-Theorie ist aber sicher unbrauchbar, um einen
gesellschaftlichen Dauerzustand zu beschreiben oder eine ("kulturkritische")
universelle Beschreibung gesellschaftlicher Zustände oder
Entwicklungen zu geben, wie dies noch bei den soziologischen "Klassikern"
geschieht." (25) Bei solchen chaostheoretischen Ansätzen
muss aber immer beachtet werden, dass Geschichte (wie alle sozialen
Vorgänge) wegen ihrer nichtlinearen Eigenschaften grundsätzlich
unvorhersagbar und unberechenbar bleibt. Obwohl geschichtliche
Vorgänge meist durch das absichtsvolle Handeln von Menschen
bestimmt sind, können Revolutionen oder Kriege nicht vorhergesagt
werden. Ein solches gesellschaftliches Chaos wird daher meist
als erschreckend, unheimlich und gefährlich angesehen.
Wirtschaftswissenschaft:
Ähnliches gilt auch für die Wirtschaftswissenschaft,
in der Börsenkräche oder Konjunkturkrisen nicht berechenbar
sind. Jedoch war bereits Mandelbrot aufgefallen, dass zahlreiche
Verlaufskurven von Wirtschaftsdaten nichtlineare chaotische Eigenschaften
haben. Solche Kurven weisen häufig Fraktale oder Intermittenzen
auf und besitzen daher eine auffallende Selbstähnlichkeit.
Die Entdeckung von chaotischen Strukturen im wirtschaftlichen
Bereich darf aber nach Meinung der Wirtschaftswissenschaftler
Otto Loistl und Iro Betz zu keinen übertriebenen Erwartungen
führen: "Insbesondere in den Sozial- und Gesellschaftswissenschaften
hat die Chaostheorie einen z.T. "mystischen" Beigeschmack
bekommen. [...] Dabei sind die Implikationen der Chaostheorie
selbst bei nüchterner Betrachtung bereits weitreichend genug,
so dass eine "Mystifizierung" dem eigentlichen Kern
der Chaostheorie nur abträglich sein kann." (26)
Loistl und Betz beschränken sich deshalb auf die bisherigen
Ergebnisse der Chaosforschung in der Wirtschaftswissenschaft.
(27) Die nichtlinearen Abhängigkeiten innerhalb ökonomischer
Vorgänge gelten demnach als belegt, die Ausprägung von
chaotischem Verhalten wird allerdings noch weiter untersucht.
Der Wirtschaftswissenschaftler Albert Christmann schildert ebenfalls
Beispiele für chaostheoretische Ansätze in der Ökonomie.
(28) In einer abschließenden Bewertung hebt er die Vorteile
hervor, die die Chaosforschung für Wirtschaftsmodelle bietet:
"Irreguläres Verhalten der Lösungen eines Differentialgleichungssystems
zur Modellierung von Wirtschaftsabläufen ist aus den folgenden
beiden Gründen von großem Interesse. Zum einen reagieren
die Lösungen des Systems sensitiv auf veränderte Startwerte,
so dass infinitesimal geringe Abweichungen bereits zu völlig
anderen Verläufen führen. Zum anderen zeigt auch das
Variieren von Parameterwerten die gleichen Auswirkungen."
An der gleichen Stelle betont Christmann aber Grenzen, die die
Chaostheorie in der Wirtschaftswissenschaft hat: "Verläuft
die Dynamik einer Wirtschaft gemäß der chaotischen
Lösungen eines Differentialgleichungssystems, so ist eine
Prognose der wirtschaftlichen Entwicklung sehr problematisch.
Weder der aktuelle Stand wirtschaftlicher Kenngrößen
einer Volkswirtschaft (Startwerte des Modells), noch die zu bestimmenden
Parameterwerte können exakt angegeben werden. Eine auf chaotischen
Lösungen basierende Prognose der wirtschaftlichen Zukunft
kann deswegen zu einer totalen Fehleinschätzung führen."
(29)
Psychologie:
Es gibt auch vielversprechende Versuche, die Chaostheorie für
die Psychologie zu nutzen. (30) So verfolgt der Psychologe Rainer
Höger einen Ansatz, um sprachpsychologische Befunde zum Stottern
chaostheoretisch zu erklären. (31) Die Entwicklung von Stotterern
zeigt, dass ihre Sprechweise auf eine ganz bestimmte Weise an
Regelmäßigkeit und Rhythmus verliert: "Beim
erwachsenen Stotterer sind die einzelnen Silbenrepetitionen schließlich
unregelmäßig und arrhythmisch [...]. Eine
solche Entwicklungsdynamik erinnert stark an das Feigenbaumszenario:
periodische Oszillationen kündigen das vollständige
Abgleiten des Systems ins Chaos an." (32) Höger
glaubt, dass eine Sprachtherapie bei den Systemübergängen
des Stotterns (Bifurkationen) ansetzen müsste, um das chaotische
Stottern wieder zu Regelmäßigkeit und Rhythmus zurückzuführen.
Hierbei könnten äußere Taktgeber (wie ein Metronom
oder Sprechen im Chor) den Stotterern helfen.
Der Psychologe und Physiologe Michael Stadler von der Universität
Bremen entwickelte ein chaostheoretisches Modell zur Erklärung
von straffälligem Affektverhalten. (33) Gemeinsam mit Thomas
Fabian vom Bremer Institut für Gerichtspsychologie stellt
er fest, dass solche Affekttaten in der Regel zwei besondere Merkmale
aufweisen: "a) Der Anlass der Tat ist scheinbar geringfügig
und b) das Ausmaß der Reaktion ist unverhältnismäßig
gewaltsam." An der gleichen Stelle erläutern sie,
krisenhafte Lebenssituationen (wie der Verlust von Angehörigen)
könnten gemäß der Chaostheorie "[...] als
Übergänge in ungeordnete Bewusstseinszustände verstanden
werden. In solchen Zuständen können sozial gelernte
Verhaltensmuster [...] versagen. [... Es] existieren
phylogenetisch tief verankerte Reaktionen wie Flucht, Angriff
oder Totstellreflex, die in solchen Situationen - in der Terminologie
der Chaos-Theorie - starke Attraktoren darstellen. Instabilitäten
gehen notwendigerweise mit Fluktuationen einher, was an Bifurkationspunkten
zu einem "Abgleiten" des Verhaltens in solche Attraktoren
führen kann. Genau dieses ist bei Affekttaten zu beobachten."
(34) Die Chaostheorie bietet daher nach Meinung von Stadler und
Fabian gegenüber klassischen Theorien zum Affektverhalten
verschiedene Vorteile: "Aus der chaostheoretischen Sichtweise
brauchen wir keinen zunehmenden Gefühlsstau anzunehmen, der
sich an einer bestimmten Schwelle selbst entladen muss, sondern
dass es die Verbindung von mehreren unterschiedlichen Umständen
ist, die zu einer Affekttat führt. [...] Die Anwendung
einer chaostheoretischen Sichtweise gibt uns neuen Einblick in
straffälliges Verhalten. Eine Meta-Theorie könnte helfen
[...] unser Wissen aus verschiedenen Forschungsgebieten auf
systematische Weise zu ordnen, was uns dann ein besseres Verständnis
der Dynamik von [...] Affekttaten geben könnte.
Zumindest wird uns die chaostheoretische Sichtweise klarmachen,
dass menschliches Verhalten nicht auf Zufall beruht, sondern dass
da eine Gesetzmäßigkeit ist, selbst wenn sie nicht
vorhersagbar ist." (35) In diesem Zusammenhang vertritt
Stadler auch die Ansicht, dass allgemein das menschliche Gehirn
nach nichtlinearen chaotischen Ordnungsmustern arbeitet und zu
keinem völlig zufälligen Verhalten in der Lage ist.
(36)
Es gibt also bereits zahlreiche Ansätze, die Chaosforschung
auf geistes- und sozialwissenschaftliche Bereiche anzuwenden.
Briggs und Peat gehen sogar der Frage nach, ob sich mit der Chaostheorie
die Schöpferkraft und der Einfallsreichtum des menschlichen
Geistes erklären lassen: "Könnten die Prinzipien
der Nichtlinearität auch auf die Kreativität des Menschen
anwendbar sein, auf unsere Fähigkeit, ein Kunstwerk zu schaffen
oder eine wissenschaftliche Entdeckung zu machen?" (37)
Sie erläutern anhand mehrerer Beispiele von plötzlichen
Geistesblitzen, dass sich Gedanken offenbar durch schöpferische
Anstrengung selbst organisieren. (38) Durch den Verzicht auf gewohntes
Denken (und sei es bloß durch räumlichen oder zeitlichen
Abstand vom Problem) können plötzlich neue Bezugsebenen
für frische Ideen entstehen. Nach Briggs und Peat erreicht
der menschliche Geist somit über verschiedene Problem-Bifurkationen
neue Lösungs-Attraktoren.
3.
Zusammenfassung
In
diesem Text wurden die Grundzüge der Chaostheorie mit ihren
natur- und geisteswissenschaftlichen Ansätzen vorgestellt.
Darüber hinaus wurden die wichtigsten Vorbehalte gegen eine
geistes- und sozialwissenschaftliche Chaosforschung geschildert
und ausgeräumt.
Es wurde dargelegt, dass sich nichtlineare chaotische Systeme
durch die Iteration ihrer Systemvorgänge im Rahmen einer
dynamischen Ordnungsbildung selbst organisieren können. Dabei
bilden sie verblüffende Ordnungsmuster, wie Attraktoren,
Bifurkationen, Intermittenzen, Fraktale oder Solitonen. Derartige
Ausnahmen der Ordnung bestätigen aber lediglich die allgemeine
Regellosigkeit im Chaos. Obwohl sich das Verhalten von chaotischen
Systemen nicht als zufällig bezeichnen lässt, bleiben
sie aber gleichzeitig unvorhersagbar und unberechenbar. Ungeachtet
dieser Unschärfe folgen chaotische Systeme aber selbstverständlich
den Naturgesetzen, und man spricht daher in der Chaosforschung
von einem gesetzmäßigen beziehungsweise deterministischen
Chaos. Die widersprüchlichen, gebrochenen Eigenschaften von
chaotischen Systemen werden vor allem durch Fraktale und Intermittenzen
deutlich. Diese weisen sogar in verschiedenen Größenmaßstäben
eine verblüffende Selbstähnlichkeit auf, denn sie haben
überall eine ähnliche Struktur und somit auch eine ähnliche
fraktale Dimension. Selbstähnlichkeit ist eine universale
Erscheinung der Natur und auch ein wichtiges Merkmal von nichtlinearen
chaotischen Systemen.
Bei einem "chaotischen System" handelt es sich um ein
autonomes Gefüge von Teilen, die sich insgesamt unvorhersagbar
und unberechenbar verhalten, sich aber mitunter nach eigenen Regeln
selbst ordnen können. Die Chaostheorie eröffnet die
Möglichkeit, das Verhalten von solchen chaotischen Systemen
besser zu verstehen und an alte wissenschaftliche Fragen neu heranzugehen.
Fußnoten
(1)
Vgl. zur Entwicklung von den klassischen Naturwissenschaften zu
einer chaostheoretischen Forschungsrichtung beispielsweise John
Briggs / Peat, F. David: Die Entdeckung des Chaos. Eine Reise
durch die Chaos-Theorie. München / Wien 1990, S. 21 ff.;
Paul Davies: Prinzip Chaos. Die neue Ordnung des Kosmos. München
1986, S. 11 ff. und 19 ff.; Wolfgang Krohn / Küppers, Günter:
Rekursives Durcheinander. Wissenschaftsphilosophische Überlegungen.
in: Kursbuch 98, Das Chaos, 25. Jg., Heft 98/1989, Berlin, November
1989, S. 69 ff.; Ilya Prigogine / Stengers, Isabelle: Dialog mit
der Natur. Neue Wege naturwissenschaftlichen Denkens. München
1981, 2. Auflage; Rudolf von Woldeck: Formeln für das Tohuwabohu.
in: Kursbuch 98, Das Chaos, 25. Jg., Heft 98/1989, Berlin, November
1989, S. 1 ff.
(2) Siehe Joseph Ford: What is Chaos that we should be mindful
for it? Manuskript, Georgia Institute of Technology, Atlanta (Ga.),
o.J., S. 12, zit.n.: James Gleick: Chaos - die Ordnung des Universums.
Vorstoß in Grenzbereiche der modernen Physik. München
1988, S. 15
(3) Vgl. Paul Davies: Prinzip Chaos... a.a.O., S. 40 f.
(4) Vgl. James Gleick: Chaos... a.a.O., S. 40
(5) Vgl. John Briggs / Peat, F. David: Die Entdeckung des Chaos...
a.a.O., S. 30
(6) Vgl. ebenda, S. 31 ff.
(7) Siehe ebenda, S. 92
(8) Vgl. zu den folgenden Ausführungen über die von
Lorenz betriebene meteorologische Forschung John Briggs / Peat,
F. David: Die Entdeckung des Chaos... a.a.O., S. 96 ff.; Friedrich
Cramer: Chaos und Ordnung. Die komplexe Struktur des Lebendigen.
Stuttgart 1988, S. 159 f.; Paul Davies: Prinzip Chaos... a.a.O.,
S. 77 f.; James Gleick: Chaos... a.a.O., S. 20 ff.; Gregor Morfill
/ Scheingraber, Herbert: Chaos ist überall... und es funktioniert.
Eine neue Weltsicht. Frankfurt/Main 1991, S. 51 f.
(9) Siehe James Gleick: Chaos... a.a.O., S. 52
(10) Vgl. zu den folgenden Ausführungen über Attraktoren
John Briggs / Peat, F. David: Die Entdeckung des Chaos... a.a.O.,
S. 49 ff.; Paul Davies: Prinzip Chaos... a.a.O., S. 70 ff.; James
Gleick: Chaos... a.a.O., S. 198 ff.; James Gleick: Seltsame Attraktoren...
a.a.O., S. 65 ff.; Ronald W. Leven / Koch, Bernd-Peter / Pompe,
Bernd: Chaos in dissipativen Strukturen. Berlin 1994, 2. Auflage,
S. 48 ff.; Otto Loistl / Betz, Iro: Chaostheorie. Zur Theorie
nichtlinearer dynamischer Systeme. München 1993, S. 15 ff.;
Grégoire Nicolis / Prigogine, Ilya: Die Erforschung des
Komplexen. Auf dem Weg zu einem neuen Verständnis der Naturwissenschaften.
München 1987, S. 157 ff.
(11) Vgl. zu den folgenden Ausführungen über seltsame
Attraktoren John Briggs / Peat, F. David: Die Entdeckung des Chaos...
a.a.O., S. 63 ff.; Friedrich Cramer: Chaos und Ordnung... a.a.O.,
S. 186; Paul Davies: Prinzip Chaos... a.a.O., S. 93 f.; Werner
Ebeling: Chaos, Ordnung, Information. Selbstorganisation in Natur
und Technik. Frankfurt/Main 1989, S. 31 ff.; James Gleick: Chaos...
a.a.O., S. 205 ff.; James Gleick: Seltsame Attraktoren... a.a.O.,
S. 65 ff.; Otto Loistl / Betz, Iro: Chaostheorie... a.a.O., S.
20; Gregor Morfill / Scheingraber, Herbert: Chaos ist überall...
a.a.O., S. 267 f.; Heinz-Otto Peitgen / Jürgens, Hartmut
/ Saupe, Dietmar: Chaos. Bausteine der Ordnung. Berlin / Heidelberg
1994, S. 211 ff.
(12) Vgl. zu den folgenden Ausführungen über die Entstehung
von Turbulenzen John Briggs / Peat, F. David: Die Entdeckung des
Chaos... a.a.O., S. 66 ff.; Paul Davies: Prinzip Chaos... a.a.O.,
S. 93 f.; Werner Ebeling: Chaos, Ordnung, Information... a.a.O.,
S. 29 ff.; James Gleick: Chaos... a.a.O., S. 182 ff.; James Gleick:
Seltsame Attraktoren... a.a.O., S. 65 ff.
(13) Vgl. zur Entstehung von Konvektionsströmen John Briggs
/ Peat, F. David: Die Entdeckung des Chaos... a.a.O., S. 71; Friedrich
Cramer: Chaos und Ordnung... a.a.O., S. 35; Paul Davies: Prinzip
Chaos... a.a.O., S. 119 f.; Werner Ebeling: Chaos, Ordnung, Information...
a.a.O., S. 26 ff.; Gregor Morfill / Scheingraber, Herbert: Chaos
ist überall... a.a.O., S. 189 ff. und 269 f.; Grégoire
Nicolis / Prigogine, Ilya: Die Erforschung des Komplexen... a.a.O.,
S. 20 ff.; Grégoire Nicolis / Prigogine, Ilya: Komplexität
in der Natur. in: Guido Kurth (Hg.): Die Würfelspiele Gottes.
Neue Erkenntnisse in den Naturwissenschaften. München 1994,
S. 16 ff.
(14) Vgl. zu den folgenden Ausführungen über Bifurkationen
und Perioden-Verdopplung Friedrich Bestenreiner: Der phantastische
Spiegel. Quanten, Quarks, Chaos oder vom Trost, der aus der Formel
kommt. München 1989, S. 143 ff.; John Briggs / Peat, F. David:
Die Entdeckung des Chaos... a.a.O., S. 81 ff.; Friedrich Cramer:
Chaos und Ordnung... a.a.O., S. 187 ff.; Paul Davies: Prinzip
Chaos... a.a.O., S. 65 ff.; James Gleick: Chaos... a.a.O., S.
106 ff. und 246 ff.; Ronald W. Leven / Koch, Bernd-Peter / Pompe,
Bernd: Chaos in dissipativen Strukturen... a.a.O., S. 141 ff.;
Otto Loistl / Betz, Iro: Chaostheorie... a.a.O., S. 21 f.; Gregor
Morfill / Scheingraber, Herbert: Chaos ist überall... a.a.O.,
S. 277 und 289; Grégoire Nicolis / Prigogine, Ilya: Die
Erforschung des Komplexen... a.a.O., S. 108 ff. und 181 ff.; Heinz-Otto
Peitgen / Jürgens, Hartmut / Saupe, Dietmar: Chaos... a.a.O.,
S. 132 ff.; Ilya Prigogine: Vom Sein zum Werden. Zeit und Komplexität
in den Naturwissenschaften. München 1985, 4. Auflage, S.
117 ff.
(15) Vgl. zu den folgenden Ausführungen über Intermittenzen
John Briggs / Peat, F. David: Die Entdeckung des Chaos... a.a.O.,
S. 84 ff.; James Gleick: Chaos... a.a.O., S. 111 ff. und 135 ff.;
Walter Seifritz: Wachstum, Rückkopplung und Chaos. Eine Einführung
in die Welt der Nichtlinearität und des Chaos. München
1989, S. 55 ff.
(16) Vgl. John Briggs / Peat, F. David: Die Entdeckung des Chaos...
a.a.O., S. 86
(17) Siehe ebenda, S. 87
(18) Vgl. zu den folgenden Ausführungen über Fraktale
und fraktale Dimensionen John Briggs / Peat, F. David: Die Entdeckung
des Chaos... a.a.O., S. 127 ff.; Friedrich Cramer: Chaos und Ordnung...
a.a.O., S. 172 ff.; Paul Davies: Prinzip Chaos... a.a.O., S. 84
ff.; James Gleick: Chaos... a.a.O., S. 140 ff.; Ronald W. Leven
/ Koch, Bernd-Peter / Pompe, Bernd: Chaos in dissipativen Strukturen...
a.a.O., S. 89 ff.; Gregor Morfill / Scheingraber, Herbert: Chaos
ist überall... a.a.O., S. 11 ff. und 278; Heinz-Otto Peitgen:
Fraktale. Computerexperimente (ent)zaubern komplexe Strukturen.
in: Wolfgang Gerok / Haken, Hermann u.a. (Hg.): Ordnung und Chaos
in der unbelebten und belebten Natur. Stuttgart 1989, S. 123 ff.;
Heinz-Otto Peitgen / Jürgens, Hartmut / Saupe, Dietmar: Bausteine
des Chaos. Fraktale. Berlin / Heidelberg 1992, S. 81 ff.; Florian
Scheck: Mechanik. Von den Newtonschen Gesetzen zum deterministischen
Chaos. Berlin / Heidelberg 1990, 2. Auflage, S. 319 f.; Walter
Seifritz: Wachstum, Rückkopplung und Chaos... a.a.O., S.
157 ff.
(19) Siehe John Briggs / Peat, F. David: Die Entdeckung des Chaos...
a.a.O., S. 136 f.
(20) Vgl. zu den folgenden Ausführungen über Solitonen
Friedrich Bestenreiner: Der phantastische Spiegel... a.a.O., S.
209 ff.; John Briggs / Peat, F. David: Die Entdeckung des Chaos...
a.a.O., S. 173 ff.; Reinhard Meinel / Neugebauer, Gernot / Steudel,
Heinz: Solitonen. Nichtlineare Strukturen. Berlin 1991; S. 9 ff.
und 135 f.
(21) Die folgenden Einwände gegen geistes- und sozialwissenschaftliche
Ansätze der Chaosforschung machte Bernd-Olaf Küppers
in einem persönlichen Gespräch mit dem Autor am 1. Juni
1994 in Jena.
(22) Siehe Bernd-Olaf Küppers: Chaos und Geschichte. Läßt
sich das Weltgeschehen in Formeln fassen? in: Reinhard Breuer
(Hg.): Der Flügelschlag des Schmetterlings. Ein neues Weltbild
durch die Chaosforschung. Herne 1993, S. 82 - Ähnlich hatte
sich Küppers bereits in einem Gespräch mit zwei ehemaligen
Diplomandinnen am Institut für Journalistik der Universität
Dortmund geäußert. Vgl. Ute Bertrand / Hüchtker,
Ingrid: "Informationsmuster Leben". Das Zusammenwirken
von Bio- und Informationstechnologien. unveröffentlichte
Diplomarbeit, drei Bände, Band 3, Studiengang Journalistik,
Universität Dortmund 1991, S. 112
(23) Vgl. Bernd-Olaf Küppers: Chaos und Geschichte... a.a.O.,
S. 89 ff.
(24) Vgl. Walter L. Bühl: Sozialer Wandel im Ungleichgewicht.
Zyklen, Fluktuationen, Katastrophen. Soziologische Gegenwartsfragen,
Neue Folge, Band 49, Stuttgart 1990, S. 124 ff.
(25) Siehe ebenda, S. 125; Fettdrucke im Original
(26) Siehe Otto Loistl / Betz, Iro: Chaostheorie... a.a.O., S.
105
(27) Vgl. ebenda, S. 106
(28) Vgl. Albert Christmann: Anwendungen der Synergetik und Chaostheorie
in der Ökonomie. Doktorarbeit, Karlsruhe 1990, S. 133 ff.
(29) Siehe ebenda, S. 223
(30) Vgl. zur US-amerikanischen Chaosforschung in der Psychologie
beispielsweise Scott Barton: Chaos, self-organization, and psychology.
in: American Psychologist, Journal of the American Psychological
Association (APA), 49. Jg., Heft 1/1994, Washington (D.C.), Januar
1994, S. 5 ff.
(31) Vgl. Rainer Höger: Chaos-Forschung und ihre Perspektiven
für die Psychologie. in: Psychologische Rundschau, 43. Jg.,
Heft 4, Göttingen 1992, S. 223 ff.
(32) Siehe ebenda, S. 230
(33) Vgl. Thomas Fabian / Stadler, Michael: A chaos theoretical
approach to delinquent behavior in psychosocial stress situations.
in: Gestalt Theory, An international multidisciplinary journal,
13. Jg., Heft 2/1991, Opladen 1991, S. 98 ff.
(34) Siehe ebenda, S. 105
(35) Siehe ebenda, S. 103 f.; eigene Übersetzung aus dem
Englischen
(36) Die Äußerungen über die chaotische Arbeitsweise
des Gehirns machte Michael Stadler in einem persönlichen
Gespräch mit dem Autor am 1. November 1994 in Bremen. - Vgl.
hierzu auch Michael Stadler / Kruse, Peter: Gestalttheorie und
Theorie der Selbstorganisation. in: Gestalt Theory, An international
multidisciplinary journal, 8. Jg., Heft 2/1986, Opladen 1986,
S. 75 ff.; Michael Stadler / Kruse, Peter: Konstruktivismus und
Selbstorganisation. Methodologische Überlegungen zur Heuristik
psychologischer Experimente. in: Siegfried Johannes Schmidt (Hg.):
Kognition und Gesellschaft. Der Diskurs des Radikalen Konstruktivismus
2. Frankfurt/Main 1992, S. 146 ff.
(37) Siehe John Briggs / Peat, F. David: Die Entdeckung des Chaos...
a.a.O., S. 293
(38) Vgl. ebenda, S. 294 ff.